Schmerzhafte Pleite

Nach dem Derby-Schock: Zwischen Abwehrsorgen und Angriffsflaute - Kleeblatt in der Krise

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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20.10.2024, 21:17 Uhr
Die Mannschaft um Kapitän Branimir Hrgota stellte sich nach dem 0:4 gegen den 1. FC Nürnberg den aufgebrachten Fans.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Die Mannschaft um Kapitän Branimir Hrgota stellte sich nach dem 0:4 gegen den 1. FC Nürnberg den aufgebrachten Fans.

Am 2. Spieltag der Saison 2014/2015 fegte das Kleeblatt den FCN mit 5:1 aus dem Ronhof. Ein Spiel, das allen, die es mit der Spielvereinigung halten, wohl für immer im Gedächtnis bleiben wird. Ähnlich wird es sich mit dem 273. Frankenderby verhalten - allerdings auf die denkbar schmerzhafteste Art: Mit 0:4 gingen die Fürther im heimischen Stadion baden, ausgerechnet gegen den Dauerrivalen aus Nürnberg setzte es die höchste Zweitliga-Heimpleite seit fast vier Jahren.

"Das 5:1 vor ein paar Jahren, das steht über allem, das bekomme ich auch die ganze Zeit mit. Und dieses 0:4 wird jetzt als Negativbeispiel mit dem Namen Zorniger und allen Spielernamen in Einklang gebracht werden. Das ist extrem bitter", wusste auch Alexander Zorniger auf der Pressekonferenz nach dem Spiel um das Ausmaß des Geschehens.

"Gefühlt immer die falsche Entscheidung"

Zuvor hatte der Fürther Chefcoach versucht, eine sportliche Erklärung für das Debakel zu finden: "Wir waren vom Anfang weg vor allem im Zweikampfverhalten nicht auf dem Level, wie wir es mit unserer Spielweise, aber auch in einem Derby brauchen", so Zornigers Urteil. Seine Mannschaft sei "massiv in Umschaltsituationen" des Gegners geraten. In der Defensive sei man zwar präsent gewesen, habe dort aber die Zweikämpfe nicht gewonnen.

Auch Rachid Azzouzi versuchte, das Spiel einzuordnen: "Egal, welche Entscheidung wir heute getroffen haben, es war gefühlt immer die falsche", sagte der Geschäftsführer Sport der Spielvereinigung im Anschluss an die Pressekonferenz. Die Mannschaft befinde sich aktuell in einer sehr schwierigen Phase, besonders das späte 1:2 gegen Fortuna Düsseldorf vor drei Wochen stecke den Spielern wohl noch in den Knochen.

Die 0:4-Blamage gegen den 1. FC Nürnberg markiert einen vorläufigen Tiefpunkt in der noch jungen Saison 2024/2025. Dabei startete das Kleeblatt mit acht Punkten aus den ersten vier Spielen äußerst vielversprechend. Doch die Anfangseuphorie ist spätestens jetzt restlos verflogen, seit nunmehr fünf Partien wartet die Spielvereinigung auf einen Sieg. Das große Problem: Vorne wie hinten stimmte es derzeit überhaupt nicht beim Kleeblatt.

Gruselige Defensiv-Statistiken

Bei den vier Gegentreffern gegen den 1. FC Nürnberg trat zutage, was die Statistik schon in den vergangenen Wochen vermuten ließ: Die Spielvereinigung hat ein ausgewachsenes Abwehrproblem. 1,64 erwartbare Gegentore pro Spiel lässt das Kleeblatt laut xGoals-Statistik im Schnitt zu - geteilter Negativwert mit der SV Elversberg und ausgerechnet dem FCN. Bei den Siegen gegen Münster und Regensburg profitierte die Fürther Defensive noch von einem gewissen Spielglück, und auch bei den Punktgewinnen gegen Paderborn und Magdeburg hätte sich das Kleeblatt angesichts der Qualität der gegnerischen Chancen nicht über mehr Gegentreffer beschweren dürfen.

Dieses Spielglück war ausgerechnet im Derby restlos aufgebraucht: Gegen den FCN bezahlte die Fürther Defensive für die eigene Nicht-Leistung. Nur 33 Prozent gewonnene Zweikämpfe sprechen eine ebenso deutliche Sprache wie die vier Gegentreffer selbst, die nur die logische Konsequenz aus dieser Statistik darstellen. Sofern die Fürther denn überhaupt in die Zweikämpfe kamen: Vor dem 0:1 bekam Mahir Emreli überhaupt keinen Druck, vor dem 0:2 hatte Soares viel zu viel Platz beim Flanken und beim 0:4 war die Verteidigung des Kleeblatts quasi überhaupt nicht mehr vorhanden.

Auch im Angriff stimmt es nicht

In den ersten Saisonspielen täuschte noch der furiose Fürther Angriff über die Unzulänglichkeiten in der Verteidigung hinweg, doch der befindet sich seit dem 4:0 in Regensburg ebenfalls in einer Schaffenskrise. Bereits zum dritten Mal in den vergangenen fünf Partien blieb das Kleeblatt ohne eigenen Treffer. Die Schlüsselspieler Branimir Hrgota und Julian Green ringen ebenso um ihre Form wie Dennis Srbeny, der im Derby zwar den gefährlichsten Fürther Abschluss verbuchte, ansonsten nach seiner Einwechslung aber ebenso unglücklich agierte wie die anderen Offensivkräfte.

Gegen den FCN fehlte es, wie schon in den Spielen zuvor, oft an Tempo und Zielstrebigkeit im Angriffsspiel. Besonders schwer fiel es dem Kleeblatt, Chancen durch das Zentrum zu kreieren. Fast jede Angriffsbemühung lief über die Flügel, doch Flanken stellten die großgewachsene Nürnberger Defensive vor keine größeren Probleme - und so blieben die Rot-Schwarzen ausgerechnet gegen die Spielvereinigung zum ersten Mal in dieser Saison ohne Gegentreffer.

Muss der Blick nach unten wandern?

Mehr als ein Viertel der Saison ist nun absolviert. Laut Rachid Azzouzi sei es zwar noch zu früh, um über das Thema Abstiegskampf zu reden, doch der Trend der letzten Wochen ist durchaus besorgniserregend. Zwei Punkte aus den letzten fünf Partien, zehn Gegentreffer in den vergangenen vier Spielen, denen drei eigene Treffer gegenüberstehen - es läuft vorne wie hinten nicht rund am Ronhof.

Am kommenden Freitag steht die nächste schwere Aufgabe an, wenn es auswärts beim FC Schalke 04 um wichtige Punkte geht. Die Schalker liegen einen Punkt vor dem Relegationsrang auf Platz 14 in der Tabelle - und nur zwei Zähler hinter der Spielvereinigung. Zumindest die Zweikampfschwäche sollte die Mannschaft von Alexander Zorniger gegen die körperlichen Schalker schleunigst in den Griff bekommen - ansonsten droht eine Woche nach der Derbypleite der nächste Nackenschlag.

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