Zweifel am Gutachten zum Augustinerhof

Was darf das Zukunftsmuseum im Herzen der Stadt kosten?

17.8.2021, 13:20 Uhr
Das Zukunftsmuseum am Augustinerhof (links) eröffnet im September.

© Eduard Weigert, NNZ Das Zukunftsmuseum am Augustinerhof (links) eröffnet im September.

Die wichtigsten Vorwürfe: Die Gutachterfirma NCGroup, die im Wesentlichen aus dem Diplom-Kaufmann Eduard Paul besteht, hat 1,43 Millionen Euro errechnet, die das Deutsche Museum für seine Dependance im Jahr zu viel an die Alpha-Gruppe von Gerd Schmelzer zahlt. Vertraglich ausgemacht ist eine Mietzahlung von 2,52 Millionen pro Jahr. Der Mietvertrag stützt sich auf eine Laufzeit von 25 Jahren und kann dreimal um fünf Jahre verlängert werden. Nach 25 Jahren wären das über 35 Millionen Euro zu viel. Ein stolzer Betrag, wenn die Berechnungen stimmen.

Die Begründung der Vorwürfe: Gutachter Paul stützt sich bei seiner Analyse im wesentlichen auf drei Punkte. Er geht davon aus, dass der Augustinerhof eine innerstädtische Randlage ist und deshalb nur ein durchschnittlicher Mietpreis von 20,21 Euro pro Quadratmeter zu vereinbaren gewesen wäre. Außerdem werde eine Mietfläche von 5509 Quadratmeter berechnet, richtig wären 4494 Quadratmeter. Das wäre eine Differenz bei der vermieteten Nutzfläche von 1015 Quadratmetern. Im Mietvertrag ist eine Miete von rund 38 Euro für das Zukunftsmuseum festgelegt. Durch die Reduzierung der tatsächlich vermieteten Quadratmeter kommt Paul aber auf einen Quadratmeterpreis von 46,73 Euro.

Teure Umplanung

Der dritte Vorwurf ist, dass an Größe und Form des Gebäudes gar nichts geändert wurde. Einer der Gründe für die Höhe der Miete, die Schmelzer angeführt hat, war, dass er für das Zukunftsmuseum umfangreich und kostspielig umplanen musste, was sich auch im Mietpreis niedergeschlagen hat. Diese Begründung würde dann nicht stimmen.

Methodische Fehler des Gutachters: Wer sich in der Immobilienbranche und vor Ort umhört, der wird mit hohen Mieten konfrontiert. Für das offene Büro von Fraunhofer auf der Rückseite des Augustinerhofs liegt die Miete bei etwas über 50 Euro pro Quadratmeter. Bei der Immobilienberatung Küspert & Küspert, die für das städtische Wirtschaftsreferat die Zahlen für den „Marktbericht Immobilien“ ermittelt, heißt es, dass 50 Euro Miete für den Quadratmeter an dieser Stelle in der Altstadt nicht außergewöhnlich seien. Noch dazu sei das Zukunftsmuseum ein Sonderbau und deshalb mit Büros oder Einzelhandel nicht zu vergleichen. Nur Ortsfremde würden das Areal als innerstädtische Randlage einstufen.


Urlaubsstimmung


Unterschiedliche Quadartmeterzahlen

Auch die Differenz bei den Quadratmetern lässt sich einfach erklären. Der Gebäudeanteil für das Zukunftsmuseum am gesamten Bau wurde von der Alpha-Gruppe nach der DIN-Norm 277 vermietet. Das ist eine Mietpauschale für das gesamte Museum und bezieht auch die Lagerflächen mit ein. In dem Mietvertrag werden dann die einzelnen Räume mit ihrer Größe aufgelistet, z.B auch der Platz für Aufzüge. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass unterschiedliche Mieten für unterschiedliche Räume bezahlt werden können. Von 5509 Quadratmetern, die im Vertrag stehen, dürfen also keine 1015 Quadratmeter abgezogen. werden. Nur durch diesen Abzug der Flächen erreicht Paul den Mietpreis von 46 Euro pro Quadratmeter. Die tatsächlichen Flächen wurden im Übrigen von einem Gutachter bei der Bauabnahme nachgemessen.

Eineinhalb Stockwerke wurden herausgenommen

Auch bei der Kubatur, der Größe und Form des Gebäudes, kommen Zweifel am Gutachten auf. Am Äußeren hat sich, wie Paul schreibt, tatsächlich an der Kubatur nichts geändert. Im Inneren schon. Baureferent Daniel Ulrich kann sich noch gut erinnern, dass die ursprünglichen Pläne für ein Hotel ausgelegt und sie auch abgeschlossen waren. Kurzfristig wurden sie dann für das Zukunftsmuseum geändert. Eineinhalb Stockwerke hat Architekt Volker Staab herausnehmen müssen, um die Raumhöhen von sechs Metern zu für die Ausstellungsobjekte im Museum zu bekommen.

