Von Tirol über Gladbach bis Giesing: Der Club-Weg zum Titel 1968

1.4.2018, 20:12 Uhr
Meister wollte Max Merkel unbedingt werden mit dem 1. FC Nürnberg, sagte er bereits vor dem Auftakt. Nur wann, das sagte er nicht. Mit einem zweiwöchigen Trainingslager in Tirol und häufig drei Einheiten pro Tag, hatte er die konditionellen Voraussetzungen geschaffen. Nicht nur Franz Brungs glaubte zwischenzeitlich, sich übergeben zu müssen - sollte, wie die meisten anderen, aber von der Schinderei in den Bergen profitieren.
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Die Vorbereitung (18. Juli bis 18. August 1967)

Meister wollte Max Merkel unbedingt werden mit dem 1. FC Nürnberg, sagte er bereits vor dem Auftakt. Nur wann, das sagte er nicht. Mit einem zweiwöchigen Trainingslager in Tirol und häufig drei Einheiten pro Tag, hatte er die konditionellen Voraussetzungen geschaffen. Nicht nur Franz Brungs glaubte zwischenzeitlich, sich übergeben zu müssen - sollte, wie die meisten anderen, aber von der Schinderei in den Bergen profitieren. © Roland Fengler

Nach zwei eher mittelmäßigen Auftritten zum Saison-Auftakt (2:0 gegen Karlsruhe, gerade noch 2:2 in Neunkirchen) deutete der Club am 3. Spieltag erstmals an, dass in den nächsten Monaten tatsächlich ein Wunder geschehen könnte. Gegen Uwe Seelers HSV (Foto aus dem September 1968) erzielte Franz Brungs seine ersten beiden Saisontreffer, nach den 90 einseitigen Minuten stand der Club erstmals in seiner Bundesliga-Geschichte auf Platz eins. "47.000 Zuschauer restlos begeistert", stand in der Zeitung - nur einer schimpfte: Max Merkel. Weil es für seinen Geschmack noch zu viel Leerlauf gab. Die Meinung hatte der Wiener exklusiv.
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FCN - Hamburger SV 4:0 (3. Spieltag, 2. September 1967)

Nach zwei eher mittelmäßigen Auftritten zum Saison-Auftakt (2:0 gegen Karlsruhe, gerade noch 2:2 in Neunkirchen) deutete der Club am 3. Spieltag erstmals an, dass in den nächsten Monaten tatsächlich ein Wunder geschehen könnte. Gegen Uwe Seelers HSV (Foto aus dem September 1968) erzielte Franz Brungs seine ersten beiden Saisontreffer, nach den 90 einseitigen Minuten stand der Club erstmals in seiner Bundesliga-Geschichte auf Platz eins. "47.000 Zuschauer restlos begeistert", stand in der Zeitung - nur einer schimpfte: Max Merkel. Weil es für seinen Geschmack noch zu viel Leerlauf gab. Die Meinung hatte der Wiener exklusiv. © Hans Kamler

Der Deutsche Meister gegen seinen Nachfolger - was zu diesem Zeitpunkt außer Merkel ja noch niemand ahnen konnte. Selten sind die Braunschweiger derart an die Wand gespielt worden im eigenen Stadion: Bereits nach einer halben Stunde führte der Club mit 2:0 (Strehl, Brungs) und ließ fortan Ball und Gegner laufen. "Die Nürnberger", lobte auch Braunschweigs Trainer Helmuth Johannsen, "haben viel dazugelernt." Kurz vor Spielende erzielte Brungs den 3:0-Endstand. Der dritte Sieg in acht Tagen, der vierte in Serie, 11:1-Punkte. Und als Nächstes kam 1860 München dran. "Dös? Ja dös gibt a Schützenfest", scherzte Merkel noch im Eintracht-Stadion. Das Schützenfest wurde ein mühsames 1:1.
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Eintracht Braunschweig - FCN 0:3 (6. Spieltag, 16. September 1967)

Der Deutsche Meister gegen seinen Nachfolger - was zu diesem Zeitpunkt außer Merkel ja noch niemand ahnen konnte. Selten sind die Braunschweiger derart an die Wand gespielt worden im eigenen Stadion: Bereits nach einer halben Stunde führte der Club mit 2:0 (Strehl, Brungs) und ließ fortan Ball und Gegner laufen. "Die Nürnberger", lobte auch Braunschweigs Trainer Helmuth Johannsen, "haben viel dazugelernt." Kurz vor Spielende erzielte Brungs den 3:0-Endstand. Der dritte Sieg in acht Tagen, der vierte in Serie, 11:1-Punkte. Und als Nächstes kam 1860 München dran. "Dös? Ja dös gibt a Schützenfest", scherzte Merkel noch im Eintracht-Stadion. Das Schützenfest wurde ein mühsames 1:1. © NN-Archiv

