1:3 im ausverkauften Ronhof

Ngankams Tor reicht nicht: Kleeblatt verliert gegen Borussia Dortmund

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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7.5.2022, 20:43 Uhr
Max Christiansen und seine Fürther Kollegen hielten gegen den BVB von Marco Reus gut mit, mussten sich aber knapp geschlagen geben.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Max Christiansen und seine Fürther Kollegen hielten gegen den BVB von Marco Reus gut mit, mussten sich aber knapp geschlagen geben.

Die Vorfreude war überall zu spüren. Schon am Samstagmorgen sah man die ersten Menschen mit weiß-grünen T-Shirts durch die Straßen der Altstadt spazieren, am Vormittag füllte sich die Gustavstraße mit jeder Minute ein bisschen mehr - und gegen 13 Uhr machten sich mehrere Hundert Fürther Fans mit lauten Gesängen und begleitet von der Reiterstaffel der Polizei auf den Weg in den Ronhof. Sie alle wollten dabei sein beim vorerst letzten Heimspiel in der Bundesliga, beim Vergleich ihres Kleeblatts mit Borussia Dortmund.

Bei diesem präsentierte sich ihre Mannschaft ein paar Stunden später sehr gut, schoss sogar ein frühes Tor, das allerdings wegen Abseits aberkannt wurde, glich einen Rückstand aus - und verlor am Ende mit 1:3 (0:1). Damit bleibt die Spielvereinigung, die inzwischen seit elf Spielen sieglos ist, bei 18 Zählern, könnte die Punktzahl aus dem letzten Bundesliga-Jahr 2012/2013 (21) kommende Woche in Augsburg aber noch erreichen.

Fürths Trainer Stefan Leitl, der vor dem Spiel mit zaghaftem Applaus und einem Bilderrahmen verabschiedet worden war, stellte taktisch nur wenig um - dafür aber personell. Jamie Leweling gab im 5-3-2 den linken Schienenspieler, sodass die Innenverteidigung aus Sebastian Griesbeck, Nick Viergever und Luca Itter trotz der Gelbsperre von Jetro Willems zusammenbleiben konnte. Davor rückte Max Christiansen nach drei Spielen Pause wieder auf die Sechs, sodass Tobias Raschl und Timothy Tillman zwei offensivere Achter hinter den Angreifern Jessic Ngankam und Branimir Hrgota geben konnten.

Mit seiner gewohnten Ausrichtung machte das Kleeblatt die Räume eng und hielt den BVB zunächst lange vom eigenen Tor weg. Teilweise liefen die Fürther die Borussia schon in deren Strafraum an, im Mittelfeld sorgte Max Christiansen mit schönen Grätschen zweimal für ordentlich Lautstärke auf den Tribünen. Offensiv wurden die Fürther zu Beginn nur über die rechte Seite gefährlich, wo Simon Asta immer wieder ordentlich anschob. Bei einer seiner Hereingaben konnte der BVB den Abschluss von Ngankam gerade noch blocken (10. Minute), ein paar Minuten später verpasste Tillman den richtigen Zeitpunkt für das Zuspiel auf den mitgelaufenen Leweling.

Tor? Nein, sagt der VAR

Der ärgerte sich darüber zurecht sehr, durfte in der 23. Minute aber jubeln. Ngankam hatte Asta in den Strafraum geschickt, am Fünfmeterraum konnte Hrgota dessen Zuspiel sogar noch kurz kontrollieren und dann zum 1:0 abschließen. Die Fürther Führung? Nein. Als die Menschen auf den Tribünen noch ausgelassen jubelten, fasste sich Schiedsrichter Christian Dingert schon ans Ohr. Die Kollegen im Kölner Keller hatten eine Abseitsposition von Asta gesehen, sodass der Treffer nicht zählte.

Dann, tja, dann geschah etwas, was perfekt zur Saison der Spielvereinigung passte. Der BVB hatte zum ersten Mal etwas zu viel Platz, Erling Haaland verlagerte auf den vollkommen freien Raphael Guerreiro, dessen Abschluss Andreas Linde noch zur Seite abwehren konnte. Dort stand allerdings Julian Brandt perfekt und nahm den Abpraller direkt: 0:1. Das war extrem bitter für die gut verteidigenden Fürther, die mit dem ersten (und einzigen) Schuss der Gäste im ersten Durchgang in Rückstand gerieten.

