Faktencheck

Rückenschmerzen: Ist die Matratze schuld?

24.10.2023, 16:00 Uhr
Wer häufiger Rückenschmerzen hat, sollte einen Arzt aufsuchen.

© Christin Klose/dpa-tmn Wer häufiger Rückenschmerzen hat, sollte einen Arzt aufsuchen.

In diesem Artikel:

Es gibt viel Halbwissen über Rückenschmerzen. Vor allem, wie Sie die Schmerzen lindern oder diesen früh entgegenwirken können. Doch was stimmt wirklich?

Bewertung: "Stimmt nicht", sagt Professor Ingo Froboese von der Deutschen Sporthochschule Köln. Beschwerden am Kreuz hätten nichts mit dem Alter zu tun. Sie können in jeder Lebensphase auftreten.

Einer der häufigsten Gründe für Rückenschmerzen sei körperliche Inaktivität. "Schon 40 Prozent der 14-Jährigen klagen über Rückenschmerzen", so Froboese, der auf eine DAK-Studie verweist. Am meisten treten Rückenschmerzen bei 30- und 50-Jährigen auf.

Der Grund: In dieser Lebensphase litten die meisten unter psychischen Belastungen, die sich unter dem Druck der Leistungsgesellschaft noch verstärken können.

Bei vielen Menschen stimmt das Verhältnis von Arbeits- und privater Zeit nicht mehr. Dies zusammen mit körperlicher Inaktivität - und vielem Sitzen - begünstige Rückenschmerzen.

Bewertung: "Nein, harte Matratzen sind nicht per se ideal", sagt der Orthopäde Professor Bernd Kladny. Denn dabei besteht die Gefahr, dass der Rücken sich verspannt. Das führt unweigerlich dazu, dass die Beschwerden sich verstärken, so der stellvertretende Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).

Aber auch zu weiche Matratzen sind nicht empfehlenswert, da sie den Rücken nicht genügend abstützen und die Wirbelsäule durchhängen kann.

Zudem hindern sie die Bandscheiben daran, sich nachts zu erholen und mit Flüssigkeit zu füllen. Nicht selten sind Schmerzen im Bandscheibenbereich die Folge.

Es gibt mehrere Härtegrade bei Matratzen. Welcher der Richtige ist, hängt auch vom Körpergewicht ab. Allerdings sind die Härtegrade nicht normiert.

Folgende Angaben können als Orientierung dienen:

  • Härtegrad H2 – bis 80 Kilogramm Körpergewicht,
  • Härtegrad H3 – 80 bis 100 Kilogramm Körpergewicht,
  • Härtegrad H4 – 100 bis 150 Kilogramm Körpergewicht.

Aufgrund unterschiedlicher Körpergrößen und -gewichte sowie individueller Schlafbedürfnisse kann es keine Einheitsmatratze geben.

Berücksichtigen Sie diese Tipps:

  • Lassen Sie sich im Fachgeschäft beraten, welche Matratze für Sie geeignet ist.
  • Machen Sie vom Angebot des Probeliegens unbedingt Gebrauch.
  • Nach sieben bis zehn Jahren ist es Zeit für eine neue Matratze.

Bewertung: "Das stimmt nicht", so Kladny. Auch bei sportlich Aktiven können von jetzt auf gleich starke Rückenschmerzen auftreten. Mitunter sind diese sogar lähmend. "Die Ursache hierfür kann etwa eine einseitige Belastung des Körpers sein", erklärt Kladny.

Achtung: Auch falscher, sportlicher Ehrgeiz könne zu Rückenproblemen führen. "Man sollte seine körperlichen Grenzen kennen und akzeptieren."

Ungeachtet dessen ist Sport die beste Option, wie Sie sich vor quälenden Rückenschmerzen schützen können. Mehr Bewegung lässt sich übrigens auch oft problemlos in den Alltag einbauen. Zum Beispiel:

  • Öfters das Auto stehen lassen und stattdessen das Fahrrad nutzen oder zu Fuß gehen.
  • Mittags oder abends nach dem Essen einen Spaziergang machen.
  • Abends nicht untätig vor dem Fernseher sitzen, sondern sich dabei zum Beispiel dehnen und strecken oder auf der Stelle laufen.
  • Statt mit dem Aufzug zu fahren, besser Treppen steigen.
  • Im Stehen telefonieren und dabei hin und her gehen.
  • Am Schreibtisch öfters kleine Übungen einbauen, zum Beispiel mit den Schultern kreisen oder die Sitzposition häufig wechseln. Oder zwischendurch Aufstehen und ein paar Schritte gehen.
Bewegung hilft, aber auch Sportler können Rückenschmerzen haben.

Bewegung hilft, aber auch Sportler können Rückenschmerzen haben. © Christin Klose/dpa-tmn

Bewertung: "Ebenfalls falsch", sagt Kladny. Ideal ist ein häufiger Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und immer wieder Bewegung. "Auch zwischendurch hinlegen, wenn möglich, ist gut." Dabeistrecken Sie ihren Körper und dehnen zugleich die Muskeln.

