Post SV: Biathlon im Sommer?
03.07.2009, 00:00 Uhr
Der Moderne Fünfkampf soll attraktiver werden, hört man, dem ewig drohenden Olympia-Aus der Garaus gemacht werden. Statt gespenstischer Fernsehübertragungen mit kryptischen Schießergebnissen sollen die Zuschauer zur besten Sendezeit euphorisiert werden.
Beim Post–SV Nürnberg trainiert man für die Zukunft. Die verlangt das Schießen auf fünf schwarze Scheiben. Ricardo Schirrmeister drückt ein letztes Mal ab, auch die fünfte Scheibe wird weiß. Der 16-Jährige legt die Pistole ab. Doch für ein zufriedenes Lächeln bleibt keine Zeit. Er muss Kniebeugen machen. Am Schießstand. Eine nach der anderen. Sein Kollege Sven Leder (17) übt sich derweil lieber in Liegestützen.
Soll das die Zukunft des Modernen Fünfkampfs sein? Sollen bald statt Pistolenschießen, Degenfechten, Schwimmen, Springreiten und Querfeldeinlauf Kniebeugen, Liegestützen und Sit-Ups die Zuschauer mitreißen?
Aufholjagd auf der Laufstrecke
Mitnichten. Die Nachwuchssportler trainieren lediglich für die neue Kombination aus Laufen und Schießen. Wie die Biathletin Magdalena Neuner sollen schlechte Schützen auf der Laufstrecke auf die Aufholjagd gehen. «Der Fünfkampf wird dadurch populärer und interessanter«, ist Schirrmeister überzeugt. Trainieren kann man das nicht in dem Neuselsbrunner Keller, in dem der Schießstand des Post SV versteckt ist. Deshalb treiben die jungen Athleten ihren Puls mit anderen Mitteln in die Höhe.
Der Sommerbiathlon verändert den Modernen Fünfkampf. «Ein ganz neuer Athlet wird gesucht«, meint Trainer Jürgen Richter, «das Laufen steht nun an erster Stelle.« Die Medienwirksamkeit offenbar auch. Denn Eigenwerbung tut Not, selbst der Olympia-Sieg von Lena Schöneborn hat zu keinem Boom geführt.
Kein Wunder: Viele Jugendliche sind in Zeiten von G8 schon mit einer Sportart überfordert. Schirrmeister dagegen bringt das tägliche Büffeln mit gleich fünf Sportarten unter einen Hut. «Ich kann aber kaum was für die Schule machen«, gesteht er. Richter sieht gar eine düstere Zukunft heraufziehen: «Es wird schwieriger. Wenn ein Talent am Trainingstag Schule hat, ist es für mich verloren.«
Weil der Fünfkampf nicht nur Kraft und Ausdauer, sondern auch Fecht-Intelligenz und Raffinesse, Konzentrationsfähigkeit und Gelassenheit erfordert, sind die meisten Athleten Gymnasiasten. Nur in den großen Sportschulen in Berlin oder Potsdam kann das harte Training optimal mit dem Unterricht kombiniert werden. Vier- bis fünfmal in der Woche müssen die Sportler um sechs Uhr morgens in der Schwimmhalle antreten.
«Die lachen uns aus, wenn sie hören, wie wenig wir trainieren«, sagt Leder, bei dem immerhin sechs bis acht Stunden offizielles Training in der Woche plus beinahe tägliche Laufeinheiten auf dem Programm stehen.
«Uns fehlen hauptamtliche Trainer, Konkurrenz und bessere Trainingsmöglichkeiten«, stellt Richter fest. Erfolge kann der Post–SV trotzdem feiern. Sven Leder und Ricardo Schirrmeister kamen von den deutschen Meisterschaften mit den Plätzen acht und 14 aus Berlin zurück. «Weltmeister oder Olympia-Sieger wird man beim Post–SV aber nicht«, meint Richter, «dazu müssen die Jungs dann zur Fördergruppe der Bundeswehr.«