Gesund durch den Sommer

Sieben Tipps: So schützen Sie sich und Ihre Familie vor Hitze

24.6.2023, 05:38 Uhr
Die ersten Sonnenstrahlen heben die Stimmung.

© Christin Klose/dpa-tmn Die ersten Sonnenstrahlen heben die Stimmung.

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Planschende Kinder im See, Eis am Stiel, wärmende Sonnenstrahlen auf der Haut: Solche Bilder verbinden viele mit dem Sommer. Doch oft gehören auch heiße Temperaturen dazu. Laut der US-Klimabehörde NOAA war der Juli 2021 der weltweit wärmste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881.

Aufgrund der globalen Erderwärmung nehmen auch Hitzeperioden zu, die zur gesundheitlichen Bedrohung werden können. Lesen Sie hier, wie Sie Symptome erkennen und welche Maßnahmen helfen, um sich, Ihre Kinder und auch ältere Familienmitglieder zu schützen.

"Bei uns ist die erste Hitzewelle immer die gefährlichste. Kommt sie früh im Mai oder Juni, zieht das in der Regel deutlich höhere Komplikationen nach sich als Hitzewellen im August", erklärt Professor Clemens Becker, Internist am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart.

Der Grund: Der Körper ist noch nicht akklimatisiert, hatte also noch keine Möglichkeit, sich den neuen Temperaturverhältnissen anzupassen. Entscheidend ist hier die Dauer: Je länger die Hitzeperiode andauert, desto länger belastet sie den Organismus.

"Eine Hitzewelle, die sieben oder mehr Tage andauert, ist was anderes als eine, die nach drei Tagen vorbei ist", erklärt Becker. "Der Körper ist entsprechend länger mit dem Ausgleich der hohen Temperaturen beschäftigt, wodurch das Risiko von Hitzesymptomen steigt."

Aus diesem Grund sollten Sie Folgendes beachten:

  • Die erste Hitzewelle im Sommer ist mit noch mehr Vorsicht zu genießen als spätere - gerade an den ersten heißen Tagen sollten Sie darum lieber im Schatten bleiben. Oder sich eben in möglichst kühlen, verschatteten Räumen aufhalten.
  • Auch bei plötzlichen Temperaturumschwüngen - etwa auf einer Reise - gilt: Gönnen Sie dem Körper ein paar ruhige Tage zur Gewöhnung. Besonders, bevor Sie anstrengende Aktivitäten unternehmen.
  • Biometeorologe Professor Andreas Matzarakis vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung beim Deutschen Wetterdienst (DWD) rät während Hitzeperioden zu einem achtsamen Umgang mit sich selbst und anderen. Zumal diese künftig häufiger auftreten dürften.

"Der Mensch wird sich langfristig wohl an höhere Temperaturen anpassen, aber auch nicht an 40 Grad. Das heißt: Seine Anpassungsfähigkeit ist begrenzt", sagt Matzarakis.

Unabhängig von der Außentemperatur muss der menschliche Organismus konstant die Körpertemperatur auf etwa 37 Grad halten. Bei Hitze muss er Wärme abführen - durch verstärktes Schwitzen.

"Die Haut wird bei Temperaturen ab ungefähr 32 Grad verstärkt durchblutet, bis auf das Acht- oder Zehnfache", erklärt Becker. Das könne eine Reihe von Problemen hervorrufen. Die Organe würden dadurch herunterfahren und zum Beispiel Leber, Herz, der Verdauungstrakt oder das Gehirn nicht mehr richtig durchblutet.

Solche Probleme entstehen vor allem bei sehr jungen Menschen, also Säuglingen - und bei Älteren. Wer Vorerkrankungen oder ein geschädigtes Organ hat, spürt die Auswirkungen von Hitze häufig als erstes. Die Symptome treten laut Becker meist erst ab dem zweiten oder dritten Hitzetag auf, sind dann aber unbedingt ernst zu nehmen.

Zu den hitzebedingten Gesundheitsgefahren gehören unter anderem:

  • Überhitzung: Kann der Körper die Wärme nicht ausreichend abführen, steigt die Körpertemperatur und es kann zur Überhitzung kommen.

Klassische Anzeichen: Kopfschmerzen und Muskelprobleme, weil durch die verstärkte Durchblutung der Haut die Durchblutung der Muskeln vernachlässigt wird. Das kann zu Kraftlosigkeit führen.

Tipp: "Unbedingt Temperatur messen! Geht es in Richtung 39 Grad und mehr, sollte man sofort in die Notaufnahme oder den Notarzt rufen", rät Becker. Kommt es zu einem Hitzschlag, droht Lebensgefahr.

