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Realität vs. Wahrnehmung: Alles fühlt sich teurer an - dabei ist es das gar nicht

21.02.2025, 10:46 Uhr
Ein Blick auf den Bon kann nach dem Einkauf zu bösen Überraschungen führen.

© iStock/Prostock-Studio Ein Blick auf den Bon kann nach dem Einkauf zu bösen Überraschungen führen.

Im letzten Jahr war Butter so teuer wie noch nie. Auch für Olivenöl mussten Verbraucher und Verbraucherinnen zuletzt deutlich tiefer in die Tasche greifen als gewohnt. Ob beim Bezahlen an der Supermarktkasse oder an der Zapfsäule, gefühlt wird alles teurer. Doch die Inflation in Deutschland lag im letzten Jahr laut Statistischem Bundesamt im Schnitt bei 2,2 Prozent. Wie passt also eine moderate Inflation mit dem Gefühl zusammen, dass ständig alles teurer wird? Der Grund für diese Diskrepanz ist der Unterschied zwischen persönlicher und tatsächlicher Inflation.

Wie sich die Wahrnehmung von der Realität unterscheidet

Die amtliche Inflationsrate wird auf Grundlage eines standardisierten Warenkorbs berechnet, der etwa 700 verschiedene Produkte umfasst. Darunter befinden sich Lebensmittel, Mieten, Energie und Versicherungsprämien. Doch im Alltag nehmen Verbraucher nicht den gesamten Warenkorb wahr, sondern vor allem jene Preise, die sie regelmäßig bezahlen oder besonders aufmerksam verfolgen. So ergab eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (DIW), dass die gefühlte Inflation im Durchschnitt bei 15,3 Prozent lag.

Laut Torsten Bornemann von der Goethe-Universität Frankfurt kann man diesen Effekt wie folgt erklären. Im "Hessischen Rundfunk" (HR) sagte er, dass Menschen eben nicht täglich neue Elektrogeräte kaufen oder Versicherungen abschließen, Preissprünge bei Grundnahrungsmitteln oder Kraftstoff aber sofort bemerken würden. Preissteigerungen in diesen Bereichen hätten also eine weit größere Wirkung auf das subjektive Empfinden, als es ihre Gewichtung in der Inflationsberechnung vermuten ließe.

Diskrepanz zwischen tatsächlicher und gefühlter Inflation

Ein Blick auf die offiziellen Zahlen zeigt, dass die Preise 2024 leicht gestiegen sind. Die Verbraucherpreise insgesamt stiegen um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, während sich Lebensmittel um 1,9 Prozent verteuerten. Doch einzelne Posten aus der Warengruppe der Lebensmittel verteuerten sich überdurchschnittlich. So stiegen die Preise von Speisefetten und Speiseölen, zu denen auch Butter und Olivenöl gehören, 2024 im Schnitt um 10,3 Prozent.

Die Preise für Energie fielen 2024 durchschnittlich um 3,2 Prozent. Benzin war Mitte des letzten Jahres so günstig zu haben wie lange nicht mehr. Das lag vor allem an einer weltweit schwächelnden Konjunktur. Öl, der Schmierstoff der Wirtschaft, wurde weniger nachgefragt, weshalb die Preise auf dem Rohölmarkt sanken. Doch gegen Ende des Jahres zogen sie wieder an, weshalb Benzin an der Tankstelle wieder deutlich teurer ist.

Auch Versicherungen verteuerten sich überdurchschnittlich. Im Schnitt wurden sie 2024 um 13,2 Prozent teurer. Aber Versicherungen schließt man nicht jede Woche ab, Lebensmittel kauft man dagegen viel häufiger, und auch die Fahrt zur Zapfsäule findet regelmäßiger statt. Aus diesem Grund fallen einzelne Posten des Warenkorbs, der für die Berechnung der Inflationsrate dient, bei Verbraucherinnen und Verbrauchern weniger ins Gewicht als andere. Und daraus ergibt sich der Unterschied von persönlicher und tatsächlicher Inflation. Diese Verzerrung zeigt sich besonders bei Produkten, die häufig gekauft werden. Seit 2020 haben sich die Preise für Olivenöl um 98,6 Prozent erhöht, für Zucker um 71,3 Prozent und für Mehl um 48 Prozent.

Verluste werden stärker wahrgenommen als Gewinne

Ein zentraler psychologischer Faktor beeinflusst die Wahrnehmung zusätzlich: Verluste wiegen emotional schwerer als Gewinne. Das bedeutet, dass gesunkene Heizkosten kaum wahrgenommen werden, während eine Preiserhöhung für Butter oder Olivenöl sofort auffällt. Bornemann bestätigt, dass unser Gehirn Verluste stärker gewichtet als Gewinne. Preiserhöhungen bleiben präsent, während Vergünstigungen kaum ins Bewusstsein dringen.

Warum die gefühlte Inflation bleibt

Das subjektive Empfinden von Inflation verändert sich nur langsam. Auch wenn die offizielle Inflationsrate insgesamt zurückgeht, bleibt das hohe Preisniveau bei vielen Produkten bestehen. Viele Menschen vergleichen ihre aktuellen Ausgaben nicht nur mit dem Vorjahr, sondern mit den vergangenen Jahren, in denen die Preise besonders stark gestiegen sind. Ein Verbraucher bringt es im Hessischen Rundfunk auf den Punkt: "Man bekommt heute weniger für sein Geld als noch vor einem Jahr."

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