So war das Fürther Fußballjahr

Zwölf Monate, zwölf Geschichten: Der große Kleeblatt-Jahresrückblick

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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28.12.2022, 11:00 Uhr
Absteigen mit Anstand: Die positive Haltung der Fans brachte dem Kleeblatt bundesweit viele Sympathien ein.

© Daniel Karmann/dpa Absteigen mit Anstand: Die positive Haltung der Fans brachte dem Kleeblatt bundesweit viele Sympathien ein.

Der erste Heimsieg vor Fans (12. Februar)

Den historischen ersten Heimsieg in der Fürther Bundesliga-Geschichte hatte das Kleeblatt bereits im Dezember 2021 gefeiert. Dem 1:0 gegen Union ließ die Mannschaft im Januar ein 2:1 gegen Mainz folgen – beide Spiele fanden aber ohne Zuschauer statt. Am 12. Februar schoss Kapitän Branimir Hrgota die Spielvereinigung vor zumindest wieder teilweise gefüllten Rängen zum Sieg. Mit seinen Saisontoren sechs und sieben stieg Hrgota zum Fürther Rekordtorschützen in der Bundesliga auf – und schenkte den Fans den ersten Bundesliga-Heimsieg im Ronhof.

Der fliegende Hrgota: Kapitän Branimir Hrgota schoss das Kleeblatt in der Münchner Arena in Führung.

Der fliegende Hrgota: Kapitän Branimir Hrgota schoss das Kleeblatt in der Münchner Arena in Führung. © Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, NN

In Führung gegen die Bayern (20. Februar)

Der Jubelschrei kam mit einigen Millisekunden Verzögerung. Als der Ball im Netz einschlug, da dauerte es kurz, bis die Menschen ganz oben unter dem Dach realisierten, dass ihr Kleeblatt gerade in der Allianz Arena in Führung gegangen war. Ein abgefälschter Freistoß von Branimir Hrgota ließ alle Fürtherinnen und Fürther vom Auswärtssieg beim FC Bayern träumen. Der Rekordmeister drehte im zweiten Durchgang aber auf und schoss noch vier Tore. Der Moment bleibt trotzdem unvergessen.

Der Abstieg steht endgültig fest (23. April)

Der Moment, an dem das, was jeder wusste, Wirklichkeit wurde, war ein trauriger. "Es tut sehr, sehr weh", sagte Branimir Hrgota nach dem 1:4 gegen Bayer Leverkusen. "Wir haben die ganze Saison gekämpft und alles versucht", man habe "gesehen, dass die Mannschaft alles gegeben hat, vor allem gegen Mannschaften, die nächstes Jahr Champions League spielen". Doch das reichte nicht. Am 23. April stand der Abstieg des Kleeblatts fest - und Geschäftsführer Rachid Azzouzi weinte vor dem TV-Interview bittere Tränen.

Tränen nach dem Abstieg: Geschäftsführer Rachid Azzouzi im April.

Tränen nach dem Abstieg: Geschäftsführer Rachid Azzouzi im April. © Sportfoto Zink / Daniel Marr, NN

Das vorerst letzte Bundesligaspiel (16. Mai)

Nach dem Schlusspfiff sangen die mitgereisten Fans das Lied, das sie schon wochenlang immer wieder gesungen hatten: "Unser Kleeblatt, das wird niemals untergeh‘n." Ein kurzer Applaus der Mannschaft in Richtung Block – dann war das Bundesliga-Abenteuer wieder vorbei. Auch beim 1:2 in Augsburg verpassten die Fürther einen Auswärtssieg. Trainer Stefan Leitl erlebte sein letztes Spiel als Verantwortlicher auf dem Sofa - das Coronavirus hatte für ein ziemlich bescheidenes Ende seiner Zeit beim Kleeblatt gesorgt.

Derby-Niederlage in Nürnberg (23. Juli)

Auf Leitl folgte der Schweizer Marc Schneider. Der machte sich in Fürth mit seiner freundlichen Art sehr schnell sehr beliebt - und schien auch die Mannschaft besser zu machen. In der Vorbereitung agierte das Kleeblatt vielversprechend, auch beim 2:2 gegen Kiel wirkte es so, als würde der Ballast des Abstiegs nicht allzu lange auf den Schultern liegen. Dann aber gab die Leistung beim 0:2 in Nürnberg Rätsel auf. "In der ersten Halbzeit haben wir das Derby nicht richtig angenommen", klagte Luca Itter. "Wir waren in den Zweikämpfen nicht präsent genug und haben vorne die Bälle nicht lange genug gehalten, um da auch mal Entlastung zu haben." Auch Azzouzi war nach der Derby-Niederlage bedient. "In der zweiten Liga musst du erstmal den Kampf annehmen. Das haben wir leider nicht hinbekommen."

Bitteres Pokal-Aus in Stuttgart (30. Juli)

Die Worte, die Max Christiansen wählte, waren eindeutig. "Es spielt keine Rolle, in welchem System man spielt, es ging um die Einstellung und den Willen, den man an den Tag legt", sagte der Mittelfeldspieler des Kleeblatts - das gerade beim Fünftligisten Stuttgarter Kickers aus dem Pokal ausgeschieden war. "Kampf hat etwas mit Willen zu tun und den Willen hatten wir heute leider nicht. Dementsprechend konnten wir auch nicht unsere beste Leistung zeigen."

Nach dem erlösenden ersten Sieg herzte Trainer Marc Schneider Simon Asta.

