Litauen legt Protest ein

Wagner-Festspiel, mutiger Lo: Deutschland erkämpft einen Auswärtssieg mit Sternchen

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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4.9.2022, 05:44 Uhr
Ein inniger Moment im Hexenkessel: Daniel Theis und Dennis Schröder gratulieren sich gegenseitig. 

© Marius Becker, dpa Ein inniger Moment im Hexenkessel: Daniel Theis und Dennis Schröder gratulieren sich gegenseitig. 

Zunächst waren die internationalen Journalisten gewarnt worden. In der Medien-WhatsApp-Gruppe des Veranstalters wurde auf das Sommerkarnevals-Festival „Jeck im Sunnesching“ hingewiesen – und auf die vielen verkleideten Menschen rund um die KölnArena, die mit Basketball und der EM nichts zu tun haben würden. Dabei wussten vor allem die Journalisten aus Litauen, dass in Köln längst nicht auseinander zu halten ist.

Köln ist in diesen Tagen zur größten litauischen Stadt außerhalb des Baltikums geworden. Die Fans aus dem Basketballland sorgen für eine unfassbare Stimmung in Köln. Dass die Arena zum Spiel Litauens gegen Frankreich ausverkauft war, war die erste Sensation des Turniers abseits des Parketts und lag sicher auch an der Anziehungskraft der bunten Party auf den Rängen. Und so war es keineswegs überraschend, dass die bislang gegen Frankreich (76:63) und gegen Bosnien-Herzegowina (92:82) so kampfstarke deutsche Mannschaft am Sonntag kein Heimspiel erlebte. In dieser wunderbaren Atmosphäre entwickelte sich ein wunderbares Basketballspiel.

Am Ende gewann Deutschland dieses faszinierende Auswärtsspiel nach zwei Verlängerungen mit 109:107 (96:96, 89:89, 46:41). Allerdings hatte die litauische Mannschaft noch während des Spiels zu Recht Protest eingelegt. Zwischendurch hatten die Schiedsrichter nach einem Technischen Foul vergessen, einen Freiwurf für Litauen ausführen zu lassen. Aber egal, wie der Weltverband letztlich entscheidet: An diesen 50 Minuten wird das deutsche Team weiter wachsen.

Ein Wagner-Festspiel

Daniel Theis brachte seine Mannschaft mit fünf Punkten in Folge zu Beginn in den Rhythmus. Maodo Lo brillierte im ersten Viertel. Andi Obst traf wichtige Würfe. Es war wieder eine beeindruckende Mannschaftsleistung, mit der Deutschland die zunächst weiterhin nach ihrem Spiel suchenden Litauer auf Distanz hielt. In Köln erlebten 18017 Zuschauer aber auch, dass die Gewissheit, dass es einen deutschen Superstar in dieser Sportart nach Dirk Nowitzki nicht mehr geben kann, nicht mehr mit voller Überzeugung formuliert werden kann. Franz Wagner, in der NBA in seinem Rookie-Jahr bereits sehr auffällig, spülte sich selbst auf einer Welle des Selbstvertrauens auf ein neues Niveau. 32 Punkte legte der Berliner auf, war zwischendurch nicht aufzuhalten.

Nach einem nahezu perfekten zweiten Viertel zwangen die Litauer ihre Gegenspieler zu Fouls, zu zu vielen Fouls. Ins Schlussviertel starteten mit Theis, Johannes Thiemann, Johannes Voigtmann und Jonas Wohlfahrt-Bottermann alle vier großen Spieler mit vier Fouls. Eigentlich hätten sich der herausragende Jonas Valanciunas und Domantas Sabonis, der zweite litauische Schrank, unter den Körben gar nicht aufhalten lassen. Doch Deutschland verteidigte im Kollektiv und in der Offensive bekam Wagner Unterstützung durch Dennis Schröder. Doch Litauen kämpfte sich in die Verlängerung. Dennis Schröder vergab die Chance auf den Sieg.

Nach weiteren hochintensiven fünf Minuten war es Wagner, der den Sieg vergab. In der zweiten Verlängerung traf Maodo Lo zwei mutige Dreier und entschied ein Spiel, das lange nachwirken wird - nicht nur sportjuristisch.

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