  • Hitzschlag: Er ist die gefährlichste Folge von Hitze. Die Körpertemperatur kann 40 Grad übersteigen, oftmals rast das Herz. Dieser Zustand kann zur Bewusstlosigkeit führen, weil das Regulierungssystem des Körpers zusammenbricht. Erkennbar ist er auch an der roten, heißen und trockenen Haut des Betroffenen.
  • Hitzekollaps: Der Blutdruck kann bei Hitze auf ein kritisches Niveau absinken. Die schlechtere Durchblutung des Gehirns ist eine Folge davon. Neben Schwindel und Kopfschmerzen kann das auch zu einem Kollaps mit kurzfristiger Bewusstlosigkeit führen.
  • Hitzekrämpfe: Meistens treten Krämpfe in den Muskeln bei zu viel Anstrengung auf. Oft entstehen sie, wenn der Körper durch übermäßiges Schwitzen mit dem Schweiß zu viel Salz verliert.

Tipp: Dann helfen elektrolytehaltige Getränke, Ruhe und eine kühle Umgebung. Wenn die Krämpfe nach einer Stunde nicht nachlassen, gehen Sie zur Abklärung besser zum Arzt, rät der Deutsche Wetterdienst.

  • Sonnenstich: In der prallen Sonne riskieren Sie einen Sonnenstich. Dabei entzünden sich die Hirnhäute. Das Ganze kann auch zu einem Hirnödem, also zu einer Schwellung des Hirngewebes führen. Symptome sind Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.

Tipp: Schnelle Kühlung ist wichtig, zum Beispiel mit nassen Tüchern auf der Stirn. Unbedingt in den Schatten gehen. Eine Kopfbedeckung kann vorbeugend schützen, sofern sie nicht zu dick und fest ist. Andernfalls kann sich die Hitze darunter stauen.

  • Hitzeausschlag: Von Hitzepickeln sind vor allem Babys und Kleinkinder betroffen. Die kleinen, roten Pickelchen oder Bläschen sind eine Reaktion der Haut auf die verstärkte Schweißabsonderung. Sie sind nicht gefährlich, aber lästig.

    Tipp: Sie sollten die betroffenen Stellen trocken halten und keine Salben oder Cremes darauf verteilen, sondern allenfalls Talkumpuder. Der feine Puder saugt Nässe auf.

Wichtig: Werden Kinder bei Hitze apathisch, sollten Eltern schnell reagieren. Erste-Hilfe-Maßnahmen sind Schatten, Ruhe und Beine hochlegen. Im Zweifelsfall den Kinderarzt aufsuchen.

Eine Kopfbedeckung kann vor einem Sonnenstich schützen.

Eine Kopfbedeckung kann vor einem Sonnenstich schützen. © Silvia Marks/dpa-tmn

"Nur Mitteleuropäer und Esel gehen mittags in die Sonne", sagt Andreas Matzarakis, der in Griechenland geboren ist. Er befasst sich schon sein ganzes Berufsleben mit Hitze und Klima und rät: "Wir müssen Hitze vermeiden und unser Verhalten entsprechend ändern."

Mit diesen Tipps meistern Sie den Alltag auch an heißen Tagen:

1. Anstrengung vermeiden: Hitze ist für den Körper eine Belastung. Zusätzliche Anstrengungen wie Gartenarbeit oder eine Laufrunde sollten Sie vermeiden. Verschieben Sie solche Aktivitäten besser auf den frühen Morgen oder Abend, wenn es kühler ist.

"Was man wirklich nicht machen sollte, ist bei Hitze ein Lauf von zehn Kilometern oder mehr in der Sonne. Wer dann noch Sport treibt, riskiert seine Gesundheit", warnt Becker. "In so einer akuten Belastungssituation können vor allem Herz-Rhythmus-Probleme auftreten, bis zum Kammerflimmern", erklärt der Mediziner.

Auch bei Kindern und Jugendlichen kann insbesondere Ausdauersport im Sommer zum Gesundheitsrisiko werden, so die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). Auch der Nachwuchs sollte also die Dauer und Intensität von Belastungen reduzieren.

Übrigens: Ältere Menschen können sich an Hitze nicht mehr so gut anpassen. Sie schwitzen oft weniger und haben weniger Durst. "Achten Sie auf Ihre Mitmenschen und ältere Familienmitglieder und bieten Sie Hilfe an", sagt Professor Matzarakis.

Achtung: Spätestens, wenn gesundheitliche Beschwerden wie Schwindel oder Übelkeit auftreten, müssen Sie die Belastung sofort abbrechen.

2. Lüften und kühlen: Tagsüber sollten Sie die Wohnung so gut wie möglich vor Hitze schützen. Wichtig: "Ich lüfte nur, wenn es draußen kühler ist als drinnen. Tagsüber besser alles verschatten und verschließen, um die Innenräume kühl zu halten", sagt Matzarakis.

Tipp: Ist es trotzdem noch zu heiß, können Ventilatoren oder Klimaanlagen helfen.

3. Trinken: Bei Hitze benötigt der Körper gut einen halben Liter mehr als die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen 1,5 Liter pro Tag. Erwachsene sollten also mindestens 2 Liter pro Tag trinken.

Kinder benötigen laut DGE etwa 1 Liter Flüssigkeit pro Tag. An heißen Tagen empfehlen die Experten mindestens 1,5 Liter.

Tipp: Viele Kinder merken nicht, dass sie durstig sind. Erinnern Sie die Kleinen also am besten immer wieder daran zu trinken.

Als Durstlöscher eignen sich vor allem:

  • Wasser
  • selbstgemischte Saftschorlen - ein Teil Saft, mindestens drei Teile Wasser
  • abgekühlter, ungesüßter Tee

Wer zu beschäftigt ist, um sich und seine Familie regelmäßig ans Trinken zu erinnern, kann dafür kostenlose Apps nutzen - etwa Aqualert: Water Tracker Daily, Daily Water oder Water tight.

Bei hohen Temperaturen müssen wir mehr trinken.

Bei hohen Temperaturen müssen wir mehr trinken. © Robert Guenther/dpa-tmn

4. Die Kleinen runterkühlen: Nicht ohne Grund sind Badeseen und Freibäder bei Hitze gut besucht. Wasser verspricht nicht nur Spaß, sondern auch Abkühlung. Planschbecken, Wasserbombenschlacht, Spritzpistolen, Eis essen - alles Dinge, die die meisten Kinder lieben und mit denen Sie ihnen die heißen Tage leichter machen.

Tipp: Achten Sie darauf, dass die Kinder nicht zu lange in der Sonne sind. Das Portal Kindergesundheit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät, Babys im ersten Lebensjahr grundsätzlich aus direkter Sonne fernzuhalten.

Über den UV-Index vom Bundesamt für Strahlenschutz sehen Eltern, wie stark die Sonneneinstrahlung aktuell in ihrer Region ist.

Wasser ist eine gute Abkühlung für Kinder.

Wasser ist eine gute Abkühlung für Kinder. © Benjamin Nolte/dpa-tmn

5. Duschen: Eine Dusche kann helfen, den Körper abzukühlen. Das ist besonders angenehm vor dem Zubettgehen. Wichtig ist dann nur: "Das Wasser sollte besser nicht kalt, sondern lauwarm sein, weil die Durchblutung sonst zusätzlich angekurbelt wird", erklärt Becker.

Tipp: Die Haut anschließend nur trockentupfen. Wenn die Feuchtigkeit verdunstet, erfrischt das zusätzlich.

6. Gut schlafen: Damit Sie auch im Sommer erholsam schlafen, sollten Sie nach 18 Uhr auf schwer verdauliche Mahlzeiten verzichten. Greifen Sie lieber zu leichter Kost wie Suppen, Salaten, gegartem Gemüse oder Joghurt- und Quarkspeisen.

Schlafen Sie nachts aufgrund der Wärme schlecht, stehen Sie morgens bereits gerädert auf. Steigen am Tag dann die Temperaturen weiter an, schlaucht das noch mehr als im ausgeruhten Zustand.

Um dieses Schema zu durchbrechen, rät Utz Niklas Walter, Leiter des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG): "Zum Schlafen das kühlste Zimmer der Wohnung nehmen." Die meisten Menschen könnten am besten bei 16 bis 18 Grad schlafen.

Tipp: Bett- und Nachtwäsche aus Naturstoffen wie Leinen und Seide kühlen und saugen den Schweiß auf.

7. Hitzewarnsystem prüfen: Der Deutsche Wetterdienst gibt für einzelne Landkreise von Mai bis September Hitzewarnungen heraus. Professor Matzarakis hat dieses System maßgeblich mitentwickelt: "Wir beziehen viele Faktoren bei der Hitzewarnung mit ein."

  • die Temperatur
  • die gefühlte Temperatur
  • die Wirkung der Hitze
  • die Feuchte des Windes
  • die Hitzesterblichkeit, also die Anzahl der Todesopfer, die sich auf Hitze zurückführen lassen.

Tipp: Hitzewarnungen können Sie über den Newsletter und die Hitzewarn-App des DWD beziehen.

Chronisch kranke Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten einmal die Präparate mit ihrem Arzt oder Apotheker durchgehen, bevor der Sommer beginnt, empfiehlt Professor Becker.

Denn die Einnahme mancher Medikamente kann bei hohen Temperaturen schädlich sein. Bei Hitzeperioden kann es daher sinnvoll sein, einige Medikamente zu reduzieren oder sogar zu pausieren.

Der Mediziner nennt zwei Beispiele:

  • "Tragen Menschen mit chronischen Schmerzen Schmerzpflaster auf der Haut, können sie bei Hitze die achtfache Dosis abbekommen. Das kann zu einer Opiatvergiftung führen", erklärt Becker.
  • "Diabetiker sind häufig nicht darüber informiert, dass das Insulin beim Spritzen durch die verstärkte Durchblutung der Haut bei Hitze viel schneller anflutet als normal", erklärt der Experte. Daraus kann eine Unterzuckerung entstehen.