Von Wabra bis Schöll: Die Club-Meisterspieler von 1968
15 Bilder 15.4.2018, 11:45 UhrRoland Wabra - Torwart und Linksaußen
Die Mama war streng dagegen, als ihr Sohn Rolli, Handballer beim TSV Schwabach, zum Fußball wechseln wollte. Aber der schon als Bub temperamentvolle Roland Wabra setzte sich durch - und trat 1957 als Torwart des 1. FC Nürnberg die Nachfolge des legendären Meistertorwarts Edi Schaffer an. Als Meister von 1961 und DFB-Pokalsieger von 1962 spielte Wabra 1967/68 die Saison seines Lebens, der gelernte Schneider wurde als bester Torwart der Liga gefeiert - ehe 1969 ein Muskelriss im Arm das Karriereende bedeutete. Wabra arbeitete als Versicherungsagent und kickte für seinen Heimatverein in Unterreichenbach weiter - als Linksaußen. Am 17. Oktober 1994 verunglückte er im Alter von 58 Jahren tödlich im Auto, als ihn auf der A6 ein Geisterfahrer rammte. © Erich Baumann
Horst Leupold - Der moderne Verteidiger
Der Fußballer Horst Leupold war seiner Zeit voraus, er stürmte schon mit, als es rechten Verteidigern noch verboten war, überhaupt nur die Mittellinie zu übertreten. Dem Club trat Leupold 1952 an seinem zehnten Geburtstag bei, feierte 1962 den Pokalsieg und hatte bis zu seinem Abschied 1972 nie für einen anderen Verein gespielt. Im Meisterjahr fehlte er - wie sonst nur noch Nandl Wenauer - keine einzige Minute, die Leidenschaft für den Fußball vererbte der treue Leo: Seine Tochter Claudia war lange Pressesprecherin beim TSV 1860 München. Heute ist Horst Leupold, der ein Lotto-Toto-Geschäft in Nürnberg führte, 76 Jahre alt und gehört zum Vereinsbeirat des 1. FC Nürnberg. © Erich Baumann
Ferdinand Wenauer - Fels in der Abwehr
Groß, stark, unerschrocken, schlau: Ferdinand Wenauer, 1954 mit 15 Jahren vom ASV Süd losgeeist, war als Mittelläufer ein Fels in der Abwehr - so gut, dass ihn nach Nürnbergs frühen Europacup-Nächten Real Madrid mit einem verführerischen Angebot lockte. Nandl Wenauer, Meister 1961 und 1968, Pokalsieger 1962 und viermaliger Nationalspieler, blieb Nürnberg bis 1972 für 706 Spiele treu, mehr bestritten für den Club nur Weltmeister Max Morlock und Luitpold Popp. "Es war eine herrliche Zeit mit internationalen Auftritten und heiteren Episoden", sagte er. Der gelernte Buchdrucker, der später ein Lotto-Toto-Geschäft führte und als Trainer arbeitete, starb am 27. Juli 1992 mit nur 53 Jahren an einer Thrombose. © Friedl Ulrich
Heinz Müller (vorne links mit Ball) - Der Kämpfer
Wie Fritz Popp kam Heinz Müller vom TSV 1860 Schweinau, war allerdings schon 23 Jahre alt, als er sich 1966 dem 1. FC Nürnberg anschloss – und durchstartete. Im Meisterjahr wechselte sich der gelernte Metall-Lackierer mit Gustl Starek auf der halblinken Position ab. Hanni Müller spielte bis 1972 für den Club – auch nach dem Abstieg 1969 mit ungebrochenem Elan. Die Vereinszeitung rühmte ihn als "Mann, der nie aufgibt". Müller ist heute 75 und lebt in Nürnberg. © Hans Kammler
August Starek - Mit Wiener Schmäh
Der schwarze Gustl aus Simmering, wie er wegen seiner Haarfarbe genannt wurde, brachte Wiener Charme nach Nürnberg. Gekommen 1967 vom österreichischen Meister Rapid Wien, beeindruckte der Nationalspieler August Starek im Mittelfeld mit spielerischer Eleganz - und mancher Portion Schmäh gegen den Zuchtmeister Merkel, weshalb der Trainer seinen Landsmann nach dem Meisterjahr gleich wieder aussortierte. 1969 feierte Starek mit Bayern München Meistertitel und Pokalsieg, 1971 kehrte er für ein Regionalliga-Jahr nach Nürnberg zurück. Später wurde Starek ein respektierter Trainer in seiner österreichischen Heimat. Heute ist er 73 Jahre alt und ein gefragter Fußball-Experte. © Erich Baumann
Heinz Strehl - Der Star, der keiner war
Heinz Strehl, der 1954 vom TV Gleißhammer gekommene Metzgersohn, wäre ein Star gewesen - hätte es so etwas schon gegeben. Der viermalige Nationalspieler und WM-Teilnehmer 1962, beim Club gefördert von seinem Idol Max Morlock, war schon 1961 Meister, 1962 Pokalsieger und im selben Jahr Torschützenkönig des europäischen Meisterwettbewerbs. Zum Titel 1968 trug Strehl als Halbstürmer 18 Tore bei. Seine Karriere endete 1969 in der Regionalliga, anschließend arbeitete er als Versicherungsagent. Beschrieben wird Strehl als feiner, sensibler und verletzlicher Mensch; er war am Ende oft einsam. Ihr Kapitän war der erste, den die Mitspieler begraben mussten. Am 11. August 1986 starb der große Heinz Strehl in Kalchreuth an Herz-Kreislauf-Versagen, er wurde nur 48 Jahre alt. © Friedl Ulrich