Die Grundlagen des Gutachtens: Sehr detailliert beschreibt Paul, welche Unterlagen er ausgewertet hat und welche nicht. Die Baugenehmigung und die Umplanungen sowie die Bauanträge konnte er nicht einsehen. Als Quelle verweist er auch auf „ergänzende Auskünfte“ von Sebastian Körber. Dass der FDP-Landtagsabgeordnete, der einer der Auftraggeber des Gutachtens ist, auch noch die Fakten liefert, macht Teile der Bewertungen schon wieder intransparent. Das Gutachten hat bei den Kosten- und Renditeberechnungen auch nicht das hohe Risiko der Gründung des Baus berücksichtigt.

Die Alpha-Gruppe hatte eine Tiefgarage mit vier Ebenen beantragt. Am Ende wurden nur zweieinhalb Etagen gebaut, weil der Wasserdruck vom Burgberg zu hoch war. Die Baukosten sollen nach Informationen dieser Zeitung im oberirdischen Bereich bei 8000 Euro für den Quadratmeter liegen, was allerdings nicht nachprüfbar war. Stimmt der Betrag, dann würde, die Rendite geschätzt bei vier Prozent und nicht wie kritisiert, bei deutlich über 15 Prozent liegen.

Die Reaktionen: Immobilienentwickler Gerd Schmelzer will sich zu den Vorwürfen nicht mehr äußern, auch das Deutsche Museum nicht. Die Pressestelle des Museums verweist darauf, dass unabhängige Gutachter den Mietvertrag, noch bevor er unterschrieben war, geprüft haben. Der Mietvertrag wird derzeit vom Obersten Rechnungshof in München analysiert. Ergebnisse sind für den Herbst geplant, so der ORH in einer Stellungnahme für diese Zeitung. Entscheiden ist damit aber noch nicht, ob das Prüfungsergebnis öffentlich gemacht wird. Das hängt davon ab, wie plausibel das Deutsche Museum dem Rechnungshof die Höhe der Miete erklären kann.

Nur 80 Meter vom Hauptmarkt entfernt liegt der Augustinerhof

Nur 80 Meter vom Hauptmarkt entfernt liegt der Augustinerhof © Eduard Weigert, NNZ

Was fällt bei dem Gutachten von SPD, Grünen und FDP auf? Die Adresse von Pauls Firma ist Augustinerstraße 1. Sie liegt also sehr nahe am beurteilten Objekt und die Frage nach der Unabhängigkeit stellt sich zwangsläufig. Der FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber hat sich im November im qm Magazin 11/2020, einem Immobilienmagazin, von Paul zur Bayerischen Bauordnung interviewen lassen, das eine große Nähe zwischen beiden zeigt.

"Zur Neutralität verpflichtet"

„Mit Herrn Eduard Paul hat Herr Körber bisher weder direkt noch indirekt geschäftlich zusammengearbeitet. Die Herren kennen sich seit 2020. In seiner Funktion als Vorsitzender des Bauausschusses des Bayerischen Landtags gab Herr Körber Herrn Paul ein honorarfreies Interview zur Bayerischen Bauordnung, das in zwei lokalen Immobilienpublikationen in Nürnberg erschien“, ließ Körber über die FDP-Landtagsfraktion mitteilen. Außerdem sei Herr Paul ein vereidigter Sachverständiger, der stets zur Neutralität und Unabhängigkeit verpflichtet ist.


Eine unendliche Geschichte


Herr Paul wiederum verweist in seiner Stellungnahme darauf, „dass wir grundsätzlich keine Auskunft zu unserer gutachterlichen Stellungnahme und den Auftraggebern geben können, weder in der Presse, noch sonstigen fremden Dritten gegenüber“. Die Anfrage hatte gelautet, in welchem Verhältnis Paul zu Herrn Körber steht, so dass er den Mietvertrag noch unabhängig bewerten könne. Es gab keine Antwort darauf, warum es sich beim Augustinerhof um eine Randlage handeln soll.

Die Kosten: Sie sind für beide Gutachten hoch. Die drei Fraktionen teilen sich nach eigenen Angaben die 50.000 Euro. Der Steuerzahler zahlt natürlich diese Kosten und die Mehrwertsteuer, die anfällt.

1 Kommentar