Tyrala: Ein Kniefall vor der großen Karriere

20.1.2014, 05:59 Uhr
Tyrala: Ein Kniefall vor der großen Karriere

© Sportfoto Zink

Es war in der D-Jugend, als Roman Tyrala seinen Sohn einpackte und mit ihm von Bad Sassendorf nach Dortmund in die Adi-Preißler-Allee fuhr. Sebastian war zehn Jahre alt, aber sein Vater ahnte, dass in ihm mehr stecken könnte, als nur ein guter Jugendfußballer. Tyrala spielt vor, beim „Tag der Talente“ auf dem Trainingsgelände des BVB, dribbelt, schießt, rennt. Am Abend fahren sie wieder nach Hause. Und dann klingelt das Telefon.

Wenig später fährt Roman Tyrala viermal in der Woche seinen Sohn zum Training in die Adi-Preißler-Allee. 45 Minuten einfach, knapp sieben Stunden in der Woche sitzen sie im Auto. Dann geht alles schnell: Jugendnationalmannschaft, zweimal B-Jugendmeister. Bald trainieren Tyrala und sein bester Freund Nuri Sahin bei den Profis mit. Nur sechs Jahre nach diesem „Tag der Talente“ unterschreibt Tyrala mit 16 Jahren seinen ersten Profivertrag bei der Borussia.

Zweikampf mit Jan Koller

Im dritten Training ist die steile Karriere urplötzlich vorbei. Der 17- Jährige rauscht mit Jan Koller zusammen, 1,71 Meter und 70 Kilo treffen auf 2,02 Meter und 103 Kilo. Kreuzbandriss. Die Profikarriere hat noch gar nicht richtig begonnen.

Ein ganzes Jahr ist Tyrala verletzt, im September 2006 bestreitet er sein erstes Bundesligaspiel. Es gelingt ihm aber nicht mehr, zu alter Form zu finden. Tyrala spielt jetzt in der Regionalligamannschaft, nur sieben Bundesligaspiele bestreitet er für Dortmund, Kurzeinsätze.

„Ich bin auch nicht abgeneigt, in die zweite Liga zu gehen“, sagt er bald. Trotzdem debütiert er 2008 unter Leo Beenhakker im polnischen Nationalteam. Es bleibt bis heute sein einziger Einsatz, in einem Testspiel.

Mit 21 dann verlässt das ehemalige Riesentalent Dortmund, geht nach Osnabrück, zum Zweitligaaufsteiger. Nuri Sahin wird unterdessen Deutscher Meister mit dem BVB. Tyrala steigt mit Osnabrück wieder ab. Er sagt in Cottbus zu, gerät aber ins Grübeln. Seine Frau findet die Region Nürnberg attraktiver als die Lausitz. Also wechselt Tyrala im Juli 2011 zur Spielvereinigung Greuther Fürth. Er unterschreibt bis 2014. Nuri Sahin unterdessen bei Real Madrid.

Was dann für Tyrala folgt, ist nicht die Rückkehr zur fabelhaften Karriere, sondern eine fast endlose Leidenszeit. Er verletzt sich noch dreimal schwer am Knie, so oft, dass es für drei Karrieren reicht; September 2011 Knorpelschaden, September 2012 und März 2013 jeweils Kreuzbandriss.

In drei Jahren bestreitet der 25-Jährige acht Pflichtspiele fürs Kleeblatt. „Natürlich“, sagt Sebastian Tyrala, „fragst du dich: Warum immer ich? Aber das bringt ja nichts.“ 2010 war Vater Roman an Krebs erkrankt und gestorben. „Was ist ein Kreuzbandriss schon dagegen“, fragt Tyrala.

Seit dem Winter trainiert er endlich wieder mit, fühlt sich gut, hängt sich rein, dribbelt, schießt, rennt. Vor wenigen Wochen teilte ihm die Spielvereinigung trotzdem mit, den auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. „Ich kann ihnen das nicht übelnehmen, bei meiner Krankenakte“, sagt Tyrala. „Aber es tut schon weh, wir hängen sehr an dieser Stadt.“

Sein Sohn Lasse wurde in Fürth geboren, seine Frau Judith, die in Westfalen alles aufgab, um mit ihrem Mann nach Franken zu gehen, hat beruflich Fuß gefasst. Jetzt muss sich Sebastian Tyrala nach einem neuen Club umsehen. „Schön wäre es“, sagt er, „wenn mein Sohn mich heuer noch für Fürth spielen sehen könnte.“

Am Samstag, beim Test gegen Augsburg (0:2), als Tyrala zur Halbzeit eingewechselt wurde, haben die Mitspieler ihm die Spielführerbinde gegeben. „Ich habe keine Beschwerden mehr, auch keine Angst vor Zweikämpfen.“ Die ersten Anfragen gab es schon. Notfalls, sagt er jetzt, würde er auch in die dritte Liga gehen. „Noch ein bisschen Fußballspielen, das wäre schön.“ So wie am Samstagnachmittag, im Ronhof. „Mein kleiner Sohn“, sagt Tyrala, „war auch dabei, auf der Tribüne.“

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