Zurück in der Bundesliga

Vom Abgrund nach oben: Julian Greens Weg mit dem Kleeblatt

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

E-Mail zur Autorenseite

20.7.2021, 06:00 Uhr
Glücklich beim Kleeblatt: Julian Green ist mit Verspätung zurück in der Bundesliga.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Glücklich beim Kleeblatt: Julian Green ist mit Verspätung zurück in der Bundesliga.

In der Stunde des großen Erfolges dachte Julian Green noch einmal zurück. Als um ihn herum alle im Überschwang der Gefühle den Aufstieg in die Bundesliga feierten, erinnerte er sich an den 13. Mai 2018, den Tag, an dem er mit der Spielvereinigung am Abgrund stand. Am letzten Spieltag gastierte das Kleeblatt damals beim FC Heidenheim, eine ganze Stadt hatte an diesem Sonntagnachmittag Angst um ihr Aushängeschild, das kurz davor war, in die dritte Liga abzusteigen.

Doch dann schoss Julian Green eines der wichtigsten Tore seiner Karriere - und zog seinen Verein von der Klippe zurück. Wer sich heute noch einmal den Torjubel von Spielern, Fans und Betreuern anschaut, sieht, welche tonnenschwere Last von den Schultern aller Beteiligten fiel. "Ich weiß, wie es auch sein kann", sagt Green, der in seinen vier Jahren beim Kleeblatt schon einiges erlebt hat. "Umso schöner ist, dass wir es in die erste Liga geschafft haben."

Dorthin, wo Julian Green schon einmal war. Mit 18 Jahren unterschrieb er beim großen FC Bayern einen Profivertrag, debütierte unter Pep Guardiola in der Champions League, nach einer Leihe zum Hamburger SV schoss er für die Bayern von Carlo Ancelotti in einem Testspiel drei Tore gegen Inter Mailand. Doch durchsetzen konnte er sich im Münchner Star-Ensemble nicht, er suchte sein Glück in Stuttgart, wurde Zweitliga-Meister - doch als die Bundesliga für ihn wieder zum Greifen nah war, verlieh ihn der VfB zum Kleeblatt.

"Nie an mir gezweifelt"

Wieder zweite Liga. "Natürlich macht man sich seine Gedanken", sagt Green im Trainingslager des Kleeblatts in Österreich. "ich habe aber auch in den schweren Zeiten nie an mir gezweifelt." Er wusste ja, was er kann - und er hatte den Willen, es wieder in die erste Liga zu schaffen, an diesen Sehnsuchtsort aller Fußballer. Doch in Fürth dachte damals niemand an den Aufstieg, der Blick war immer öfter nach unten gerichtet.

Auch Green tat sich in anfangs in Fürth mitunter schwer, "in der zweiten Liga ist der Fußball oft anders, in meiner ersten Zeit hier haben wir auch mehr auf Konter und lange Bälle gesetzt", erinnert er sich. Es war nicht der ideale Ansatz für einen Fußballer, der kreativ sein will und das schöne Spiel liebt. Ein Dreivierteljahr nach dem Rettungs-Tor in Heidenheim übernahm Stefan Leitl das Traineramt, da sich das Kleeblatt wieder bedrohlich der Klippe, dem Abgrund Richtung dritter Liga, genähert hatte

Doch Leitl schaffte den Ligaerhalt - und noch viel mehr. "Nach dem Trainerwechsel hat man gesehen, dass sich die Mannschaft Jahr für Jahr weiterentwickelt", sagt Green. "Es wurde immer ein bisschen besser - bis zum Aufstieg." Green schwärmt vom "klaren Plan", den Leitl mit seinen Spielern entwickelt hat, "wir wissen, wie wir Fußball spielen wollen", sagt er. "Das ist sehr wichtig."

Im System von Stefan Leitl ist Green mit seiner Ballsicherheit ein Fixpunkt, einer der Spieler, der fast immer auf dem Platz steht. Auch, weil er sich, genauso wie die Mannschaft, immer weiterentwickelt hat. Der 26-Jährige ist nicht nur reifer, sondern auch torgefährlicher geworden. Im Aufstiegsjahr schoss er neun Tore, darunter den wichtigen Ausgleich vor zwei Monaten gegen Düsseldorf, der den Weg zum Aufstieg ebnete.

Vorbereitung statt Gold Cup

Wirklich Zeit, diesen Erfolg zu feiern, hatte Julian Green aber nicht. Zwei Tage nach der großen Party im Ronhof stand er schon wieder in der Schweiz auf dem Platz - diesmal aber mit dem Trikot der US-Nationalmannschaft. Für das Land seines Vaters hat er schon vor zehn Jahren debütiert, bei der WM 2014 in Brasilien gelang ihm sein erstes Länderspieltor. In der Bundesliga will sich jetzt wieder anbieten, "grundsätzlich will ich immer in der Nationalmannschaft spielen", sagt Green. "Ich bin auch überzeugt, dass ich der Mannschaft weiterhelfen kann."

Der Gold Cup, der Kontinentalmeisterschaft von Nord- und Mittelamerika, findet gerade aber ohne ihn statt. "Wir haben uns ausgetauscht und sind zum Entschluss gekommen, dass es mehr Sinn macht, die Vorbereitung hier mitzumachen", sagt Green. Er will schließlich dabei sein, wenn es am 14. August beim VfB Stuttgart in der Bundesliga losgeht. Drei Jahre, nachdem er das Kleeblatt vor dem Abstieg gerettet hat.

Verwandte Themen


Keine Kommentare