Zvezdan Cebinac (vorne) - Zick-Zack-Cebinac
Mit Partizan Belgrad hatte der (abgebrochene) Jura-Student Zvezdan Cebinac 1961 bis 1963 einen Meisterschafts-Hattrick in Jugoslawien gefeiert, 1967 kam der Rechtsaußen von der PSV Eindhoven nach Nürnberg; er betrieb ein Wirtshaus für Balkan-Spezialitäten und bildete mit Georg Volkert eine gefürchtete Flügelzange. Der außerordentlich beliebte vormalige Nationalspieler ("Zick-Zack-Cebinac", hieß ein populärer Schlachtruf) verließ den Club, zermürbt von Trainer Merkel, nach dem Abstieg 1969 und spielte noch zwei Jahre für Hannover 96. Am 18. Februar 2012 starb Cebinac im Alter von 72 Jahren in seiner schweizerischen Heimat, wo er 30 Jahre lang als Trainer gearbeitet hatte. © Roland Fengler
Franz Brungs - Das Goldköpfchen
Franz Brungs aus Bad Honnef war mit Borussia Dortmund 1964 ins Halbfinale des Europapokals der Landesmeister gestürmt, 1965 kam er nach Nürnberg, wo der Mittelstürmer als Goldköpfchen Legende wurde. Mit 25 Volltreffern (bis heute ein Nürnberger Hausrekord) war das blonde Energiebündel 1968 zweitbester Liga-Torschütze nach dem Kölner Hennes Löhr (27). Dass Trainer Merkel ihn anschließend nach Berlin zur Hertha abschob, war der Anfang vom Ende. 1971 kehrte Brungs für ein Jahr zum nur noch zweitklassigen Club zurück und blieb Franken treu. Er betrieb ein Lotto-Toto-Geschäft und arbeitete als Trainer, auch beim Fürther Kleeblatt. Bei Hessen Kassel entdeckte der heute 81 Jahre alte Brungs einen jungen Stürmer namens Dieter Hecking, der später ein erfolgreicher Trainer des 1. FC Nürnberg werden sollte. © Friedl Ulrich
Georg Volkert - Junior-Meister aus Ansbach
Georg Volkert, 1964 gekommen von der Spielvereinigung Ansbach, debütierte 1965 in der Bundesliga - nachdem ihm Eisenfuß Fritz Popp im Training den nötigen Mumm eingetrichtert hatte. Der elegante Linksaußen avancierte mit zwölf Einsätzen zum Rekord-Nationalspieler der 1968er-Meister. Nach dem Abstieg und einem Regionalliga-Jahr wechselte Schorsch Volkert zum Hamburger SV, mit dem er den Europacup der Pokalsieger und den DFB-Pokal gewann. 1981/82 spielte Volkert, geholt vom VfB Stuttgart, noch einmal für den 1. FC Nürnberg, für den er 1996 bis 1998 als Manager arbeitete. Heute ist der damals jüngste Meisterspieler 72 Jahre alt und führt in Ansbach eine Sportagentur. © Kammler
Gyula Toth (mit Decke) - Der Retter
Im Vorjahr als "Retter des Club" im Abstiegskampf gefeiert, weil er als Vertreter des gesperrten Wabra glänzend gehalten hatte, kam Gyula Toth im Meisterjahr nur einmal zum Einsatz - beim 3:3 in Köln, als Wabra verletzt ausschied. Toth, zuvor beim Fürther Kleeblatt im Tor, kam 1965 von Schalke 04 zum Club und musste im Sommer 1968 gehen. Der in Franken aufgewachsene Ungar blieb ein Herzens- Nürnberger, seine "große Liebe" nannte Toth, der später als Trainer arbeitete, zeitlebens den Club. Am 1. März 2014 starb der "Schwarze Panther", seit Jahrzehnten gezeichnet von der Parkinson’schen Krankheit, mit 72 Jahren zu Hause in Aschaffenburg. © Friedl Ulrich
Helmut Hilpert - Helmut Rahns Schatten
Helmut Hilpert kam 1952 mit 15 Jahren vom FC Hersbruck zum 1.FC Nürnberg, mit dem er 1961 die Meisterschaft und 1962 den DFB-Pokal gewann. Im ersten Bundesligajahr 1963/64 hatte der Verteidiger, der in Nürnberg eine Tankstelle betrieb, eine unvergessliche Begegnung - als er den zum Meidericher SV gewechselten 1954er-WM-Helden Helmut Rahn zum Statisten machte. 1968 war der Schwager von Verteidiger Horst Leupold ein Ergänzungsspieler, viermal kam Hilpert noch zum Einsatz, danach vergraulte Max Merkel auch ihn. Hilpert führte ein Lotto-Toto-Geschäft in Nürnberg, er starb am 15. Juni 1997 überraschend mit 59 Jahren. © Hans Kammler
Hubert Schöll - Die Tragödie
Zweimal eingewechselt, einmal ausgewechselt: In drei Spielen trug auch der 1964 vom ASV Neumarkt gekommene Fürther Hubert Schöll zum Meisterglück bei. Nach 1968 spielte der kampfstarke Verteidiger noch zwei Jahre für den Hamburger SV, sein Leben endete tragisch: Verstrickt in undurchsichtige Geschäfte und offenbar von Schulden geplagt, erschoss sich Schöll, 46 Jahre alt, am 23. November 1992 auf der Hardhöhe in Fürth. © dpa