Thomas Rauch schießt Schwäbisch Hall zum Titel

15.10.2012, 11:41 Uhr
Thomas Rauch schießt Schwäbisch Hall zum Titel

© dpa

Die Bilder gingen 1991 um die Welt. Super Bowl XXV, die letzte Aktion. Auch Thomas Rauch musste am Samstagabend vorübergehend an Scott Norwood denken, zumindest „ein bisschen“. Der legendäre Kicker der Buffalo Bills hätte ein Superstar werden können, unsterblich. Wenn er damals kurz vor Schluss das Lederei aus 47 Yards zwischen die Torstangen getreten hätte im NFL-Finale gegen die New York Giants. Und nicht rechts vorbei.

Auch Rauch musste treffen, wie der arme Norwood aus 47 Yards Entfernung, das sind ungefähr 43 Meter. 53:53 hieß es nach turbulentem Spielverlauf gegen die Kiel Baltic Hurricanes, 34 Sekunden blieben noch. Der Sieger ist deutscher Meister im American Football. Mehr Druck geht für einen Sportler eigentlich nicht. 

Doch Rauch blieb cool. „Wenn ihr den Ball sauber hinstellt, mache ich ihn rein“, hat er zu seinen Helfern gesagt. Und sie haben den Ball sauber hingestellt. Einen wuchtigen, präzisen Tritt später führten die Schwäbisch Hall Unicorns 56:53, Kiels letzten Angriffsversuch stoppte ebenfalls Rauch mit einem brachialen Quarterback-Sack inklusive Fumble. 

Es war möglicherweise das Spiel seines Lebens, das wird Rauch erst in ungefähr drei Jahren genau wissen. Nach der WM 2015 und seinem wahrscheinlichen Karriereende. 30 ist der aus Geslau (Landkreis Ansbach) stammende Nationalspieler, bereits mit 14 siedelte er ins nahe Rothenburg um. Aus Fußball (in der C- und B-Jugend bei der SpVgg Ansbach) wurde irgendwann Football, „weil die Anforderungen höher sind“. Ein paar Kumpels aus der Tauberstadt nahmen ihn mal mit zu den Knights, seit 2005 verteidigt Rauch für Schwäbisch Hall. Mit ihm ging auch Oliver Radke, später folgte noch Maximilian Ilgner. 

Nicht nur im großen Berliner Finale packte das Trio aus Mittelfranken kräftig mit an, Defensivspezialist Rauch erzielte sogar 15 Punkte für den alten und neuen Champion. Dabei ist er als Kicker eigentlich nur dritte Wahl; da die beiden anderen zuvor etwas geschwächelt hatten, durfte im Halbfinale und Finale ausnahmsweise Rauch ran, so wie früher in Rothenburg. Mit seiner 100-prozentigen Trefferquote hat er sich nachdrücklich empfohlen, auch seine Nervenstärke genügt höchsten Ansprüchen. „Ich habe erst im Nachhinein realisiert, wie weit es war“, sagt Rauch am nächsten Tag. Und wahrscheinlich auch, wie viele Augen nur auf ihn gerichtet waren. 11200 Zuschauer im Berliner Jahn-Sportpark und ein paar Hunderttausend vor irgendwelchen Fernsehern (Eurosport übertrug live) sahen Rauch dabei zu, wie er Schwäbisch Hall zum Meister schoss.

Dabei sahen die Unicorns lange wie der sichere Verlierer aus. Anfang des letzten Spielviertels führte Kiel 53:38. „Da haben viele von uns schon die Köpfe hängen lassen“, sagt Rauch mit rauchiger Stimme; etwa neun Stunden war ihr Sonderzug unterwegs, dankenswerterweise ausgestattet mit einer Disco und zwei Bars. Bis in die frühen Morgenstunden wurde mit den Fans gefeiert, heute gibt es am Marktplatz einen Empfang.

Thomas Rauch freut sich drauf. ebenso auf die trainingsfreie Zeit. Am 1. November will er erst wieder anfangen. „Das“, sagt Rauch, „gönne ich mir einfach.“

Keine Kommentare