Nürnbergs Schmölz - ein Torjäger für Deutschland
28.4.2021, 05:52 UhrDaniel Schmölz hat auch keinen Bock mehr. Wenn er Freunde trifft, will er nicht mehr darüber nachdenken müssen, wie er sie begrüßen darf. Er will im Biergarten sitzen, Essen gehen, einfach so. Daniel Schmölz geht es wie uns allen, er will seine "Freiheit genießen". Anders als wir ist Daniel Schmölz Eishockeynationalspieler. Und als solcher sagt auch er: "Es ist nervig. Aber es hilft ja nix."
Die deutsche Eishockeynationalmannschaft bereitet sich in diesen Tagen in Nürnberg auf die Weltmeisterschaft in Riga (21. Mai bis 6. Juni) vor. Das klingt praktisch für den Nürnberger Niklas Treutle und für Oliver Mebus und Schmölz, die mindestens für die Dauer einer DEL-Saison in Nürnberg wohnen. Tatsächlich aber wohnen auch die drei Abgesandten der derzeit im Hotel. Testen, Trainieren, Testen - das ist weiterhin ihr Alltag, nur dass sie nicht mehr in ihrem eigenen Bett schlafen.
Vielleicht gar nicht überraschend
Es ist dies ein nüchterner Einstieg in einen Text, der eigentlich die erstaunliche Geschichte des Torjägers Daniel Schmölz erzählen will. Nur fehlt es auch dieser Geschichte an Jubel, wie auch die 19 Saisontore, mit denen sich Schmölz bei Bundestrainer Toni Söderholm beworben hat, nicht angemessen bejubelt worden sind. Die Rekordsaison des Allgäuers und seine mögliche Beförderung zu einem WM-Spieler ist nur anerkennend nickend vom Sofa aus verfolgt worden.
Es ist nicht ganz klar, wie wichtig Schmölz die Anerkennung wäre. Selbst seine 13 Treffer in den abschließenden 14 Saisonspielen der Ice Tigers und die zwei weiteren Treffer am Wochenende in den Testspielen in der Slowakei (3:4 nach Penaltyschießen, 1:2) registrierte er eher, als dass er sie feierte. Auch am Telefon fällt es ihm hörbar schwer, sich selbst zu loben, ohne auf die Mannschaft zu verweisen. Vielleicht ist Schmölz aber auch gar nicht so überrascht von seiner eigenen Leistung.
Einst besser als Leon Draisaitl
Den Jugendmannschaften des EV Füssen war er schließlich einst ein herausragender Scorer, in einer DNL-Saison punktete er im Schnitt besser als ein gewisser Leon Draisaitl. "Ich glaube, dass ich um das Tor herum schon immer ganz gut war." Das kann man so sagen. Schmölz hat nicht nur dieses untrainierbare Gespür, immer dort zu stehen, wo man stehen sollte, um Tore zu schießen. Er hat auch die Ruhe, jene Lücken zu sehen, die dicke Eishockeytorhüter ihren Gegnern lassen. Unter Männern hat er das nur nicht gleich zeigen können.
Schmölz debütierte als 20-Jähriger, konnte sich bei den Kölner Haien aber nicht als Offensivspieler durchsetzen, zog über Schwenningen weiter nach Augsburg und wurde dabei von Saison zu Saison besser, zäher und selbstbewusster. Von seinem Wechsel nach Nürnberg erhoffte er sich „mehr Eiszeit“ und dass man ihm eine Führungsrolle überträgt. Das ist genau so passiert, im Alter von 29 Jahren sieht es nicht so aus, als könnte er nicht noch besser werden. Erstaunlich ist seine Rekordsaison trotzdem.
Im Nahkampf mit 100-Kilo-Hünen
Um Eishockey zu spielen, braucht es Aggressivität, auf jedem Niveau. Um in der DEL Tore zu erzielen, braucht es sehr viel Aggressivität, den unbedingten Willen, sich im Nahkampf gegen 100-Kilo-Hünen durchzusetzen, sich reinzuspreizen, nachzustochern, Schmerzen zu ertragen. Vor 7000 Zuschauern mag das leichter fallen. Schmölz ist es auch in leeren Arenen gelungen. "Wir haben uns selbst gepusht, während des Spiels ist man eh in einem Tunnel", sagt er, "die Fans aber haben unglaublich gefehlt."
Das wird sich bis Donnerstag nicht ändern. Um 18 Uhr (Sport1) trifft Deutschland dann auf Tschechien – mit Schmölz, der aber genau weiß, was ihn erwartet. Nach der ersten Phase strich Söderholm Spieler, am Dienstag kamen neue hinzu. Der ehemalige Nürnberger Torhüter Andreas Jenike zum Beispiel, der KHL-Profi Korbinian Holzer oder der junge Münchner JJ Peterka. Spieler, die Schmölz kennt, unter der Maske aber nicht gleich erkannt hat. Erst im Training hat er realisiert, mit wem er nun um ein Flugticket nach Riga konkurriert. "Da will sich jeder beweisen. Man muss wissen, dass es jede Woche vorbei sein kann. Jeder will für Deutschland spielen." Man hört durch den kleinen Lautsprecher im Smartphone, dass Daniel Schmölz darauf Bock hat.
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