Das Tief dauerte nicht lange. Dem 0:0 gegen Schalke folgten ein 5:1 gegen den VfB, ein 4:0 in Bremen, ein 4:1 gegen Kaiserslautern (Merkel: "Viel zu viel Leerlauf!") und ein 3:3 in Köln. Als noch ungeschlagener Spitzenreiter und mit sagenhaften 20:4-Punkten reiste der Club zum, nun ja, MSV Duisburg (Foto aus dem Rückspiel im April 1968) - und ging, wie die Nürnberger Nachrichten fanden, "mit fliegenden Fahnen unter". Nach der ersten Niederlage (0:2), entstanden aus einem umstrittenen Handelfmeter und einem Eigentor von Popp, reichte Merkel jedem seiner Spieler die Hand: "Ich bin nicht traurig, schließlich geht jede Serie einmal zu Ende."
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MSV Duisburg - FCN 2:0 (13. Spieltag, 11. November 1967)

Das Tief dauerte nicht lange. Dem 0:0 gegen Schalke folgten ein 5:1 gegen den VfB, ein 4:0 in Bremen, ein 4:1 gegen Kaiserslautern (Merkel: "Viel zu viel Leerlauf!") und ein 3:3 in Köln. Als noch ungeschlagener Spitzenreiter und mit sagenhaften 20:4-Punkten reiste der Club zum, nun ja, MSV Duisburg (Foto aus dem Rückspiel im April 1968) - und ging, wie die Nürnberger Nachrichten fanden, "mit fliegenden Fahnen unter". Nach der ersten Niederlage (0:2), entstanden aus einem umstrittenen Handelfmeter und einem Eigentor von Popp, reichte Merkel jedem seiner Spieler die Hand: "Ich bin nicht traurig, schließlich geht jede Serie einmal zu Ende." © Hans Kammler

Und dann, am ersten Adventwochenende: das Jahrhundertspiel! Der Erste erwartete den Zweiten. Endstand 7:3. Gegen den FC Bayern. Wer dabei war, wird es nie mehr vergessen. Siebendrei. Fünfmal Brungs, außerdem trafen Strehl und Volkert.
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FCN - Bayern München 7:3 (16. Spieltag, 2. Dezember 1967)

Und dann, am ersten Adventwochenende: das Jahrhundertspiel! Der Erste erwartete den Zweiten. Endstand 7:3. Gegen den FC Bayern. Wer dabei war, wird es nie mehr vergessen. Siebendrei. Fünfmal Brungs, außerdem trafen Strehl und Volkert. © Sven Simon

Nürnberg, ach was, Franken eskalierte, der Trainer auch: "Die Gegentore waren zu vermeiden", maulte Merkel, "die Überheblichkeit der Hintermannschaft in den letzten zehn Minuten hat uns das Resultat verdorben." Einen neuen Vertrag hat er trotzdem unterschrieben, bis 1972. Nettomonatsgehalt: 9890 Mark. So stand’s jedenfalls in den NN.
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FCN - Bayern München 7:3 (16. Spieltag, 2. Dezember 1967)

Nürnberg, ach was, Franken eskalierte, der Trainer auch: "Die Gegentore waren zu vermeiden", maulte Merkel, "die Überheblichkeit der Hintermannschaft in den letzten zehn Minuten hat uns das Resultat verdorben." Einen neuen Vertrag hat er trotzdem unterschrieben, bis 1972. Nettomonatsgehalt: 9890 Mark. So stand’s jedenfalls in den NN. © Hans Kammler, Archiv

Unerwartet holprig ging es im neuen Jahr weiter für den souveränen Herbstmeister, "ein neues Wahrzeichen seiner Stadt", wie die Süddeutsche Zeitung lobhudelte. Nach dem glücklichen Pokalerfolg in Leverkusen platzte Merkel der Kragen: Trainingslager, fünf Tage Hotel Merkur. Begründung: "Z’groß san’s woarn." Cebinac wollte er verkaufen, notfalls sogar verschenken ("Den geb’ ich ab. Seine Einstellung lass’ ich mir einfach nicht gefallen").
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Borussia Mönchengladbach - FCN 1:1 (22. Spieltag, 10. Februar 1968)

Unerwartet holprig ging es im neuen Jahr weiter für den souveränen Herbstmeister, "ein neues Wahrzeichen seiner Stadt", wie die Süddeutsche Zeitung lobhudelte. Nach dem glücklichen Pokalerfolg in Leverkusen platzte Merkel der Kragen: Trainingslager, fünf Tage Hotel Merkur. Begründung: "Z’groß san’s woarn." Cebinac wollte er verkaufen, notfalls sogar verschenken ("Den geb’ ich ab. Seine Einstellung lass’ ich mir einfach nicht gefallen"). © Hans Kammler

