Rekordverluste und rote Zahlen
"Bedrohliche Ausmaße": Krankenhäusern geht es so schlecht wie seit 20 Jahren nicht - auch in Bayern
29.12.2024, 15:02 UhrDeutsche Krankenhäuser stehen wirtschaftlich vor einer so großen Herausforderung wie seit 20 Jahren nicht. Laut dem Krankenhaus-Barometer, einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), auf die sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einer Pressemitteilung beruft, schreiben immer mehr Kliniken rote Zahlen.
Rekordverluste in deutschen Krankenhäusern
Im Jahr 2023 verzeichneten 61 Prozent der Krankenhäuser ein Defizit - der höchste Wert seit 2003. Lediglich 39 Prozent der Kliniken erzielten einen Überschuss oder ein ausgeglichenes Ergebnis. Für 2024 rechnen 79 Prozent der Krankenhäuser mit Verlusten.
Insgesamt bewerten 80 Prozent der befragten Kliniken ihre wirtschaftliche Lage als unbefriedigend, was ebenfalls einen Rekordwert darstellt. Nur fünf Prozent der Krankenhäuser sehen sich in einer guten finanziellen Situation. Als Hauptursachen gelten die gestiegenen Kosten für Personal und Sachmittel, die nach Angaben von 88 Prozent der Kliniken erheblichen Druck auf die allgemeine Finanzsituation ausüben.
Seit Juni 2022 haben laut dem "Bayerischen Rundfunk" 46 Krankenhäuser in Deutschland Insolvenz angemeldet - sechs davon in Bayern.
Das Krankenhaus-Barometer 2024 der DKI basiert auf einer schriftlichen Befragung von 366 Allgemeinkrankenhäusern mit mindestens 100 Betten, die zwischen Mai und August 2024 durchgeführt wurde.
Kritik am Fallpauschalen-System
Die Finanzierung der Krankenhäuser erfolgt über das 2003 eingeführte Fallpauschalen-System, bei dem die Krankenkassen für jede Behandlung, unabhängig von der Dauer des Krankenhausaufenthalts, einen festen Betrag zahlen. Die Summe aller Fallpauschalen deckt - zumindest in der Theorie - die Betriebskosten der Kliniken. In der Praxis steht das System jedoch in der Kritik: Es schaffe Fehlanreize für eine höhere Zahl an Operationen und Untersuchungen und verstärke den ökonomischen Druck auf Ärztinnen und Ärzte.
Situation der Krankenhäuser nimmt "bedrohliche Ausmaße an"
Auch DKG-Vorstandschef Gerald Gaß warnt vor der aktuellen Lage: "Die Situation der Krankenhäuser nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an." Ursachen seien eine mangelhafte Investitionsförderung und ein weiterhin fehlender Inflationsausgleich. "Diese seit Jahren bestehende Schieflage wird die Krankenhausträger im kommenden Jahr vermehrt zu harten Konsolidierungsentscheidungen zwingen", so Gaß weiter. Dies werde auch negative Auswirkungen auf die regionale Patientenversorgung haben. "Krankenhäuser sind wegen der Defizitlage gezwungen, Einschnitte in der Patientenversorgung vorzunehmen, ohne dass dies noch mit der Krankenhausplanung der Länder abgestimmt werden kann."
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angestoßene Krankenhausreform war zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht beschlossen. Erst im Herbst wurde sie vom Parlament verabschiedet und soll Anfang 2025 in Kraft treten. Ziel der Reform ist es, den ökonomischen Druck auf die Kliniken zu reduzieren. Künftig sollen die Kliniken schon für das Bereithalten von Behandlungskapazitäten Geld bekommen. Zudem sollen einheitliche Qualitätsvorgaben zu mehr Zentralisierung und Spezialisierung und zum Abbau von Überkapazitäten führen. Die Umsetzung der Reform ist schrittweise bis 2029 geplant.