Manfred Reinhart: Der Vater der Erlanger Triathleten

Katharina Tontsch

Sportredakteurin in Erlangen

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19.7.2020, 06:00 Uhr
Manfred Reinhart: Der Vater der Erlanger Triathleten

© Foto: Archiv

Fragt man die besten Erlanger Triathleten, wie sie zu ihrem Sport kamen, ist die Antwort immer: die Schule. Am Ohm-Gymnasium haben sie etwas fürs Leben gelernt. Die Schützlinge von Manfred Reinhart starten mittlerweile in der Bundesliga, Tanja Neubert und Fabian Kraft zum Beispiel, haben den Erlanger Triathlon gewonnen — Peter Kösters im vergangenen Jahr — oder führen das Liga-Team des TV 48 Erlangen wie Sarah und Theresa Neukam.


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Herr Reinhart, hätten sie am Anfang gedacht, dass Sie einmal die Top-Triathleten aus Erlangen hervorbringen?

Nie. Dass die Leute wirklich diesen Drive entwickeln, war entweder damit verbunden, dass sie in den Triathlon-Verein gewechselt sind. Oder weil sie in der Schule so große Erfolge hatten. Wer einmal Bayerischer Meister ist und nach Berlin fährt, vergisst das nicht. Beim ersten Mal 2011 haben wir gedacht, das Finale sei ein einmaliges Erlebnis. Dass wir mit der Schule danach die Triathlon-Hochburg werden würden, war nie abzuschätzen.

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Ich bringe die Schüler zur Sportart, achte aber auch von Beginn darauf, dass sie ein Team sind. Wenn in diesem Team einer im Verein ist, zieht er die anderen mit.

Und warum ausgerechnet Triathlon?

1996 hat mich ein Verwandter überredet, beim Herzoman mitzumachen, einfach zum Spaß. Da habe ich Triathlon-Luft geschnuppert, ich bin ein Jedermann-Athlet, habe mich dann aber im Verein engagiert und den Herzoman mitorganisiert. Später bin ich auch beim Erlanger Triathlon gestartet. Für meine Schüler, habe ich mir damals gedacht, wäre das genau das richtige.

Wieso?

Wir hatten sehr viele Leistungsschwimmer bei uns am Ohm. 2007 haben wir mit einer Sport-Arbeitsgemeinschaft (AG) Schwimmen angefangen. Im Sommer wollten wir es um eine AG Triathlon erweitern. Erst danach kam der Umschwung: Der TV hat begonnen, eine Jugend-Triathlon-Abteilung zu gründen.

Viele erfolgreiche Triathleten kommen vom Schwimmen.

Richtig. Und nicht nur das: Sarah Neukam hat 2007 noch als Turnerin bei meiner Frau trainiert. Ich hatte damals ausnahmsweise eine Mädchen-Sportklasse. Dort dabei waren Sarah Neukam und Simone Kraft, richtige Schwimmerinnen schon in der fünften Klasse — die habe ich mir gleich geholt und gesagt: "Oh, eine gute Triathletin!" Und ich habe schon immer beim Schülertriathlon nach Talenten gesucht. Ich bin dann auch relativ offensiv und spreche die Eltern direkt an.

Peter Kösters, der Sieger des Erlanger Triathlons 2019, haben Sie ebenfalls aufgegabelt.

Ja. Er war bis zur sechsten Klasse Schwimmer und dann Fußballtorwart. Also habe ich ihn 2014 gefragt, ob er zum Schwimm-Camp mitkommen möchte. Seitdem gibt es Gas.

Manfred Reinhart: Der Vater der Erlanger Triathleten

© Foto: Katharina Tontsch

Wie fördern Sie die Sportler?

Wir haben im Wahlkurs fünf Wochenstunden, in denen gehen wir gemeinsam Fahrrad fahren und im Winter schwimmen. Für Nicht-Vereinsmitglieder mache ich ein Schwimm-Camp mit Trainern vom TV, das sind oft ehemalige Schüler von mir. 2008 haben wir zudem die erste Räder angeschafft, jetzt haben wir an der Schule 35 Räder, die sich die Schüler leihen können.

Sind viele nicht im Triathlon-Verein?

