Studentenwerk empfiehlt nach Fürth auszuweichen
15.08.2011, 16:00 Uhr „Das Zimmer ist klein und ganz schön teuer. Aber schreib das doch auch auf, besser als nichts.“ Laura aus Berlin, 18 Jahre alt, hat die Mappe mit den Immatrikulationsunterlagen noch unter den Arm geklemmt. Sie steht mit ihrer Mutter vor dem schwarzen Brett im Studentenhaus am Langemarckplatz und schaut sich Wohnungsanzeigen an.
An den meisten sind schon alle Zettel mit den Kontaktdaten der Vermieter abgerissen. „Vielleicht nehme ich erst einmal ein Zimmer zur Zwischenmiete“, sagt Laura, die ab dem kommenden Semester Medizintechnik studieren möchte. Schon bei der Recherche im Internet ist ihr aufgefallen: „Die Mieten in Erlangen sind relativ teuer.“
Die Wohnraumnot hat sich durch den doppelten Abiturjahrgang und die weggefallene Wehrpflicht verschärft. Um hohen Mieten auf dem privaten Wohnungsmarkt zu entgehen, bewerben sich viele Erstsemester beim Studentenwerk um einen Wohnheimplatz. Doch nur ein kleiner Teil kann aufgenommen werden. In der Henkestraße wird zwar pünktlich zum Wintersemester ein neues Wohnheim fertig gestellt, doch das reicht nicht. „Wie ein Sechser im Lotto“ — so hoch sei für ihn die Chance ein Wohnheimzimmer beim Studentenwerk zu bekommen, habe ihm eine Sachbearbeiterin gesagt, erzählt Alexander Seidling (19). Er hat Glück und kann auch erst einmal bei Verwandten unterkommen.
„Wir verwalten einen Mangel“, erklärt Otto de Ponte, Geschäftsführer des Studentenwerkes Erlangen-Nürnberg, und bezieht sich dabei vor allem auf den Beginn des Wintersemesters, wenn der Ansturm der Bewerber besonders groß ist. Das Studentenwerk will sicher gehen, dass die, die am dringendsten einen Wohnheimplatz benötigen, auch wirklich einen bekommen.
Deshalb gibt es strenge Maßstäbe zur Platzvergabe. Neben sozialen Kriterien ist es Pflicht Erstsemester im Erststudium zu sein. Dazu darf der Heimatort nicht im „pendelfähigen Umkreis“ Erlangens liegen. Der wird momentan auf rund hundert Kilometer eingeschätzt. Wer näher wohnt, hat schlechte Chancen.
Leben im Zelt?
Das gilt auch für Christine (18) aus dem Landkreis Amberg-Sulzbach. 75 Kilometer liegt ihr Heimatort von Erlangen entfernt. Doch Pendeln kommt nicht Frage: „Wir wohnen auf dem Land, man müsste den ersten Bus um sieben Uhr nehmen und wäre doch erst mittags in Erlangen.“ In solchen Fällen müssten Studenten ihre Situation detailliert darlegen und wenn die unzumutbar sei, werde das berücksichtigt, versichert de Ponte. Allerdings scheint absehbar, dass der Umkreis letztlich weit über hundert Kilometer liegen wird. Christine will sich jetzt an die Privatzimmervermittlung des Studentenwerkes wenden.
Auch auf dem privaten Wohnungsmarkt herrscht seit Beginn der Einschreibungen Ende Juli dichtes Gedränge. „Man muss alles Mögliche abklappern“, berichtet Ina Mauntel (19). Neben einem Antrag beim Studentenwerk hat sie sich auch bei einem anderen Wohnheim beworben: „Das ist aber auch schon ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht.“
Zusätzlich schaut sie sich im Internet um. „Um eine WG zu bekommen, muss man schnell sein“, erzählt sie. Oft scheint das Angebot größer zu sein als es in Wirklichkeit ist: „Viele nehmen ihre Anzeigen nicht raus, auch wenn das Zimmer schon vergeben ist.“
Das Studentenwerk rät Studenten, die in Erlangen keine Bleibe finden, zumindest vorübergehend in die Umgebung zu ziehen. „Wir haben gutes Potenzial in Fürth, dort gibt es eine hervorragende Verkehrsanbindung“, rät Otto de Ponte. Studenten, die sich das Pendeln nicht leisten wollen, bleiben sonst nur noch wenige Alternativen, denn auch auf dem freien Wohnungsmarkt ist günstiger Wohnraum in der Hugenottenstadt knapp.
Christine aus dem Landkreis Amberg-Sulzbach hat sich noch eine andere Lösung überlegt: „Wenn ich gar nichts finde, dann zelte ich eben“, meint sie lakonisch.