Pressekonferenz

Starke Offensive, schwache Defensive? Fürth-Coach Zorniger spricht von „Risikoaufteilung“

Sara Denndorf

E-Mail zur Autorenseite

28.8.2024, 15:15 Uhr
Das Kleeblatt muss am Freitag in der nahen Ferne ran: Um 18.30 Uhr trifft die Mannschaft von Cheftrainer Alexander Zorniger auf den SSV Jahn Regensburg.

© IMAGO/Sportfoto Zink / Daniel Ma/IMAGO/Zink Das Kleeblatt muss am Freitag in der nahen Ferne ran: Um 18.30 Uhr trifft die Mannschaft von Cheftrainer Alexander Zorniger auf den SSV Jahn Regensburg.

"Wer im Leben nichts wagt, riskiert viel: niemals was zu gewinnen", sagte der Journalist Wolfgang Mocker einst und bringt damit vielleicht auch die Risikoabwägung der SpVgg Greuther Fürth auf den Punkt. Nach drei Spieltagen stehen beim Kleeblatt starke 6,1 Expected Goals, aber auch 6,6 erwartete Gegentore zu Buche. Damit kreierte nur der 1. FC Köln aussichtsreichere Torchancen als die Franken, aber auch nur Eintracht Braunschweig ließ in der Defensive mehr vielversprechende Tormöglichkeiten für die Gegner zu. Das geht aus einer Übersicht des Statistikportals "fbref.com" hervor.

Im bisherigen Saisonverlauf profitiert man in Fürth davon, dass die Gegner ihre Chancen oftmals auslassen, während das Kleeblatt sich - gemessen an der Qualität der eigenen Chancen - mit sechs eigenen Treffern voll im Soll befindet. Natürlich, das erklärte Cheftrainer Alexander Zorniger auf der Pressekonferenz vor dem Gastspiel beim SSV Jahn Regensburg, würde man sich in Fürth einen möglichst niedrigen Wert bei den erwarteten Gegentoren und zugleich einen hohen Wert bei den eigenen Expected Goals wünschen. Aber: "Das geht nur bedingt", erklärte der 56-Jährige. Im Kern ginge es um ein "gesundes Verhältnis zu Risiko".

Im Aufbau- und Übergangsspiel toleriere der Fußballlehrer weniger riskante Manöver als etwa in der "Endzone". Dort liegt der Fokus darauf, aus Annäherungen Chancen zu kreieren und aus Chancen im Idealfall Tore zu erzielen. "In der Endzone habe ich ein sehr gesundes Verhältnis zu Risiko, im Aufbau und im Mittelfeld eher nicht", gab der Coach zu Protokoll. In früheren Phasen des Spielaufbaus indes gelte es die Anzahl an Ballverlusten und individuellen Fehlern zu reduzieren, schließlich resultieren gerade aus solchen Situationen bislang ein Großteil der gegnerischen Tormöglichkeiten, so Zorniger.

Insgesamt scheint ein Gegentor pro Spiel in dieser Spielweise eingepreist zu sein: "Interessant für die Zuschauer, Nahu kann sich auch auszeichnen. Die vier Tore, die wir gekriegt haben, sind immer noch eines zu viel, wenn man sich an einem pro Spiel orientiert." Im Gegenzug wisse die Mannschaft, dass sie den Ball in eigenem Ballbesitz immer wieder in die Endzone gespielt bekomme und dadurch zu Torabschlüssen kommen könne - vielleicht, das scheint das Kalkül zu sein, schlichtweg einmal häufiger als der Gegner.

SSV Jahn Regensburg: Viel Intensität, wenig Ballbesitz

Der kommende Gegner jedenfalls tat sich in der bisherigen Saison deutlich schwerer, gefährlich vors Tor zu kommen: Erst ein Tor gelang dem SSV Jahn in der laufenden Zweitliga-Saison – aber immerhin genug, um einen 1:0-Sieg gegen den Mitaufsteiger vom SSV Ulm zu feiern und wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt zu ergattern. Zudem verfügt die "Jahnelf" nach Einschätzung von Trainer Zorniger über "schnelle Flügel". So zählt beispielsweise Dominik Kother zu den Unterschiedsspielern bei den Ostbayern, die zuhause in dieser Saison noch ungeschlagen sind.