Ja, wir haben zum Beispiel einen Eishockeyspieler. Manche gehen auch erst in der achten oder neunten Klasse in den Triathlon-Verein. Tanja Neubert ist lange im Schwimmverein gewesen und hat Triathlon nur in der Schule gemacht. Bei der WM war zum Beispiel auch Niklas Buchholz (aktuell beim LSC Höchstadt, d. Red.) dabei. Da schäme ich mich heute noch: Er war der einzige Starter bei der WM, der Brust geschwommen ist. Doch er war der schnellste Läufer im ganzen Feld. Er ist später Deutscher Meister über 3000 Meter Hürden in der Jugend A geworden.

"Ohne die Spitzenathleten wird man nicht Bayerischer Meister"

Was ist Ihr Ziel: Nicht-Vereinskinder sportlich zu entwickeln oder richtige Spitzenathleten zu formen?

Persönlich muss ich sagen: Ich bin begeistert von Nicht-Vereinssportlern, die trotzdem ein hohes Niveau erreichen. Das ist das Schöne am Team: Die sehr leistungsorientierten Schüler haben nicht immer die höchste soziale Kompetenz, weshalb die anderen unbedingt gebraucht werden, Leute, die das Team zusammen halten. Doch klar ist auch: Ohne die Spitzenathleten wird man nicht Bayerischer Meister und fährt nicht zum Finale nach Berlin. Das Niveau im Triathlon ist dort sehr hoch. Oft haben wir nur deshalb gewonnen, weil wir den stärksten dritten Mann hatten. In einer Mannschaft starten immer drei Jungs und drei Mädchen.

Muss auch das Umfeld stimmen?

Absolut. Die Spitzenathleten haben wir der tollen Arbeit der Schwimmvereine zu verdanken. Viele von ihnen kommen dann auch nicht mehr in den Wahlkurs, sondern trainieren im Verein. Wenn wir nach Berlin fahren, nehme ich aber die vier besten Sportler — ermittelt über eine interne Rangliste — mit.

Wie haben Sie die Wettkämpfe gestemmt?

Zu Beginn waren immer die Eltern gefordert, die Neukams und die Krafts. Ich dachte damals, solche Eltern bekomme ich nie wieder. Doch dann kamen immer mehr. Bei der WM in Versailles waren 25 Eltern dabei. Die haben extra eine Woche Urlaub genommen, auch um unsere Räder nach Frankreich zu transportieren.

Viel ist Ihrem Engagement zu verdanken. Honorieren das die Athleten?

Sie bedanken sich mit leuchtenden Augen. Und sie bedanken sich durch ein vielfältiges Engagement: als Helfer beim Erlanger Schülertriathlon, manche werden im Verein aktiv, werden Übungsleiter, die Eltern werden Jugendleiter. Mittlerweile ist es so: Wenn ich etwas brauche, helfen sie mir. Ich halte immer den Kontakt.

Der Höhepunkt war die Weltmeisterschaft in Frankreich?

Das war genial, unser WM-Sieg jährt sich jetzt zum fünften Mal. Ich bekomme immer noch Gänsehaut. Wir, Frau Tontsch, hatten damals ja auf der Heimfahrt im TGV für das Interview telefoniert.

"Ich bin überzeugt: Nächstes Jahr fahren wir nach Berlin"

Stimmt! Das Ohm-Team ist dann Erlanger Mannschaft des Jahres geworden.

Ja, die Stadt hatte keine andere Wahl, als uns aufzustellen. Auch wenn wir keine Vereinsmannschaft waren.

Sie hatten das Glück mehrerer starker Generationen in Folge. Darauf kann man sich nicht verlassen. Nun macht Ihnen auch die Elite-Sportschule Bertolt Brecht in Nürnberg (BBS) Konkurrenz. Ist die Ära der Ohm-Triathleten bald vorbei?

Ich arbeite an meiner vierten goldenen Generation und habe schon so starke Leute in den Jahrgängen 2006 bis 2009, dass ich überzeugt bin, dass wir auch nächstes Jahr nicht kampflos gegen die BBS aufgeben. Wenn trotz Corona wieder Wettkämpfe möglich sind. Die BBS wird immer Talente aus ganz Bayern und vielleicht auch aus meiner Schule anziehen. Wenn viele wechseln, habe ich schwierige Karten. Doch solange die Schüler hier im Verein angebunden sind und nicht ins Internat oder ihre Klassenfreunde verlassen wollen, mache ich mir keine Sorgen. Ich bin überzeugt: Nächstes Jahr fahren wir nach Berlin.

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