Danach kombinierte sich die Borussia zwar immer wieder sehenswert durch, zu Abschlüssen aber kam sie nicht. Immer wieder warf sich irgendwo ein Weiß-Grüner in den Weg, Itter, Viergever, Ngankam, sie alle erledigten ihre Aufgabe sehr routiniert - auch gegen den kaum auffälligen Erling Haaland. Auf der anderen Seite kam das Kleeblatt allerdings ebenfalls kaum mehr zu Möglichkeiten, die beste entstand wieder über rechts. Asta legte drei Minuten vor der Pause ab für Raschl, der zuletzt mit seinem Premierentor gegen den BVB geliebäugelt hatte. Dessen wuchtiger Versuch war aber kein Problem für Marwin Hitz im Dortmunder Tor.

"Erstklassig kassieren"

Dann war Halbzeit. Die Fürther hatten es mal wieder gut gemacht, lagen aber trotzdem hinten. Zu Beginn des zweiten Durchgang äußerten die Gästefans ihren Unmut über die hohen Kartenpreise im Ronhof, die vor der Partie einige Menschen, nicht nur in Dortmund, umgetrieben hatten. "Zweitklassig spielen, erstklassig kassieren", stand auf einem großen Banner. Und: "Fußball muss bezahlbar sein."

Auf dem Rasen bot sich den 16.626 Zuschauern im ausverkauften Ronhof das gleiche Bild wie zuvor. Der BVB schien keine große Lust zu haben, sich mehr als nötig anzustrengen, die Fürther waren zwar engagiert, blieben bei ihren Vorstößen, wie schon so oft in dieser Saison, glücklos. Immer wieder geriet der letzte Pass zu ungenau oder verpasste jemand den richtigen Moment für das Abspiel. Nach 56 Minuten lief Marco Reus plötzlich alleine auf Andreas Linde zu, der Fürther Torhüter machte sich aber lang und drängte den Nationalspieler ab, den Nachschuss setzte Haaland deutlich drüber.

Danach nahm das Spiel immer mehr an Fahrt auf. Zwei Minuten nach der Dortmunder Doppelchance zog Leweling aus 22 Metern einfach mal ab, doch auch sein Versuch geriet ein paar Meter zu hoch. Bei einem Konter des BVB klärte Viergever gerade noch vor Haaland, dem die Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation anzusehen war. Die Laune des Star-Stürmers wurde kurz darauf aber noch schlechter. Christiansen spielte Hrgota am Strafraum an, der wiederum durchsteckte für Ngankam. Der Fürther Angreifer blieb vor Hitz ganz entspannt und hob den Ball einfach über den Dortmunder Torhüter ins Netz: 1:1 in der 70. Minute.

Der Ronhof stand Kopf, Ngankam jubelte ausgelassen vor der Nordtribüne, es schien doch noch ein schöner Samstagnachmittag zu werden - doch nicht einmal zwei Minuten später ging der BVB erneut in Führung. Der eingewechselte Nico Schulz zog über links einen Sprint an, Leweling kam nicht hinterher, sodass Griesbeck rausschieben musste und in der Mitte fehlte, wo Brandt den Ball an Viergever vorbeispitzelte und dann aus spitzem Winkel zum 1:2 traf.

Viergever fälscht entscheidend ab

Weitere fünf Minuten später entschieden die Gäste das Spiel endgültig. Erst ging alles ein bisschen zu schnell für die Fürther Defensive, dann übersah Itter den hinter ihm einlaufenden Felix Passlack, dessen eigentlich zu zentralen Abschluss Viergever noch entscheidend abfälschte, sodass der Ball zwischen Lindes Beinen hindurch ins Tor flog. Direkt danach durfte sich auch der lange verletzte Paul Seguin noch mit ein paar Minuten von den Fürther Fans verabschieden, bei Ngnakams Abschluss nach einer Ecke parierte Hitz stark mit dem Fuß (83.).

Dann traf der BVB erneut - und dem Kleeblatt drohte spät ein neuerliches Debakel. Nach einem langen Ball stand Jude Bellingham frei und schoss das 1:4, der Jubel verhallte aber schnell. Schiedsrichter Dingert bekam einen erneuten Hinweis vom VAR, schaute sich die Szene auf dem Bildschirm an und verweigerte dem Treffer dann wegen einer Abseitsstellung von Haaland, der aktiv eingegriffen hatte, die Anerkennung.

Die dreiminütige Nachspielzeit verbrachten die Fans auf der Nordtribüne dann so, wie sie es auch schon zuletzt gegen Leverkusen getan hatten. Lautstark erklang der Gesang "unser Kleeblatt, das wird niemals untergeh'n", dann erhob sich der Ronhof für einen letzten Applaus. Um 17.22 Uhr war das vorerst letzte Bundesliga-Heimspiel des Kleeblatts vorbei. Und der BVB Vizemeister.

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