Zur Belohnung ein Foto mit Andrea Petkovic

14.06.2013, 17:11 Uhr
Zur Belohnung ein Foto mit Andrea Petkovic

© Zink

Der Montag und der Regen haben Alexandra Hennig gut getan. In ihrem normalen Leben tun Hennig Regen und Montage wahrscheinlich selten gut, aber da ist sie ja auch Schülerin des Scharrer-Gymnasiums, sie ist Mannschaftsführerin der zweiten Frauentennis-Mannschaft des 1. FCN und vor allem ist sie 16. Für viele 16 Jahre alte Schülerinnen bestand das normale Leben am vergangenen Wochenende in Nürnberg aus einer kleinen Flucht zu Rock im Park. Hennig war auch da.

Am Montag, als Hennig ihr normales Leben dann gleich noch mal und gleich für eine Woche gegen ein anderes eintauschte, war sie deshalb vor allem: müde. Aber es nutzte ja nichts, Hennig hatte sich bereit erklärt, für eine Woche zum Ballkind zu werden beim WTA-Turnier am Valznerweiher. Ehrensache für Tennisspielerinnen wie Hennig, wobei natürlich der Begriff Ballkind fast schon ehrrührig ist bei einer 16-Jährigen.

Aber Hennig nimmt es entspannt, dass sie nun seit Montag bei jedweder Gelegenheit als Ballkind angesprochen wird. Wobei am Montag ja sowieso jeder so lange Ballkind sagen konnte wie er wollte, die Ballkinder konnten ja gar nicht zeigen, dass sie das sind: Ballkinder. Es regnete, regnete und regnete und die Ballkinder waren vor allem Wartekinder, weil nach Hause durfte ja niemand gehen, weil theoretisch hätte der Regen einmal ein Ende finden können.

Hat er dann nicht, aber Hennig hat ein wenig Ruhe gefunden und auf dem Schoß ihrer Schwester Sabrina ein kleines Nickerchen gehalten. „Ein wirklich nur sehr kleines Nickerchen“, sagt Hennig. Am Donnerstag scheint längst die Sonne über dem Valznerweiher, überall wird ständig Tennis gespielt und Hennig sagt: „Ich habe Muskelkater.“

Ihren Kollegen und Kolleginnen wird es nicht anders gehen. Knapp 50 Ballkinder, sagt Christoph Poehlmann vom Bayerischen Tennis-Verband, der für die Ballkinder verantwortlich ist, hätten sich vor dem Turnier bei ihnen gemeldet. Sie sind sehr zufrieden mit dieser Zahl, weil sie ja kaum Zeit hatten, das Turnier zu organisieren, nachdem spät feststand, dass die WTA in diesem Jahr in Nürnberg Station macht.

Am Donnerstag vor dem Turnier haben sie sich ein erstes Mal getroffen, Poehlmann und die Ballkinder. Es ging darum, den Jungen und Mädchen das Dasein als Ballkind zu erklären, wobei viele von ihnen beinahe Profis sind, weil sie Erfahrungen haben sammeln können bei den Männer-Turnieren in Fürth und Eckental.

Gesucht hatten sie die Ballkinder vor allem in den Tennisvereinen der Region, man kann sich, sagen sie beim BTV, jetzt schon bewerben für das nächste Jahr, sie können schließlich gar nicht genug Ballkinder haben. Der Turnier-Zeitplan kann sich schließlich nicht nach den Ballkindern richten, er wird auch bestimmt durch das Wetter und wenn es einen Tag lang regnet wie am Montag, dann müssen sie am nächsten etwas früher beginnen. Dann fehlen: viele Ballkinder. Es ist schließlich Schule in Nürnberg und den Lehrern ist es meist egal, ob einer Ballkind ist.

Der Schiedsrichter sorgt sich

Also haben sie die Spieltage oft mit einer Notbesetzung beginnen müssen, wer sich von der Schule befreien lassen konnte, war da und machte Ballkinder-Sachen. Bälle einsammeln, heißt das, oder einer der Spielerinnen ein Handtuch reichen, hauptsächlich aber müssen Ballkinder rennen, sehr viel rennen. Man kann deshalb verstehen, dass auch die Austrainierten unter ihnen da am Ende der Woche Muskelkater haben.

Oder sie leiden unter der Sonne, die für die meisten anderen das Turnier am Ende der Woche doch noch zu einem großen Vergnügen gemacht hat. Da haben die Ballkinder dann Glück, wenn sie auf einen Schiedsrichter wie Felix Torralba treffen. Torralba ist Profi-Schiedsrichter, er kennt sich aus mit Amateur-Ballkindern, er trifft sie ja fast jede Woche auf einem Turnier irgendwo in Europa.

Die Nürnberger Ballkinder, sagt Torralba, machen ihre Sache sehr gut. Manchmal allerdings machen sie es schon fast zu gut: Gestern Nachmittag leitete Torralba ein Doppel, als er sich plötzlich Sorgen um eines seiner Ballmädchen machte, das — mit hochrotem Kopf — nicht mehr den allerbesten Eindruck machte. Torralba rief sie zu sich, hörte, dass alles in bester Ordnung ist und schickte das Mädchen dann aber fürsorglich doch auf einen Arbeitsplatz, der etwas schattiger war.

Torralba spricht viel mit den Ballkindern, er ist sehr freundlich. „Ich will ihnen ein bisschen den Druck nehmen“, sagt Torralba, „die Spielerinnen sind ja doch manchmal etwas angespannt.“

Ach ja, die Spielerinnen: Hennig sagt, dass sie sich schon mitunter etwas abschaut, aber vielleicht auch den ein oder anderen Ball etwas anders ins Feld gespielt hätte. Ansichtssache, sicherlich, ansonsten fällt das Fazit fast durchweg positiv aus. Besonders nett fand aber Hennig die eine Spielerin, die sich tatsächlich jedes Mal ausdrücklich bedankt hat, wenn ihr Hennig das Handtuch brachte.

Also alles schön: „Das Turnier darf wieder kommen, die dürfen wieder kommen“, sagt Hennig, „und dann dürfen sie die Ballkinder vielleicht auch ein bisschen bezahlen.“

Keine Kommentare