Tränenreiches Interview

Nach Missbrauch einer Zwölfjährigen: Olympia-Teilnehmer bricht sein Schweigen

Erik Thieme

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15.8.2024, 16:20 Uhr
Der wegen Vergewaltigung verurteilte Beachvolleyballer Steven Van de Ven bricht während eines TV-Interviews in Tränen aus.

© IMAGO/ANP Der wegen Vergewaltigung verurteilte Beachvolleyballer Steven Van de Ven bricht während eines TV-Interviews in Tränen aus.

Auf eigenen Wunsch wohnte der niederländische Beachvolleyballer Steven Van de Velde während der Spiele nicht mit den anderen Athleten im Olympischen Dorf. Vor Buhrufen und Kritik schützte ihn das aber nicht.

2014 lernte der damals 19-jährige Niederländer über das Internet ein britisches Mädchen kennen. Dass sie erst zwölf ist, hindert ihn nicht daran, weiter mit ihr zu chatten. Nach mehreren Wochen Kontakt fliegt Van de Velde nach England und vergewaltigt das Mädchen.

2016 wird der Niederländer nach Großbritannien ausgeliefert, seine vierjährige Haftstrafe ist nach zwölf Monaten in einem britischen und einem Monat in einem niederländischen Gefängnis bereits beendet; er wird nach 13 Monaten vorzeitig entlassen.

Rückkehr in den Profisport - und zu Olympia

Dass Van de Velde die Vergewaltigung als "größten Fehler seines Lebens" bezeichnet, reicht dem niederländischen Nationalen Olympischen Komitee (NOK) scheinbar aus. Die Entscheidung, Van de Velde zu Olympia 2024 mitzunehmen, erklärt das niederländische NOK in einer Pressemitteilung auch damit, dass laut Experten "keine Gefahr eines Rückfalls bestehe". Das NOK bedaure zwar eine mögliche Retraumatisierung von Betroffenen sexueller Gewalt durch das Aufkommen der Thematik. Zu den Olympischen Spielen darf er trotzdem.

Die obligatorischen Mixed-Zone-Interviews gab der Sportler während des Wettkampfs nach Rücksprache mit dem niederländischen Team und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht. Seine sportliche Leistung verkam zur Nebensache, bei seiner Vorstellung vor dem ersten Spiel gab es Buhrufe und Pfiffe.

Tränenreiches Fernsehinterview

Nun hat der Niederländer seit Olympia erstmals ein Interview gegeben. "Wenn ich darüber nachdenke, wie sehr ich mich auf nebensächliche Dinge konzentriert habe – wie ich auf dem Feld sein will, anstatt mich mit der Taktik des Gegners zu beschäftigen – dann kann man schon sagen, dass das einen Einfluss hatte", so der heute 30-Jährige. Reue für seine Tat zeigt der Sportler, der während des Gesprächs mit dem niederländischen Fernsehsender NOS in Tränen ausbricht, ebenfalls. Er wisse, dass dies den Rest seines Lebens eine Rolle spiele. Das müsse er akzeptieren, denn er habe einen Fehler gemacht.

Van de Velde konnte sich laut eigener Aussage auch durch seine heutige familiäre Situation weiterentwickeln und sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Mittlerweile ist der Athlet verheiratet und hat einen zweijährigen Sohn.

Sportlicher Partner ist enttäuscht - und Van de Velde hat eine Bitte

Sein sportlicher Partner Matthew Immers wünscht sich derweil, die Vergangenheit abzuhaken. "Ich kenne den Typen seit drei, vier Jahren, wir haben jedes Turnier zusammengespielt. Und erst jetzt gibt es darüber diese große Diskussion".

Eine Bitte hat Steven Van de Velde auch. Seine Familie solle in Ruhe gelassen werden, die Zukunft seines Sohnes sei für ihn wichtiger als seine Karriere.