Nach dem 0:2 gegen Frankfurt, der ersten Heimniederlage seit fast einem Jahr, benötigte der Schiedsrichter Polizeischutz. Bloß ein Sieg (3:0 gegen Neunkirchen) und vier Punkte aus den ersten vier Spielen, der Vorsprung auf Verfolger Mönchengladbach schmolz langsam dahin - bis zum 1:1 im Topspiel eine Woche später. Selbst Sepp Herberger schwärmte von den diesmal abwehrstarken Gästen. Die Krise - wie weggegrätscht. "Wenn nichts Außerordentliches mehr passiert", ahnte Merkel, "müssten wir die Meisterschaft schaffen."
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Borussia Mönchengladbach - FCN 1:1 (22. Spieltag, 10. Februar 1968)

Nach dem 0:2 gegen Frankfurt, der ersten Heimniederlage seit fast einem Jahr, benötigte der Schiedsrichter Polizeischutz. Bloß ein Sieg (3:0 gegen Neunkirchen) und vier Punkte aus den ersten vier Spielen, der Vorsprung auf Verfolger Mönchengladbach schmolz langsam dahin - bis zum 1:1 im Topspiel eine Woche später. Selbst Sepp Herberger schwärmte von den diesmal abwehrstarken Gästen. Die Krise - wie weggegrätscht. "Wenn nichts Außerordentliches mehr passiert", ahnte Merkel, "müssten wir die Meisterschaft schaffen." © Harry Melchert/dpa

Es passierte aber Außerordentliches: Der Club taumelte weiter. So sehr, dass Anfang April, nach vier Spielen ohne Sieg, plötzlich Platz eins in Gefahr geriet. Die Stimmung? Ausgesprochen merkelesk. Starek zu dick, Cebinac faul, Popp und Wenauer der zwölfte und 13. Mann des Gegners.
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FCN - 1. FC Köln 2:1 (29. Spieltag, 6. April 1968)

Es passierte aber Außerordentliches: Der Club taumelte weiter. So sehr, dass Anfang April, nach vier Spielen ohne Sieg, plötzlich Platz eins in Gefahr geriet. Die Stimmung? Ausgesprochen merkelesk. Starek zu dick, Cebinac faul, Popp und Wenauer der zwölfte und 13. Mann des Gegners. © Friedl Ulrich

Wäre auch das Heimspiel gegen die Kölner um Wolfgang Overath in die Hose gegangen, hätten die Bayern bis auf einen Zähler heranrücken können. Besonders die Torschützen Volkert und Starek hatten etwas dagegen, Endstand: 2:1.
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FCN - 1. FC Köln 2:1 (29. Spieltag, 6. April 1968)

Wäre auch das Heimspiel gegen die Kölner um Wolfgang Overath in die Hose gegangen, hätten die Bayern bis auf einen Zähler heranrücken können. Besonders die Torschützen Volkert und Starek hatten etwas dagegen, Endstand: 2:1. © Friedl Ulrich

Rund fünf Wochen nach dem Pokal-Viertelfinale (2:1 für die Bayern) sah man sich wieder. Die Münchner hatten als Vierter bereits sechs Punkte Rückstand, einzig Werder Bremen konnte dem Club am vorletzten Spieltag noch gefährlich werden.
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Bayern München - FCN 0:2 (33. Spieltag, 18. Mai 1968)

Rund fünf Wochen nach dem Pokal-Viertelfinale (2:1 für die Bayern) sah man sich wieder. Die Münchner hatten als Vierter bereits sechs Punkte Rückstand, einzig Werder Bremen konnte dem Club am vorletzten Spieltag noch gefährlich werden. © Hans Kammler

Mit Blick auf das erniedrigende 3:7 hätten Beckenbauer und seine Freunde die Meisterschaft gerne noch mal spannend gemacht - mussten den Nürnbergern und ihren gut 10.000 Anhängern im Stadion an der Grünwalder Straße in Giesing hinterher aber mit Nelken gratulieren. 2:0 durch Franz Brungs und Heinz Strehl. Alles andere ging in der rot-schwarzen Glückseligkeit unter.
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Bayern München - FCN 0:2 (33. Spieltag, 18. Mai 1968)

Mit Blick auf das erniedrigende 3:7 hätten Beckenbauer und seine Freunde die Meisterschaft gerne noch mal spannend gemacht - mussten den Nürnbergern und ihren gut 10.000 Anhängern im Stadion an der Grünwalder Straße in Giesing hinterher aber mit Nelken gratulieren. 2:0 durch Franz Brungs und Heinz Strehl. Alles andere ging in der rot-schwarzen Glückseligkeit unter. © Sven Simon