Über 40 Jahre Bauämtler-Treff: Initiatoren erinnern sich
02.03.2017, 18:19 Uhr"Manch Stadtbaumeister prägt eine Stadt mehr als die Bürgermeister", sagt Reinhold Schöpf aus Miltenberg, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft. Viele Bauamtschefs sind auch deutlich länger im Amt als ihre Bürgermeister. Alleine Bad Windsheims aktueller Stadtbaumeister Thomas Geismann, seit 2000 im Amt, hat mit Bernhard Kisch bereits seinen dritten Vorgesetzten. Vielen seiner Kollegen aus der Arbeitsgemeinschaft reicht eine Hand zum Zählen ihrer Chefs aber nicht mehr.
Einer davon ist Ehrenvorsitzender Holger Bierbaum, der mit Schöpf und Siegfried Grasse aus Zirndorf im Haus von Gernot Frenz in Bad Windsheim sitzt und aus dem Nähkästchen plaudert: "Wir Stadtbaumeister sind oft das ungeliebte Kind, weil unsere Projekte viel Geld kosten." Erfolge stecken Bürgermeister gerne selbst ein.
Wenn es hakt, sind Bauamtsmitarbeiter oft "Außenseiter", fügt Schöpf an. Da die Ergebnisse aber meistens für alle sichtbar sind, werde im Bauamt sehr zielorientiert gearbeitet. Schöpf verdeutlicht: "Wenn wir zehn Jahre an einem Kindergarten planen, bekommen wir Probleme."
Feier zum 40-jährigen Bestehen
Umso wichtiger sei es deshalb, sich unter Kollegen auszutauschen, erklärt Reinhold Schöpf. Wie zwei Mal im Jahr bei den Tagungen der Arbeitsgemeinschaft. Möglich gemacht hat diese unter anderem Gernot Frenz, der für sein Engagement als Gründungssprecher und Mitinitiator an diesem Tag von seinen ehemaligen Mitstreitern eine Ehrenurkunde vorbeigebracht bekam. "Unter Technikern ist das Verhältnis einfach lockerer", sagt Schöpf und liefert bei der kleinen Feier-Runde im Hause Frenz einen Beweis, dass bei den Tagungen "stets lustige Runden beinander waren". Da Frenz im April 2016 bei der Feier zum 40-jährigen Bestehen in Rothenburg nicht dabei sein konnte, erhielt er die Auszeichnung verspätet.
Seinen Anfang nahm der Zusammenschluss 1976 als Mittelfränkische Arbeitsgemeinschaft, die in Neustadt an der Aisch gegründet wurde, erinnert sich der heute 71-jährige Bad Windsheimer. "Ich als damaliger Jungspund habe mit 30 festgestellt, dass ein Informationsaustausch unter Kollegen praktisch nicht gegeben war" – anders als beispielsweise bei Kämmerern, bei denen Treffen schon länger Usus waren. Viele der Bauamtschefs kannten sich nicht, obwohl sie im gleichen Regierungsbezirk arbeiteten. "Das wollte ich mit einigen Mitstreitern ändern."
Mit Beschluss zum "Du"
So wurde ein erstes Gründungs-Treffen am 30. Juli 1976 in Neustadt organisiert und Frenz zum ersten Leiter der Arbeitsgemeinschaft Mittelfränkischer Stadtbaumeister ernannt. Mit dabei: Neustadt, Feuchtwangen, Dinkelsbühl, Gunzenhausen, Herzogenaurach, Roth, Treuchtlingen und Weißenburg. Zur ersten offiziellen Tagung reisten die Bauamtschefs kurze Zeit später in die Kurstadt.
"Alle sind immer gerne gekommen, es gibt bundesweit meines Wissens nichts Vergleichbares", sagt Frenz rückblickend. Die Kollegen beschlossen rasch, sich alle zu Duzen, um das Zwischenmenschliche bei den Treffen und die Verbindung zu stärken. Die Arbeitsgemeinschaft wurde auch überregional bekannt und so wurden 1993 die interessierten unterfränkischen Kollegen aufgenommen, ehe 2000 auch noch Stadtbaumeister aus Oberfranken dazukamen. Ein Problem: Es gebe immer noch Bürgermeister, die es nicht gerne sehen, dass ihre Bauamtschefs zu den Tagungen gehen, verrät Holger Bierbaum.
Ein Mal im Frühjahr und ein Mal im Herbst treffen sich meist mehr als 60 Amtsleiter. Zu den Tagungen werden je nach Schwerpunkt auch Referenten aus der Bauwirtschaft, Ministerien, Ämtern oder des Bayerischen Städte- oder Gemeindetages eingeladen. Vormittag Vorträge – Nachmittag Praxis, Austausch und Diskussion ist seit Langem das Programm. Als Externe kamen unter anderem der damalige Bayerische Innenminister Dr. Günther Beckstein oder der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Professor Dr. Dr. Gottfried Kiesow. "Nach den Referaten und einem Essen stellt der Gastgeber seine Stadt kurz vor, danach geht es auch mal unter vier, sechs oder zwölf Augen darum, wer welches Problem hat und wer von welchen Erfahrungen profitieren kann", berichtet Gernot Frenz.
"Jeder Kollege nimmt bei jedem Treffen was für sich mit", ist sich Frenz sicher. Und wenn es, wie Holger Bierbaum anfügt, nur eine wichtige Kleinigkeit ist: "Manchmal fehlt nur der richtige Ansprechpartner oder Kontakt, den man von einem Kollegen unbürokratisch bekommt." Gerade bei Ausschreibungen könne man enorm von Erfahrungen von Kollegen profitieren und auch erkennen, "wovon man die Finger lassen sollte", fügt Reinhold Schöpf an.
Vom Nutzen der Arbeitsgemeinschaft, deren Zeichen drei Dreiecke sind, die für Ober-, Mittel- und Unterfranken stehen, sind alle an diesem Nachmittag überzeugt. "Eigentlich bin ich verwundert, dass sich Stadtbaumeister nicht bundesweit treffen", sagt Vorsitzender Schöpf. Die Franken jedenfalls kommen wieder im Mai in Haßfurt zusammen. Zur 77. Tagung. Das Thema: Denkmalpflege und Stadtsanierung. "Extrem spannend", findet Thomas Geismann, der sich selbst als "alten Hasen" bei der Arbeitsgemeinschaft bezeichnet. "Lernen kann aber auch ich da immer etwas."
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