Auch ohne Verein nach Feierabend kicken

12.10.2011, 21:00 Uhr
Auch ohne Verein nach Feierabend kicken

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Wie das Spiel am vorigen Abend ausgegangen ist? Daran kann sich Benjamin Roth gar nicht mehr genau erinnern. Er weiß nur noch, dass er Spaß hatte — so wie seine etwa zehn Mitspieler, die sich in der Nürnberger Kickfabrik trafen, um Fußball zu spielen. Ohne dass sie sich vorher kannten, wohlgemerkt. Denn angemeldet haben sich die Hobbykicker über das neue Portal „Pyler.com“, das Roth gemeinsam mit seinem Studienfreund Timm Küchle Anfang des Jahres ins Leben gerufen hat.

Dort bieten sie Partien in acht verschiedenen Städten an, inzwischen auch einmal pro Woche in Nürnberg. Jeder kann sich für ein Spiel anmelden und, wenn etwas dazwischenkommt, bis zu 24 Stunden vor dem Termin wieder absagen. Einmal kicken kostet fünf bis zehn Euro Gebühr. „Pyler“ solle so viel heißen wie das Gegenteil von „verpeilt“ – weil das Angebot auf diejenigen abzielt, die sich eben nicht mit der ganzen Organisation herumschlagen, sondern einfach nur kicken wollen.

Keine Vereinsstruktur

Das sind meist Leute, die Vereinsstrukturen eher altbacken finden – oder die ein festes Training wegen ihres Jobs unmöglich in ihren Zeitplan quetschen können. Benjamin Roth weiß das – er selbst ist einer von ihnen. Schon während des Studiums in Bamberg versuchte er, ab und zu für seine Kumpels Fußballspiele zu organisieren. Es sollten keine beinharten Wettkämpfe sein, sondern Partien unter Freunden, ohne Leistungsdruck, ohne Verpflichtungen. Aber das war nicht so einfach.

„Damals mussten wir uns die Spieler selbst suchen“, sagt Roth. „Das Problem war, dass wir dann einen Platz für siebzig Euro gebucht hatten und einige einfach nicht kamen, weil sie zum Beispiel noch verkatert im Bett lagen.“ Eine gewisse Verbindlichkeit musste also her – und die entsteht nur, wenn jeder Spieler vorab seinen Beitrag zahlt.

Während seiner Arbeit für eine Unternehmensberatung in Berg bei Neumarkt in der Oberpfalz merkte Roth, dass es viele Hobbysportler gibt, die ein flexibles Sportangebot suchen – und bereitwillig auf diese Kondition eingehen. 2009 entstand der Businessplan für Pyler.com, langsam knüpften Roth und Küchle Kontakte zu Sporthallenbetreibern, boten erste Spiele an. Dass die Spieler unterschiedlich gut seien, habe bisher noch keinen gestört, sagt Roth. „Wenn alle bunt zusammengewürfelt sind, gehört eine gewisse Toleranz dazu.“ Und obwohl es keinen Schiedsrichter gebe, gehe es fair zu. Die Überlegung, Spiele für verschiedene Levels anzubieten, gab es – möglich wird das aber erst, wenn die Nachfrage steigt.

Nun, ein halbes Jahr später, nimmt sich Benjamin Roth in seiner Heimatstadt Nürnberg Zeit für einen Latte Macchiato. In diesem Jahr reist er quer durch Deutschland, wohnt in Berlin, arbeitet in Berg, spielt Fußball in Nürnberg, Frankfurt oder Mannheim. „Das Nadelöhr sind nicht die Hallen, sondern die Spieler“, erklärt der 32-Jährige. Denn bekannt wird sein Angebot hauptsächlich über Mund-zu-Mund-Propaganda, Flyer und Internet-Werbung – bis die Nachfrage steigt, kann es dauern. Doch Roth ist nicht nur rastlos, um seine Kunden persönlich kennenzulernen.

Er ist auf der Suche nach Investoren; bei einer Sportart soll es auf Pyler.com nicht bleiben: Bald soll es auch Volleyballspiele geben, vielleicht sogar Gokart-Rennen oder Yoga. Das könnte auch mehr Frauen anlocken. Bislang ist nur eine Handvoll bei Pyler angemeldet – obwohl sich Küchle und Roth nach der Frauen-WM mehr erhofft hatten.

Gokart und Yoga

Doch noch etwas anderes könnte dazu beitragen, dass der Anteil der weiblichen Kunden in die Höhe schnellt: Roth ist mit Firmen im Gespräch. Die Idee ist, dass die Mitarbeiter sich über Pyler.com für Kurse anmelden, die dann im Sinne eines Betriebssport-Programms vom Arbeitgeber bezahlt werden. „Auch im Raum Nürnberg gibt es eine Reihe von kleineren Mittelständlern, die so ihren Angestellten etwas bieten könnten, was sonst nur große Firmen bieten“, sagt der junge Unternehmer.

Einen großen Vorteil hat er bei all den Vorhaben: Eine direkte Konkurrenz ist – bisher zumindest – praktisch nicht vorhanden. Bis sich die Geschäftsidee auszahlt, kann aber noch etwas Zeit vergehen. Für jedes Spiel bekommen die Pyler-Gründer zwar eine Provision vom Hallenbetreiber. Die ist aber eher klein. Um tatsächlich einen Gewinn zu erwirtschaften, müssen also sehr viele Spiele stattfinden. Sorgen macht sich Benjamin Roth da nicht: „Es ist ein wachsender Markt“, grinst er. „Wir müssen zwar langsam wachsen – aber wir wachsen“. In Nürnberg soll es noch in diesem Jahr statt nur einem drei Spiele pro Woche geben.

 

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