Beim Sitzen kommt es nicht darauf an, stets in aufrechter Körperhaltung zu sein. "Sich zwischendurch ruhig auch einfach mal hinlümmeln, ist völlig in Ordnung", so Kladny.

Die ideale Mischung könnte so aussehen:

  • 20 Minuten sitzen Sie,
  • alle 2 Minuten dehnen oder strecken Sie sich währenddessen,
  • alle 30 Minuten stehen Sie acht Minuten lang.

Wer viel am Schreibtisch arbeitet, sollte über einen elektrisch verstellbaren Arbeitstisch nachdenken. So können Sie mühelos zwischen Sitzen und Stehen wechseln. Oft unterstützt der Arbeitgeber eine Anschaffung. Eine Anfrage beim Chef kann sich also lohnen.

Tipp: Erinnern Sie sich mit einem Zettel, den Sie an der Wand auf Augenhöhe befestigen, dass Sie sich zwischendurch dehnen und strecken oder ein paar Schritte gehen wollten.

Bewertung: "Nein, das stimmt nicht", sagt der Orthopäde Professor Hans-Raimund Casser. In 80 Prozent der Fälle haben chronische Rückenschmerzen muskuläre Ursachen. "Da würde eine Operation rein gar nichts bringen", so der ärztliche Direktor des DRK-Schmerzzentrums Mainz ist Mitglied des Präsidiums der Deutschen Schmerzgesellschaft.

Eine OP kann bei Rückenbeschwerden durchaus eine Notwendigkeit oder eine Option sein, wenn zum Beispiel instabile Brüche der Wirbelkörper, eitrige Entzündungen oder knöcherne Einengungen mit Schädigung der Nerven vorliegen sowie bei Tumoren.

Wenn Beschwerden nicht durch konservative Maßnahmen wie etwa eine Physiotherapie nachlassen, dann bedeutet das nicht, dass automatisch eine Operation sinnvoll ist.

"Zur Operation gehört immer eine strenge Indikationsstellung, das heißt, eine klar zu definierende, schmerzauslösende Strukturveränderung, die durch eine Operation beseitigt oder entschärft werden kann", so Casser.

Welche Behandlung für Sie am besten eignet ist, sollte immer ein Arzt im konkreten Fall entscheiden. Bevor Sie einer Operation zustimmen, sollten Sie im Zweifel noch eine ärztliche Zweitmeinung einholen.

Abwechlung für den Rücken: Beim Telefonieren stehen oder bewegen.

Abwechlung für den Rücken: Beim Telefonieren stehen oder bewegen. © Christin Klose/dpa-tmn

Bewertung: Osteoporose bedeutet so viel wie Knochenschwund. Bei dieser Erkrankung unterschreitet die Knochendichte einen bestimmten Wert – bei Medizinern als Osteoporose-Wert oder T-Score bekannt.

An Osteoporose erkranken vor allem ältere Menschen. "Aber nicht nur Frauen, sondern zunehmend auch Männer trifft es", so Froboese. Bei einer Osteoporose ist der Knochenstoffwechsel gestört. Es kann zu Brüchen an den Wirbelkörpern kommen, die Rückenschmerzen auslösen.

Risikofaktoren sind laut Froboese neben dem Alter:

  • Hormonumstellung: Das liegt bei Frauen nach den Wechseljahren am Rückgang von Östrogen im Hormonhaushalt und bei Männern am Rückgang des Sexualhormons Testosteron.
  • Erbliche Veranlagung: Hatten schon die Eltern oder Großeltern Osteoporose, kann sie auch in der nächsten Generation auftreten.

    Was also tun?

"Osteoporose lässt sich nicht heilen, aber ihr Verlauf lässt sich verzögern", so Froboese. Je früher Frauen und Männer gegensteuern, desto besser.

Wichtig ist lebenslange körperliche Bewegung. "Mehrmals am Tag springen und hüpfen führt schon dazu, den Knochenstoffwechsel zu stimulieren und damit Gutes für die Gesundheit zu tun", so Froebose.

Bewertung: "Nein, Hexenschuss und Bandscheibenvorfall sind nicht das Gleiche", stellt Casser klar. Wobei die Ursache für einen Hexenschuss durchaus ein Bandscheibenvorfall sein kann.

Bei einem Hexenschuss haben Betroffene einen akuten heftigen Schmerz im Kreuz, der untere Rücken ist zumeist blockiert, erklärt Casser.

Auslöser können zum Beispiel diese Dinge sein:

  • eine ungünstige Bewegung beim Heben oder Tragen,
  • eine schlechte Körperhaltung,
  • ein Unfall.

Ein Hexenschuss tritt in der Regel plötzlich und heftig auf, heilt dafür aber nach einigen Tagen von selbst wieder aus.

Ist dies nicht der Fall, sollten Sie einen Arzt aufsuchen – eben weil dann hinter dem Hexenschuss ein Bandscheibenvorfall stecken könnte.

Auch hier gilt: Bewegungsmangel forciert einen Bandscheibenvorfall. "Sie sollten so viel wie möglich körperlich aktiv sein", so Casser.