Abgestellte Reisemobile
Überall Wohnwagen: Anwohner in Nürnberg sind stinksauer - und lassen Beschwerde prüfen
1.10.2021, 05:58 UhrWeil die Pandemie Reisen erschwerte, sattelten viele auf Campingurlaub um und kauften sich Reisefahrzeuge. Nun ist manche Straße mit den typisch eierschalenfarbenen Anhängern und Wohnmobilen derartig zugeparkt, dass Baureferent Daniel F. Ulrich jüngst an die Halter appellierte: "Der öffentliche Raum ist zum Abstellen gänzlich ungeeignet, private Anbieter machen sichere und gute Angebote, die man bitte auch nutzen soll!"
Als er von diesem Aufruf hörte, platzte Stefan Marschall der Kragen. Marschall ist der Inhaber der Bäuerlein GmbH, die unter anderem Abstellplätze vermietet. Am Rand des Industriegebiets Schmalau hat er Platz für 300 Reisemobile. "Wir sind voll bis auf den letzten Platz, und bei meinen Kollegen sieht es genauso aus", sagt Marschall.
Daher habe er schon im Dezember vergangenen Jahres, als es bei ihm auf dem Platz immer enger geworden war, bei der Stadt nachgefragt. Ob sie Grundstücke habe, die sich zu einem Abstellplatz machen lassen. "Ich suche Gewerbeflächen, die für Wohnbebauung unattraktiv sind", erklärt Marschall, "also direkt an der Autobahn oder an Bahngleisen".
Deutliche Abfuhr
Die zuständige Wirtschaftsförderung, Abteilung Unternehmensbetreuung, erteilte ihm aber eine deutliche Abfuhr. Weil die Bäuerlein GmbH nicht viele neue Arbeitsplätze biete. Außerdem hätten diese keine "Qualität". Die Firma bestehe schon seit 50 Jahren, erklärt Marschall nun etwas verschnupft. Er hätte doch, sagt er, zur Eindämmung der Camperflut beitragen können, "genau wie vom Baureferenten gewünscht".
Andere steigen nun ganz neu in das Geschäft mit den Abstellplätzen ein. Der Airport Nürnberg etwa bietet zwischen dem 1. November und dem 31. März 2022 "Winterparken" an. Im Parkhaus P4 und auf einer Freifläche habe man die Möglichkeit, Wohnwagen, Wohnmobile, Oldtimer und Saisonfahrzeuge gegen Miete unterzubringen, "denn an Straßenrändern im öffentlichen Raum werden diese nicht gerne gesehen", heißt es in einer Mitteilung des Flughafens.
Unterdessen wollen Anwohner wie Wolfgang Stich zu rechtlichen Schritten greifen. Er ärgert sich seit Monaten nicht nur über die Reisemobile, die in der Valznerweiherstraße in Zabo dicht an dicht stehen. Es geht auch um einen Anhänger mit einem aufgeladenen Pkw-Smart – "dieses Gespann ist seit vergangenem Jahr dort abgestellt" –, um Sattelschlepper – "geparkt halbseitig auf dem Gehweg" – und vor allem darum, dass bei Stadtverwaltung und Polizei "der Wille fehlt, diese untragbare Situation zu beseitigen".
"Bin nicht alleine"
Er habe der Polizeiwache Erlenstegen Fotos vorgelegt, die beweisen, dass viele dieser Fahrzeuge wochenlang keinen Millimeter bewegt wurden, entgegen den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung. Nun will Wolfgang Stich juristisch prüfen lassen, ob er Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die beteiligten Behörden einreichen kann. Dies tut er offenbar stellvertretend für viele Anwohner, die ihren Frust herunterschlucken. "Ich weiß mich mit meinen Beschwerden nicht alleine", betont Stich.
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