Nach dem erlösenden ersten Sieg herzte Trainer Marc Schneider Simon Asta. © Sportfoto Zink / Melanie Zink, NN

Erster Sieg nach sechs Monaten (18. September)

Die vielen Fragen nach der langen Sieglos-Serie gingen Marc Schneider irgendwann auf die Nerven. Und doch ließ sich die prekäre sportliche Lage nicht wegdiskutieren: Das Kleeblatt hatte im September noch immer kein Fußballspiel gewonnen - beim letzten Sieg im Februar gegen Hertha war der Schweizer noch in Belgien bei seinem Ex-Klub Waasland-Beveren aktiv gewesen. Deshalb war längst auch über Schneiders Zukunft diskutiert worden. Nach dem desaströsen Auftritt in Magdeburg bekam der Trainer eine letzte Chance - und nutzte sie. Das 2:1 gegen Paderborn war der so langersehnte erste Sieg unter dem neuen Trainer, der danach euphorisiert und befreit wirkte. "Ein Glas Wein wird es sicherlich geben", sagte er, "dann ein Raclette - und dann sind alle happy."

Schneiders Zeit in Fürth ist vorbei (1. Oktober)

Was wäre gewesen, wenn? Wenn Afimico Pululu den Ball in der Nachspielzeit aus fünf Metern nicht mindestens so viele Meter über das Tor, sondern ins Netz geschossen hätte? Wenn Luca Itter den Ball nach vorne und Andreas Linde ihn nicht ins Aus gedroschen hätte? Wenn der Schiedsrichter nicht auf Elfmter für Rostock entschieden hätte? Es blieben Fragen ohne Antworten. Nach dem späten und bitteren 2:2 gegen Hansa stellten die Fürther Verantwortlichen Trainer Marc Schneider frei. "Wir haben in den letzten Wochen viel versucht, auch Marc hat alles versucht, aber am Ende müssen wir festhalten, dass wir uns zwar punktetechnisch leicht verbessert haben, aber nicht so, wie wir uns alle das vorstellen", so Azzouzi.

Ihren neuen Verein schauten sich Alexander Zorniger (rechts) und Jurek Rohrberg in Heidenheim von der Tribüne aus an.

Ihren neuen Verein schauten sich Alexander Zorniger (rechts) und Jurek Rohrberg in Heidenheim von der Tribüne aus an. © Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Zorniger sitzt auf der Tribüne (23. Oktober)

Der neue Mann wollte sich seine neue Mannschaft live anschauen. Eine halbe Stunde vor dem Anpfiff des Auswärtsspiels in Heidenheim stieg Alexander Zorniger mit seinem Assistenten Jurek Rohrberg die Treppen der kleinen Haupttribüne nach oben. Er sah eine wenig mutmachende Leistung seines Teams, das an diesem Spieltag von Interimstrainer Rainer Widmayer betreut wurde. Zehn Minuten nach dem Schlusspfiff vermeldete das Kleeblatt, dass der 55-jährige Zorniger der Nachfolger von Marc Schneider wird.

Pachtvertrag für Ronhof verlängert (25. Oktober)

Die Einladung sorgte für etwas Aufregung in der Stadt. "Wie lange kickt das Kleeblatt noch im Ronhof?", schrieb die Stadtverwaltung - die Antwort gab es bei einem Pressetermin im Rathaus: bis 2080. Der Pachtvertrag zwischen Stadt und Eigentümer Conny Brandstätter war zuvor bis 2050 gelaufen – Aufsichtsrat und Wirtschaftsreferent Horst Müller hatte Brandstätter aber überzeugt, seine Unterschrift unter einen neuen Kontrakt zu setzen.

Vier glückliche Menschen: Kleeblatt-Geschäftsführer Holger Schwiewagner, OB Thomas Jung, Conny Brandstätter und Wirtschaftsreferent Horst Müller (von links) freuen sich über die Pachtverlängerung.

Vier glückliche Menschen: Kleeblatt-Geschäftsführer Holger Schwiewagner, OB Thomas Jung, Conny Brandstätter und Wirtschaftsreferent Horst Müller (von links) freuen sich über die Pachtverlängerung. © Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Vier Spiele, zehn Punkte (ab 28. Oktober)

1:0. 1:0. 1:0. 1:1. Mit nur vier Toren holte das Kleeblatt unter Alexander Zorniger zehn Punkte und beendete die Hinrunde auf dem zehnten Platz. Dreimal schoss der 19 Jahre junge Armindo Sieb die Fürther zum Erfolg - in Braunschweig sogar mit einem sehenswerten Fallrückzieher. Mit etwas mehr Glück wäre am 17. Spieltag in Darmstadt sogar ein Sieg drin gewesen – angesichts sonst zu großer Träume und Erwartungen war Zorniger aber sogar ganz froh, dass es nicht vier Siege in Folge wurden.

Rekord-Gewinn verkündet (17. November)

So traurig und hart das Bundesliga-Jahr aus sportlicher Sicht oft war, so schön und wichtig war es finanziell. Der Gewinn für das Geschäftsjahr 2021/22, also die Zeit in der ersten Liga, betrug laut Kleeblatt nach Steuern "rund 5,3 Mio. Euro, bei einem Gesamtumsatz von 49,1 Mio. Euro (Vorjahr: 23,8 Mio.)." Zudem habe sich das Eigenkapital "im Vergleich zum Vorjahr auf 7,8 Mio. Euro verdreifacht".

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