Missbrauchsskandal

DTB-Boss Hölzl: Vorwürfe bilden nicht den Turnsport ab

21.02.2025, 16:59 Uhr
Die Aufarbeitung von Misständen an zwei Stützpunkten beschäftigt den DTB.

© Frank Hammerschmidt/dpa Die Aufarbeitung von Misständen an zwei Stützpunkten beschäftigt den DTB.

DTB-Präsident Alfons Hölzl wertet die Missbrauchsenthüllungen an zwei Stützpunkten nicht als generelles Abbild des deutschen Turnens. "Ich möchte ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass die aktuelle Situation und die Vorwürfe beileibe nicht den Turnsport abbilden, wie wir ihn auch kennen", sagte der Chef des Deutschen Turner-Bundes bei einer Pressekonferenz am Rande des Weltcup-Turniers in Cottbus. Hölzl betonte, dass das menschliche Wohl über allem stehe. Wer das Herz am richtigen Ort habe, der wolle, dass es seinem Athleten oder seiner Athletin gut gehe.

Turnfest und EM stehen an

Die vergangenen zwei, drei Monate seien schwer gewesen, räumte Frauen-Bundestrainer Gerben Wiersma ein: "Wir machen uns darüber die ganze Zeit Gedanken. Wir sprechen sehr viel darüber, es ist nicht leicht." Zumal in diesem Jahr mit dem Deutschen Turnfest und der EM in Leipzig zwei "ganz bedeutsame Ereignisse" (Hölzl) anstehen. 

Ende vergangenen Jahres war die ehemalige Turnerin Tabea Alt (24) mit schweren Vorwürfen über den Stützpunkt in Stuttgart an die Öffentlichkeit gegangen. "Es ist kein Einzelfall: Essstörungen, Straftraining, Schmerzmittel, Drohungen und Demütigungen waren an der Tagesordnung. Heute weiß ich, es war systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch", hatte sie geschrieben. 

Auch Elisabeth Seitz erhob schwere Vorwürfe.

Auch Elisabeth Seitz erhob schwere Vorwürfe. © Frank Hammerschmidt/dpa

Danach äußerten sich weitere ehemalige, aber auch aktive Turnerinnen, darunter auch die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz. In den Blickpunkt rückte neben dem Kunstturnforum Stuttgart, wo mittlerweile zwei Trainer freigestellt worden sind, auch der Stützpunkt in Mannheim wegen harscher und autoritärer Trainingsmethoden. 

Der DTB-Präsident verteidigte in dem Zusammenhang auch das Engagement einer Anwaltskanzlei, die schon bei Vorwürfen rings um den Bundesstützpunkt in Chemnitz Ende 2020 eingebunden worden war und nun bei der Untersuchung der neuerlichen Vorwürfe wieder eingeschaltet wurde. 

Er habe überhaupt keine Bedenken, dass die Kanzlei nicht wieder auf hohem Niveau arbeiten werde, sagte Hölzl. Es handle sich um eine Kanzlei "mit großer fachlicher Expertise im Bereich der Untersuchung, Aufklärung. Standards, die uns wichtig sind". Zudem wies der DTB-Chef darauf hin, dass für die nachfolgende Aufarbeitung auch ein externer Expertenrat gegründet werden soll. Dabei sei der Verband wegen der Besetzung auch im Austausch mit der Vereinigung Athleten Deutschland.

Hölzl: "Der Umsetzungsprozess ist ein langer"

Zuletzt hatten ehemalige Top-Turnerinnen in einem offenen Brief den DTB bereits für die Aufarbeitung kritisiert und die Meinung vertreten, dass sich schon vor vier Jahren gezeigt habe, dass eine solche Untersuchung nicht unabhängig sein könne.

Hölzl betonte, dass der Kulturwandel, den der DTB durch die Kampagne Leistung mit Respekt nach den Vorwürfen über Chemnitz initiiert hatte, auch Zeit benötigt. "Der Umsetzungsprozess ist ein langer", erklärte er. Das Problem entstehe, wenn es ein Machtgefälle gebe und sich Turnerinnen nicht trauen würden, direkt mit dem Trainer oder der Trainerin zu sprechen. 

Der DTB-Chef betont auch die Grenzerfahrung in einem Sport wie Turnen.

Der DTB-Chef betont auch die Grenzerfahrung in einem Sport wie Turnen. © Frank Hammerschmidt/dpa

Vorwürfen, dass der DTB nicht handle, widersprach der Verbandschef. "Wir haben hingeschaut, aber nicht jede Meldung führt zu arbeitsrechtlichen Schritten", betonte Hölzl. Es sei ein schmaler Grat, und einfache Antworten würden sich verbieten. Ausdrücklich spreche er auch den Trainerinnen und Trainern das Vertrauen aus, "was aber nicht bedeutet, dass wir an der Stelle betriebsblind sind".