"Sie haben gezeigt, dass sie daheim in der Lage sind, Punkte oder Runden zu holen", konstatierte Zorniger mit Blick auf die beiden 1:0-Erfolge der "Jahnelf" gegen Ulm sowie im DFB-Pokal gegen den VfL Bochum. Dabei profitiere der SSV Jahn insbesondere von seinem schnellen Umschaltspiel. Außerdem sind aggressives Pressing und hohe Intensität im Spiel seit Jahren in der fußballerischen DNA des Vereins verankert. Angesichts dieser Spielweise müsse sich das Kleeblatt, das selbst gerne über Aggressivität und hohen Druck auf den Gegner kommt, "ein paar Lösungen auch mit dem Ball einfallen lassen".

Denn: Die Regensburger überließen ihren Gegnern bislang meist den Ball, um dann durch aggressives Pressing und intensive Zweikampfführung Fehler zu provozieren, Ballgewinne zu erzielen und dann in Umschaltsituationen von einer möglicherweise unsortierten gegnerischen Defensive zu profitieren. Dies belegt auch ein Blick auf die Ballbesitztabelle: Mit durchschnittlich 41 Prozent Ballbesitz in den bisher drei Spielen schließt der Jahn das Tableau ab. Die SpVgg Greuther Fürth liegt mit 48 Prozent übrigens auf dem zwölften Rang.

Ohne Calhanoglu, mit Bansé?

Entsprechend ist damit zu rechnen, dass das Kleeblatt auch beim Auswärtsspiel in Regensburg tendenziell mehr Spielanteile haben wird und demnach Lösungen finden muss, sich aus dem oberpfälzischen Druck zu befreien. Für dieses Unterfangen kann Alexander Zorniger nahezu auf jeden einzelnen Spieler zurückgreifen. Einzig Kerem Calhanoglu, der sich nach seiner Knieverletzung in der Vorbereitung jüngst einer Operation unterziehen musste, fällt aus.

Neuzugang Sacha Bansé indes könnte erstmals im Pflichtspielkader des Kleeblatts stehen. Der 23-Jährige machte nach Einschätzung seines Trainers in den bisher drei Trainingseinheiten "einen tollen Eindruck, man sieht die Qualität, die er mitbringt". Dennoch trat Zorniger bei dem Nationalspieler Burkina Fasos, der vom belgischen Erstligisten Standard Lüttich nach Franken wechselte, auf die Bremse: Bansé muss "erstmal zurechtkommen" in einem "neuen Land mit einer neuen Sprache".

Zugleich lobte der 56-Jährige auch Philipp Müller, der bislang in allen Zweitliga-Spielen der laufenden Saison gemeinsam mit Routinier Julian Green die Doppelsechs bildete und sich künftig wohl einen Konkurrenzkampf mit Neuzugang Bansé liefern wird: "Philipp hats bisher auch gut gemacht." Entsprechend bieten sich Zorniger also viele Optionen – im Mittelfeldzentrum, aber auch auf anderen Positionen.

Es gebe viele Spieler, die Zorniger "gerne auf dem Platz hätte". Bislang setzte er an den ersten drei Spieltagen jeweils auf dieselbe Startelf, in welcher etwa Maximilian Dietz oder Niko Gießelmann zunächst keinen Platz fanden. Zum Konkurrenzkampf sagte Zorniger zufrieden: "Wir haben eine gute Energie gerade auf dem Platz untereinander, auch die Keeper."

"Guten Start vergolden"

Auch die allgemeine Stimmung im Verein und dessen Umfeld scheint derzeit zufriedenstellend zu sein. "Es gibt einen Zusammenhalt, den gab‘s auch vor meiner Zeit schon", erklärte Zorniger mit Blick auf die Fans und führte fort: "Wir versuchen den Fans, attraktiven Fußball anzubieten. Da passen viele Dinge zusammen." Auch die Distanz von Fürth zum Regensburger Stadion sorgt wohl – gepaart mit den anderen Aspekten – unter anderem dafür, dass der Gästebereich im Jahnstadion Regensburg ausverkauft sein wird. "Wir sind froh über jeden Einzelnen, der bei jedem einzelnen Spiel dabei ist", sagte Zorniger vor der zweitkürzesten Auswärtsfahrt der Saison.

Im letzten Spiel vor der Länderspielpause, einem Gastspiel in der näheren Umgebung und dem Duell mit einem Aufsteiger ist die Marschrichtung für Zorniger klar: "Da hauen wir nochmal alles rein und dann wollen wir den bisher guten Start vergolden."

4 Kommentare