Match-Statistik: Zehn Jahre und die zwei Gesichter des FCN

30.4.2017, 12:56 Uhr
In der ersten Hälfte überragend, danach - wie auch seine Kollegen - weitestgehend abgemeldet. Dennoch muss man Cedric Teuchert ein außerordentlich gutes Startelf-Debüt bescheinigen.

© Sportfoto Zink / JüRa In der ersten Hälfte überragend, danach - wie auch seine Kollegen - weitestgehend abgemeldet. Dennoch muss man Cedric Teuchert ein außerordentlich gutes Startelf-Debüt bescheinigen.

Viele werden sich mit Gänsehaut zurückerinnern: Nürnberg, Stuttgart - da war doch mal was? Zehn Jahre ist es her, da waren diese beiden Mannschaften Protagonisten des vielleicht schönsten Moments in jüngerer Club-Vergangenheit. Pokalfinale in Berlin, beide Vereine hatten gerade eine starke Saison beendet, die für Stuttgart mit dem Meistertitel, für den 1. FC Nürnberg mit Rang sechs endete. In der Bundesliga, wohlgemerkt. Damals gewann der FCN das Pokalfinale nach Verlängerung mit 3:2 - zehn Jahre später ist weder beim VfB Stuttgart, noch beim 1. FC Nürnberg viel übrig vom Glanz der Spielzeit 2006/07. Erstmals spielen der Club und der VfB gemeinsam eine Saison in der eingleisigen 2. Liga.

Beim Pokalsieg war der Nürnberger Hoffnungsträger Cedric Teuchert zarte zehn Jahre alt und kickte noch für seinen Heimatverein, den DVV Coburg. Gegen Stuttgart feierte er sein Startelf-Debüt. Und das hatte der Coburger sich auch redlich verdient: Als Joker traf Teuchert in den letzten beiden Spielen jeweils das Tor. Nur 31 Mal berührte er im Spiel gegen Stuttgart den Ball, spielte lediglich neun Pässe, von denen nur drei beim Mitspieler ankamen - aufgrund seiner Rolle als einzige Spitze war das aber zu verkraften. Umso mehr, wenn am Ende ein Tor und eine Torvorlage dabei heraussprangen. Teuchert sollte das Tempo hoch halten, bei Kontern Risiko eingehen, was auch die hohe Fehlpassquote erklärt. Und natürlich sollte er im schnellen Umschaltspiel eine Option bieten, für die sich bislang keiner seiner Sturmkollegen empfehlen konnte.

Wie gut das funktionierte wurde in der ersten Halbzeit klar: Nach einem Foul an Salli führte er einen Freistoß schnell aus und spielte das Leder auf Hanno Behrens, der postwendend das 1:0 erzielte. Und in der 33. Minute rieb man sich im Nürnberger Stadion die Augen: War das wirklich ein 20-Jähriger, der soeben die - zugegeben etwas lustlos auftretende - Verteidigung des Tabellenführers narrte und mit einem Sololauf auf 2:0 erhöhte? Ja, das war er. Und mit ihm der Beweis, dass Statistiken ohne den nötigen Kontext nicht viel wert sind.

Doch eine hervorragende erste Halbzeit, die man eigentlich allen Club-Akteuren bescheinigen muss, reicht gegen Spitzenmannschaften nun mal nicht aus. Ein unachtsamer Moment von Lukas Mühl kurz nach der Pause reichte, um die gut aus der Kabine gekommenen Stuttgarter wieder ins Spiel zu bringen. Und nur wenige Minuten später war es der ehemalige FCN-Stürmer Daniel Ginczek, der nach einer der fünf Stuttgarter Ecken (Zum Vergleich: Der Club hatte sechs Eckbälle) den Ausgleich markierte.

Es entwickelte sich ein Spiel, bei dem beide Teams überraschenderweise auf Augenhöhe waren. Der Club hatte weniger Schüsse (14 Abschlüsse beim FCN, 15 bei den Gästen) zu verzeichnen als der VfB, brachte seine Schüsse aber häufiger aufs Tor - insgesamt zehn Mal musste der Keeper der Schwaben, Mitchell Langerak parieren. Nürnberg gewann insgesamt mehr Zweikämpfe und Kopfballduelle, hatte dabei aber nur 28 Prozent Ballbesitz. Das mag für ein Heimspiel wenig sein, zeigt aber, dass die Mannschaft ihre Aufgabe klar verstanden hat: Stuttgart kommen lassen, schnell umschalten und mit Kontern immer wieder Nadelstiche setzen. Es fehlten nur wenige Minuten, und dieser Plan wäre beinahe aufgegangen.

Der FCN spielte deutlich weniger Pässe als der Ligaprimus, 258 Nürnberger Zuspielen stehen satte 673 Stuttgarter Abspiele gegenüber. Aber das war für den Matchplan von Club-Trainer Michael Köllner auch gar nicht relevant: Die 51 Prozent Passgenauigkeit in der gegnerischen Hälfte sind eine logische Konsequenz der riskanten Pässe, um das Spiel schnell zu machen. Dennoch wird sich der Coach fragen müssen, wie seine Mannschaft dieses Spiel aus der Hand geben konnte. Wie der Gastgeber das 2:2 nicht über die Zeit retten konnte.

Auch wenn Köllner es geschafft hat, den neunmaligen deutschen Meister zumindest bei Heimspielen zu stabilisieren - drei der letzten fünf Partien vor eigenem Publikum gewann der Club - fehlt noch viel von der Magie, die dieses Spiel gegen den VfB Stuttgart vor zehn Jahren in Berlin mit sich zog. Sich an vergangene Erfolge zu erinnern ist für die Gegenwart vielleicht nicht relevant, sie gehören aber zur Identität und Seele des Vereins. Noch bleiben dem Club drei Spiele, um auch tabellarisch die Nummer eins in Franken zu bleiben. Und danach ein ganzer Sommer, um die Weichen für die nächsten Erfolge zu stellen.

Verwandte Themen


47 Kommentare