Wenn der Sport verliert: Hockey als mahnendes Beispiel

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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13.9.2020, 17:58 Uhr
Kapitän Frederic Wolff und sein Team haben sich in einem Schreiben an den Hockeybund gewandt.

© Sportfoto Zink / WoZi Kapitän Frederic Wolff und sein Team haben sich in einem Schreiben an den Hockeybund gewandt.

Die Fußgängerzonen sind voll, in den Cafés sieht man die Menschen lachen, selbst die Urlaubsreise nach Italien ist wieder drin. Bei so viel Normalität vergisst man schnell, dass wir mitten in einer Pandemie leben, dass die Gefahren des Coronavirus noch lange nicht gebannt sind. Doch irgendwie muss es ja weitergehen, diese Worte hört man immer wieder. Worauf auch warten? Auf einen Impfstoff, der vielleicht irgendwann gefunden ist? Auf eine neue Normalität, die wir zu finden versuchen?

Nach entbehrungsreichen Monaten ohne geregelten Alltag wollen auch viele Sportler endlich wieder das machen, was sie so gerne tun: sich vergleichen, um Punkte streiten, jubeln und auch mal Tränen vergießen. Im Profifußball klappt das schon seit Monaten – weil die Aktiven permanent getestet und weitgehend von der Außenwelt abgeschirmt werden.

Das Beispiel der Hockey-Bundesliga zeigt allerdings, dass es nicht überall so einfach ist. Viel mehr zeigt sich daran exemplarisch das Problem, vor dem viele semiprofessionelle Sportarten in den nächsten Wochen und Monaten stehen werden. Denn kaum kein Verein kann und will es sich leisten, seine Spieler jede Woche testen zu lassen. Und ein Leben in einer Blase ist auch nicht möglich, wenn Spieler vor dem Training noch mehrere Stunden im Büro und Hörsaal sitzen oder sogar tagtäglich als Ärzte mit Risikopatienten zu tun haben wie zwei Spieler des NHTC.

Dem Verband fehlt die Weitsicht

Im konkreten Fall hätten die Nürnberger womöglich einen Punktabzug riskiert, wenn sie die weite Reise nach Hamburg nicht angetreten hätten. Das zeugt von wenig Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein eines Verbandes, der den Spielbetrieb in seinen Bundesligen offenbar mit aller Macht aufrechterhalten will – und dafür die Gesundheit seiner Sportler aufs Spiel setzt. Natürlich kann und will nicht jede Sportart bis ins kommende Jahr von der Bildfläche verschwinden wie es das Rugby entschieden hat, wo allen die Gesundheit wichtiger war als der sportliche Vergleich.

Doch der Deutsche Hockeybund täte gut daran, die Sorgen der Spieler ernstzunehmen. Wenn eine Mannschaft aus Angst vor weiteren Ansteckungen nur noch dezimiert antritt, ist an einen fairen Wettbewerb nicht mehr zu denken. Und am Ende verlieren alle.

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