Konjunkturflaute
Bundesregierung erwartet Schrumpfen der Wirtschaft
6.10.2024, 10:33 UhrDie Bundesregierung erwartet einem Medienbericht zufolge nun auch für dieses Jahr ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft. Die Konjunkturprognose werde deutlich nach unten korrigiert, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Ursprünglich hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für 2024 mit einem leichten Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent gerechnet - nun werde ein Minus von 0,2 Prozent erwartet. Habeck will die neue Prognose am Mittwoch in Berlin vorstellen.
Der Schritt kommt nicht überraschend, denn zuletzt hatten auch die großen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Erwartungen nach unten korrigiert. Sie rechnen für dieses Jahr mit einem Minus von 0,1 Prozent. Grund ist vor allem Unsicherheit bei Unternehmen und Bürgern. Das nach wie vor hohe Zinsniveau bremst Investitionen, Firmen sind wegen der volatilen wirtschafts- und geopolitischen Lage vorsichtig, private Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante statt in Wohneigentum oder Konsum zu investieren.
Experten trotzdem optimistisch
Der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Borge Brende, ist trotz der Konjunkturflaute zuversichtlich. Deutschland habe eine industrielle Basis und Erfahrung, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dieses Wissen kann leicht von einem Bereich der Industrie auf neue übertragen werden. Es steckt in den Köpfen der Menschen, in den Organisationen und Institutionen."
Bereits jetzt investiere Deutschland mehr in Halbleitertechnologien, Cloud- und Datencenter. Zudem habe das Land schon einmal vor rund 20 Jahren als kranker Mann Europas gegolten und habe daraufhin mit einer Reihe struktureller Reformen zur Wettbewerbsfähigkeit zurückgefunden.
Erholung für 2025 erwartet
Sowohl Bundesregierung als auch Forschungsinstitute gehen davon aus, dass sich die Lage im kommenden Jahr allmählich bessert. Die Wirtschaft soll dann wieder wachsen. Voraussetzung ist allerdings, dass die von der Ampel-Regierung geplante Wachstumsinitiative mit steuerlichen Verbesserungen, Arbeitsanreizen und einem Abbau von Bürokratie zündet. Bislang ist nur ein Bruchteil davon umgesetzt.
"Es besteht nach wie vor großer Handlungsbedarf. Ein erster, notwendiger Schritt ist die Wachstumsinitiative dieser Bundesregierung", sagte Habeck der "Süddeutschen Zeitung". "Die deutsche Wirtschaft kann in den kommenden zwei Jahren signifikant stärker wachsen, wenn die Maßnahmen vollständig umgesetzt werden und ihre Wirkung entfalten können. Jetzt ist nicht die Zeit für Bedenken, jetzt ist die Zeit, schnell zu handeln." In der Regierung wird befürchtet, dass die Bundesländer die Maßnahmen ausbremsen könnten, da sie dadurch weniger Steuern einnehmen.
Problem Schuldenbremse?
Brende mahnte zudem, bei Investitionen nicht nachzulassen. Während andere Länder aufgrund hoher Schulden kaum Spielraum dafür hätten, seien die deutschen Haushaltsbeschränkungen in Form der Schuldenbremse selbst auferlegt. Das mache es schwieriger, Geld in Infrastruktur oder Forschung und Entwicklung zu stecken oder auch Start- und Risikokapital zur Verfügung zu stellen. "Denn es besteht kein Zweifel, dass in den USA mehr Kapital für Start-ups zur Verfügung steht als bei uns in Europa."
Der Linken-Politiker Christian Görke machte die Finanzpolitik der Ampel-Regierung für die Probleme verantwortlich. Einen Sparhaushalt vorzulegen, sei in dieser Lage falsch. Görke forderte einen "Wirtschaftsgipfel im Kanzleramt, wo die finanzpolitischen Scheuklappen abgelegt werden".