Sperrzone: Stadt Fürth schließt Clubfans aus
22.11.2012, 00:36 UhrDiese Nachricht dürfte die Vorfreude auf das 255. fränkische Fußballderby am Samstag trüben: Anhänger des 1. FC Nürnberg dürfen einen ausgewiesenen Teil des Fürther Stadtgebiets am Spieltag nicht betreten. In einer amtlichen Mitteilung vom Mittwoch untersagt die Stadt Personen, die in irgendeiner Weise als Fans des 1. FC Nürnberg zu identifizieren sind, am Samstag ab 10 Uhr das Betreten der Fürther Innenstadt.
Dabei spielt es für die Fürther Behörden keine Rolle, in welcher Form die Clubfans in Fürth auftreten. Kleingruppen, die aus Personen bestehen, bei denen es sich "optisch erkennbar um Anhänger des 1. FC Nürnberg" handelt, haben ebenso keinen Zutritt zur Innenstadt wie die Nürnberger Ultras, die in dem Amtsblatt als "aufwieglerische Fangruppierung" bezeichnet werden.
Von der Entscheidung betroffen sind somit faktisch alle Clubfans, die am Samstag in irgendeiner Weise zu Fuß durch die Innenstadt wollen und sich auch als Clubfans zu erkennen geben.
Begrenzt wird das Gebiet durch die Kapellenstraße ("Grenze Nord"), die Henri-Dunant-Straße bis Höhe Mühlstraße, Mühlstraße, Königstraße, Königstraße bis Nürnberger Straße, Nürnberger Straße bis Jakobinenstraße, Jakobinenstraße ("Grenze Ost"), die Bahnlinie Nürnberg-Fürth zwischen Jakobinenstraße und Höhe Badstraße ("Grenze Süd") und die Badstraße, Weiherstraße, Uferstraße, Flutbrücke bis zur Kapellenstraße ("Grenze West").
Wer sich innerhalb besagter Grenzen dennoch außerhalb von öffentlichen Verkehrsmitteln aufhält, muss im schlimmsten Fall damit rechnen, in Gewahrsam genommen zu werden.
Ein auf der Kleeblatt-Homepage in Aussicht gestelltes Angebot der Polizei, dass sich Clubfans, die am Samstag mit der U-Bahn zur Fürther Stadthalle fahren, zu Fuß Richtung Stadion aufmachen dürfen, wollte Polizei-Pressesprecher Robert Schmitt am Mittwochmittag nicht bestätigen und verwies auf die Sicherheits-Pressekonferenz am Donnerstag.
Am Mittag wies die Stadt Fürth aber darauf hin, dass „selbstverständlich“ alle „friedlichen“ Clubfans in der Stadt willkommen seien. Was genau nun aber am Samstag in der Fürther Innenstadt erlaubt sein wird und was nicht, war am Mittwoch von Seiten der Stadt Fürth noch nicht zu erfahren.
“Normale“ Fans dürften auch gemeinsam zum Stadion laufen, sobald aber die Grenze zur Gewalt überschritten sei, werde die Polizei einschreiten – und zwar „mit Augenmaß, aber konsequent“, wie es in der Mitteilung der Stadt Fürth heißt. Folgen die Beamten am Samstag den Vorgaben aus dem Amtsblatt der Stadt, könnte unter Gewalt aber auch schon das „optische“ oder „akkustische“ Erscheinen als Clubfans gemeint sein.
Bei der Sitzung des Fürther Stadtrates am Mittwoch wies Rechtsreferent Christoph Maier auf Nachfrage der CSU-Fraktion darauf hin, dass 2009 die selben Auflagen veröffentlicht worden seien: „Es ist also nichts Neues, was dieses Jahr passiert."
Verbot auf tönernen Füßen
Für Jahn-Rüdiger Albert steht das Betretungsverbot der Stadt jedenfalls auf tönernen Füßen. „Fürth wandelt auf einem schmalen Grat“, so der Fachanwalt für Strafrecht am Mittwoch gegenüber der Online-Redaktion. Denn in Bayern seien Betretungsverbote nicht gesetzlich geregelt.
Stattdessen beruhe die Entscheidung der Stadt vermutlich auf einer Generalklausel in Artikel 7 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes „Hierbei handelt es sich aber um einen Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit, und zwar für einen großen Personenkreis. So etwas ist in Deutschland nur per Gesetz möglich.“
Ohnehin ist dem 38-Jährigen, der sich in der AG Fananwälte für die Belange von Fußball-Fans engagiert, nicht klar, welchen Mehrwert das Betretungsverbot für die Stadt Fürth hat. Auch ohne das Verbot befände sie sich schließlich auch am Derby-Samstag nicht in einem rechtsfreien Raum.„Die Polizei hat ja bei gewalttätigen Vorkommnissen ohnehin die Befugnis, einzugreifen“, so Albert. „Für mich ist das ganz offensichtlich eine politische Entscheidung, bei der ich stark bezweifle, dass sie vor Gericht standhält.“
Keine Choreo im Gästeblock
Neben dem Betretungsverbot für die Innenstadt untersagte die SpVgg den Clubfans zudem eine Choreografie im Stadion. Zwar weist die Spielvereinigung in einer Stellungnahme auf der vereinseigenen Homepage den Vorwurf eines generellen Choreografie-Verbots ausdrücklich zurück, bestätigt aber, dass den Nürnberger Anhängern deren geplante Choreografie nicht genehmigt wurde. Die Clubfans wollten eine Blockfahne in der Mitte der beiden Gästeblöcke platzieren und von dort ausrollen. Eine Blockfahne dieser Größe sei im Ronhof jedoch noch nie erlaubt worden, so die SpVgg.
"Die Blockfahne ist aus sicherheits-technischen Gründen von uns verboten worden", sagt Pressesprecher Immanuel Kästlen. "Das liegt daran, dass man unter anderem bei möglichen pyrotechnischen Vergehen keine Einsicht durch die Fahne auf den Block hätte. Wir wollen und wir haben auch nicht die Choreo der Nürnberger Fans verboten, im Gegenteil wir freuen uns, wenn alle Besucher ihr Team farbenfroh unterstützen." Ein generelles Choreoverbot gebe es im Ronhof grundsätzlich nicht, betonte Kästlen. Allerdings hat es in der Vergangenheit, im alten Gästeblock, auch durchaus schonmal Blockfahnen gegeben.
Ob generelles Verbot oder Einzelfallentscheidung – für die Clubfans sind die Folgen faktisch die gleichen, da es ihnen schwerfallen dürfte, innerhalb von zwei Tagen eine neue Choreografie auf die Beine zu stellen.
Ganz andere Sorgen hat derweil so mancher Anwohner des Ronhofs. Die ersten Halteverbotschilder für den Samstag wurden bereits aufgestellt. Schon ab 8 Uhr früh ist das Abstellen der Fahrzeuge auch in vielen Nebenstraßen nicht erlaubt. „Wie soll man da am Samstag seine Einkäufe erledigen?“, fragt ein leicht erzürnter Nachbar: „Das hätte man doch auch ab 10 Uhr machen können!“
Dieser Artikel erschien erstmals um 9.38 Uhr am Mittwochmorgen. In der Zwischenzeit haben wir ihn mehrfach aktualisiert.
250 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen