Blutdruck, Magen, Schlaf

Wirkung und Genuss: So gesund ist Kaffee

15.2.2024, 16:00 Uhr
Gesunder Genuss ist auch beim Kaffee möglich.

© Christin Klose/dpa-tmn Gesunder Genuss ist auch beim Kaffee möglich.

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In Afrika und Arabien nutzten einst Heiler Kaffee als Medizin. Aber wer es übertreibe, warnten britische Ärzte schon im 16. Jahrhundert, dem bringe das geheimnisvolle Gebräu Schwindel, Schlafstörungen und Melancholie. Heute wissen Forscher vieles besser. Immer mehr zeigt sich: Kaffee kann sogar gesund sein - wenn man ihn in Maßen trinkt und einige Regeln beachtet.

Das liebste Getränk der Deutschen enthält mehr als 1000 verschiedene Stoffe:

  • Kohlenhydrate
  • Eiweiße
  • Öle
  • Säuren
  • Mineralstoffe

Kaffee liefert dem Körper

  • Kalium,
  • Magnesium und
  • Kalzium, so der Deutsche Kaffeeverband - allerdings in so geringen Mengen, dass Menschen damit nicht ihren Tagesbedarf decken.
  • Wichtiger sind die Chlorogensäuren, die antioxidativ wirken, also freie Radikale unschädlich machen. Ihr Gehalt ist in hell gerösteten Kaffees noch höher als in dunklen. Denn je länger die Bohnen geröstet werden, desto mehr Säuren werden abgebaut.

Viele der 850 Aromastoffe im Kaffee entstehen erst beim Rösten der Bohnen - genauso wie das Vitamin Niacin und die Melanoidine, die braunen Farbstoffe im Kaffee. Auch sie wirken antioxidativ und liefern Ballaststoffe für den Darm. "Mit 28 Espressi am Tag könnte ich meinen gesamten Ballaststoff-Haushalt decken", scherzt die Lebensmittelchemikerin Sara Marquart, die über die Entstehung der Bitterstoffe im Kaffee an der Technischen Universität in München promoviert hat.

Rund 100 Aromastoffe, die die typische, einmalige Bitterkeit von Kaffee ausmachen, sind bis heute nicht klar bestimmbar. Einen Bitterstoff dagegen kennen die Forscher mittlerweile recht gut: Koffein.

Das natürliche Schutzmittel des Kaffeebaums gegen Fressfeinde und Parasiten wirkt direkt auf unser zentrales Nervensystem. Es lässt das Herz schneller schlagen, treibt den Blutdruck nach oben, erweitert Blutgefäße und Bronchien, kurbelt die Verdauung an.

Eine Viertelstunde nach dem Trinken spüren wir die Wirkung. Wir werden:

  • wacher
  • aufmerksamer
  • konzentrierter
  • und die Stimmung steigt.

Sogar unsere Muskeln bringen mehr Leistung, besonders Ausdauersportler profitieren davon. Bis 2004 stand Koffein deshalb auf der Dopingliste.

In hohen Dosen allerdings wird Koffein giftig. Wer zu viel Kaffee trinkt, riskiere

  • Nervosität,
  • Herzrasen,
  • Schweißausbrüche und
  • Schlaflosigkeit, warnt Professor Bernd Schäfer, der Leiter der Fachgruppe Lebensmittel-Toxologie beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Bei Jugendlichen, die über längere Zeit zu viel Koffein aufnehmen, wurde vermehrt Bluthochdruck beobachtet.

Gefährlich kann Koffein besonders für Menschen mit einem genetischen Ionenkanaldefekt sein. Hohe Mengen Koffein in Form von Energiedrinks, gepaart mit Sport oder exzessivem Tanzen und oft auch Alkohol, können sie laut einer französischen Studie kollabieren lassen.

Mit viel Liebe und Milchschaum zubereitet.

Mit viel Liebe und Milchschaum zubereitet. © Soeren Stache/dpa/dpa-tmn

Das hängt von der Zubereitung ab - und von der Kaffee-Bohne:

  • Die Sorte Robusta enthält zwei bis drei Mal so viel Koffein wie Arabica.
  • Eine Tasse Filterkaffee ist in der Regel koffeinreicher als ein Tässchen Espresso.

Grundsätzlich können sich Kaffeetrinker am Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) orientieren.

  • Demnach sind Einzeldosen von 200 Milligramm Koffein unbedenklich.
  • Das entspricht ungefähr zwei Tassen Filterkaffee à 150 Milliliter.

Über den gesamten Tag verteilt dürfen wir sorglos die doppelte Menge schlürfen.

Aber Vorsicht: Auch in Tee, Kakao und Schokolade verbirgt sich Koffein. Beim Bestimmen des persönlichen Tageskonsums hilft Ihnen der Koffeinzähler des Bundeszentrums für Ernährung: Koffeinzähler

Für ernsthafte Kaffee-Aficionados ist es ein Sakrileg: Milch und Zucker in den Kaffee zu kippen und so den Geschmack zu zerstören.

Vielen aber schmeckt Kaffee nur so. Denn: "Zucker und Fett sind die Haupt-Antagonisten der Bitterkeit", erklärt Sara Marquart, die an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Molekularkaffee entwickelt. Das Fett umhülle die Rezeptoren für Bitterstoffe wie ein Mantel.

Auch die Wirkung ändert sich. Das Koffein löst sich in Milch und wird dadurch langsamer an den Körper abgegeben, es wirkt also länger. "Und Zucker haut den Insulinspiegel nach oben, regt den Kreislauf an und verdoppelt so den Effekt des Koffeins", sagt Sara Marquart.

Übrigens: Auf Koffein reagiert jeder anders. Manche haben schon nach einer Tasse Schlafprobleme. Daher lässt sich nicht pauschal sagen, ob jemand gut einschlafen kann, wenn er oder sie abends Kaffee getrunken hat. "Ich kann um zehn Uhr abends einen Kaffee trinken und ins Bett gehen", sagt Sara Marquart. Das hänge auch mit Gewöhnung zusammen.

Tipp: Am besten mal im Urlaub oder am Wochenende ausprobieren.

Wie viele Kenner trinkt Sara Marquart ihren Kaffee schwarz - vor allem, weil sie bei bis zu zehn Tassen pro Tag nicht zunehmen will. Denn während reiner Kaffee fast keine Kalorien hat, lassen Milch und Zucker den Energiegehalt kräftig nach oben schnellen.

"Ein Latte Macchiato mit Vollmilch entspricht in etwa einer Zwischenmahlzeit", sagt Silke Restemeyer. Die Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) warnt besonders vor Kaffeegetränken im Kühlregal, die häufig viel Zucker enthalten.

Schon der Duft von Kaffee wirkt auf viele anregend.

Schon der Duft von Kaffee wirkt auf viele anregend. © Robert Günther/dpa-tmn

Wer viel Kaffee trinkt, gewöhnt sich ans Koffein - und braucht immer mehr für den gleichen Effekt. "Eine Droge würde ich Kaffee nicht nennen", sagt Sara Marquart, "eher eine Neurostimulanz. Es raubt ja niemand einen Supermarkt aus, um an Kaffee zu kommen."

Süchtig seien starke Trinker eher nach dem Ritual: dem frisch aufgebrühten Kaffee am Morgen. Allerdings gibt es durchaus auch körperliche Entzugserscheinungen.

Wer regelmäßig viel Kaffee trinkt und ihn schlagartig absetzt, bekommt oft Kopfschmerzen, die mehrere Tage andauern können. "Der Morgenkaffee ist wie die Konterhalbe für Alkoholiker", sagt Marquart.

Kurzfristig: ja. Und zwar vor allem bei Gelegenheitstrinkern. Langfristig aber müssen die meisten Kaffeetrinker keinen Bluthochdruck fürchten, so die Deutsche Apotheken Zeitschrift. Bluthochdruck-Patienten wiederum sollten maximal drei Tassen pro Tag trinken - oder am besten gleich zu entkoffeiniertem Kaffee greifen.

Übrigens: Kaffee kann zwar die Niere anregen und den Harndrang kurzfristig steigern. Aber wer maßvoll Kaffee trinkt, nimmt dadurch Flüssigkeit auf. Laut DGE könnte er durchaus zur Flüssigkeitsbilanz dazu gerechnet werde. Kaffee wirkt also in der Regel nicht entwässernd.

Fazit: Wer Kaffee liebt, muss Herzinfarkte, Herzrhythmusstörungen und Schlaganfälle nicht fürchten - solange er oder sie es nicht übertreibt.

Für Schlaganfälle zeigte eine Metaanalyse von 36 Studien aus dem Jahr 2014 sogar, dass das Risiko bei einem moderaten Konsum von dreieinhalb Tassen pro Tag am niedrigsten war. Schützend könnten dabei die Antioxidantien im Kaffee wirken, so die Ärzte-Zeitung.

Gut gegen Stress: In Ruhe eine Tasse Cappuccino schlürfen.

Gut gegen Stress: In Ruhe eine Tasse Cappuccino schlürfen. © Soeren Stache/dpa/dpa-tmn

Beim Rösten der Bohnen bilden sich "eine ganze Reihe toxikologisch relevanter Stoffe, die sich in Tierexperimenten als krebserregend erwiesen haben", warnt Bernd Schäfer vom BfR.

Einer davon ist Acrylamid. Laut dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) stammt rund ein Drittel des täglich aufgenommenen Acrylamids aus Kaffee. Je heißer die Bohnen geröstet werden, desto höher ist der Gehalt.

Eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2018 senkte den Richtwert von 450 auf 400 Mikrogramm pro Kilogramm Röstkaffee. Laut einer Untersuchung der Zeitschrift "Öko-Test" (Ausgabe 10/19) haben damals alle getesteten Espresso-Kaffees diesen Wert einhalten.

Grenzwerte für vollkommen harmlose Menge gebe es allerdings nicht, sagt Silke Restemeyer von der DGE. Ein Richter in Kalifornien wollte sogar Warnungen vor Krebs auf Kaffeebecher drucken lassen.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung rät zu Arabica-Bohnen, die tendenziell weniger Acrylamid enthalten als Robusta. Und der Deutsche Kaffeeverband empfiehlt länger und dunkler geröstete Bohnen - wer sich unsicher ist, sollte einfach in der Rösterei nachfragen. Denn sie enthalten weniger Acrylamid.

Auch Furan bildet sich beim Rösten und gelte als krebserregend, erklärt Bernd Schäfer vom BfR. Und Kaffee ist die Hauptquelle für Erwachsene. Zum Glück verflüchtige sich das meiste Furan bereits beim Aufbrühen in der klassischen Filtermaschine, sagt Schäfer. Er rät: die Tasse vor dem ersten Schluck ein paar Minuten stehen lassen.

Insgesamt stufte die Internationale Krebsagentur (IARC) in einem 2016 veröffentlichten Bericht Kaffee als "nicht klassifizierbar bezüglich seiner Kanzerogenität für Menschen" ein.

Frühere Warnungen resultierten aus Studien, die durch den ungesunden Lebensstil starker Kaffeetrinker verzerrt waren: Viele waren und sind auch Raucher. Die IARC fand sogar Hinweise, dass Kaffee das Risiko für Leber- und Gebärmutterkrebs senken kann.

Tipp: Wer viel Kaffee trinkt, kann sein Krebsrisiko ganz einfach verringern - indem er ihn etwas abkühlen lässt. Denn über 65 Grad heiße Getränke können Speiseröhrenkrebs verursachen.

Schwarz wie die Nacht, aber ist dieser Kaffee auch bekömmlich?

Schwarz wie die Nacht, aber ist dieser Kaffee auch bekömmlich? © Karl-Josef Hildenbrand/dpa-tmn

Koffein regt die Produktion von Magensäure an. Für Menschen mit empfindlichem Magen gibt es spezielle Naturmilde oder Schonkaffees, die weniger Säuren und Reizstoffe enthalten. Auch ein Umstieg von Filterkaffee auf Espresso kann sinnvoll sein.

Generell seien Arabica-Bohnen und dunkel geröstete Kaffees bekömmlicher, erklärt Silke Restemeyer von der DGE. Denn sie enthielten weniger Chlorogensäure. Und vielen helfe schlicht ein Schluck Milch im Kaffee.

Tatsächlich fanden unterschiedliche Wissenschaftler Hinweise, dass Antioxidantien, Kafestol und Kahweol sowie Koffein und andere Stoffe im Kaffee vor einer ganzen Reihe von Krankheiten schützen könnten:

  • Diabetes
  • Leberfibrose und -zirrhose
  • Gallensteine
  • Asthma
  • Parkinson
  • Alzheimer
  • Depressionen

Entscheidend ist aber immer, den Kaffeegenuss mit einem gesunden Lebensstil zu kombinieren: ausgewogen essen, Sport treiben, Alkohol und Zigaretten meiden. Dann darf es auch mal ein Tässchen mehr sein.