Tennis

„Rampensau“ Eva Lys: Als Nummer 1 zu neuen Zielen

08.04.2025, 08:22 Uhr
Eva Lys ist die neue deutscher Nummer 1 bei den Tennis-Damen

© Frank Molter/dpa Eva Lys ist die neue deutscher Nummer 1 bei den Tennis-Damen

Nur auf ihr Glück verlassen will sich Eva „Lucky“ Lys natürlich nicht. Der Spitzname, der ihr bei ihrem unglaublichen Tennis-Märchen in Australien verpasst wurde, gefällt der Hamburgerin zwar immer noch. „Aber natürlich habe ich mir auch vorgenommen, irgendwann das „Lucky“ zu streichen“, sagte die Tennisspielerin der Deutschen Presse-Agentur. 

Denn nur mit Glück wird niemand die deutsche Nummer 1 bei den Tennis-Damen. Und genau das ist Lys seit Ende Februar. Bei der Qualifikation im Billie Jean King Cup an diesem Donnerstag und Freitag in Den Haag gegen die Niederlande und Großbritannien führt sie das deutsche Team als nominell bestplatzierte DTB-Spielerin an. Auf Rang 68 ist sie gelistet - das sagt auch viel über die schwierige Situation im deutschen Damen-Tennis aus. 

Doch für Lys - Anfang des Jahres noch die Nummer 128 der Welt - ist es ein persönlicher Meilenstein. „Das ist natürlich ein unglaubliches Gefühl. Ich glaube, das braucht noch ein paar Wochen, um so richtig anzukommen.“ Zufrieden ist sie damit aber noch längst nicht: „Man sagt nicht ohne Grund: the sky ist the limit.“ Zunächst wolle sie sich in den Top-100 etablieren, „in den nächsten Jahren sehe ich mich schon in den Top-30“.

Lys will nun auch für das deutsche Team beim Billie Jean King Cup Siege einfahren.

Lys will nun auch für das deutsche Team beim Billie Jean King Cup Siege einfahren. © Frank Molter/dpa

Petkovic schwärmt von Lys

Ambitioniert war Eva Lys schon immer, jetzt kommt ein größerer Glaube an ihre Stärke hinzu. Ihr sensationeller Lauf bei den Australian Open, als sie als erste Lucky Loserin überhaupt bis ins Achtelfinale gestürmt war, hat ihr Selbstbewusstsein klar gestärkt. Und das Scheinwerferlicht auf sie geworfen.

Das Medieninteresse stieg schlagartig an. Auch, weil die gebürtige Ukrainerin stets mit einem sympathischen Lächeln unterwegs ist und in Interviews eloquent Rede und Antwort steht. In den Sozialen Medien gibt sie sich mal sehr privat, mal spricht sie gesellschaftspolitische Themen wie Gewalt gegen Frauen oder Abtreibung offen an. 

Viele Sportstars scheuen sich, bei solchen Konfliktfeldern Stellung zu beziehen - Eva Lys nicht. „Mir ist es wichtig, dass mir niemand vorschreibt, wie ich zu sein habe.“ Ex-Spielerin Andrea Petkovic ist von Lys begeistert, weil die „eine richtige Rampensau“ sei. 

Lys setzt sich große Ziele

Lys‘ Potenzial hat auch die vom japanischen Tennis-Star Naomi Osaka gegründeten Agentur Evolve erkannt. Von der wird Lys nun vermarktet - genau wie die Weltranglistenerste Aryna Sabalenka aus Belarus.

Sportlich war der Sprung unter die Top-100 extrem wichtig. Dadurch ist Lys bei den Grand-Slam-Turnieren gesetzt und muss sich nicht mehr durch die Qualifikation mühen. Auch die Australian-Open-Prämie von einer Viertel Million Euro hilft enorm. Die finanzielle und planerische Sicherheit ist gerade für sie als „Kopfmensch“ (Lys über Lys) sehr wichtig. 

Ihr Vater, der zugleich ihr Trainer ist, kann sie nun auf mehr Turnieren begleiten. Doch Lys denkt auch über einen zusätzlichen Coach als „Impuls von außen“ nach. „In meinem Spiel gibt es noch viel Luft nach oben.“ Ihre Bilanz seit Melbourne ist mit 7 Siegen in 13 Matches auch ausbaufähig.

Lys hat durch ihren Achtelfinal-Einzug bei den Australian Open einen großen Sprung nach vorne gemacht

Lys hat durch ihren Achtelfinal-Einzug bei den Australian Open einen großen Sprung nach vorne gemacht © Vincent Thian/AP/dpa

Der Alltag mit der Autoimmunkrankheit 

Doch bei allem Ehrgeiz: Lys hat Gelassenheit gelernt. Das betrifft auch den Umgang mit ihrer rheumatischen Autoimmunerkrankung, die sie im Vorjahr öffentlich gemacht hatte. An normalen Tagen könne sie wie jede andere Spielerin auch an ihre körperlichen Grenzen gehen, „es gibt aber auch Tage, bei denen es nicht geht“, sagte sie im ZDF-Sportstudio, „und die muss man dann einfach akzeptieren“.

Ihr Körper fühlt sich aktuell stabil an, Rheuma-Schübe hatte sie zuletzt keine. Beim Billie Jean King Cup will sie gemeinsam mit Laura Siegemund, Tatjana Maria, Jule Niemeier und Anna-Lena Friedsam das Ticket für die Endrunde lösen. Ansprüche, im Einzel unbedingt eingesetzt werden zu müssen, stellt Lys bei Teamchef Rainer Schüttler keine. „Wir wissen alle, dass das Ranking nicht immer die ganze Geschichte erzählt“, sagte sie: „Wir wissen, wie geil wir alle spielen können.“

Pro Begegnung werden zwei Einzel und ein Doppel gespielt. Der Gruppensieger darf bei der Endrunde um den Titel spielen, die zweit- und drittplatzierten Teams kämpfen später im Jahr in Playoffs um den Klassenerhalt.