"Tante Enso"-Kette

"Das ist doch Unsinn": Warum ein digitaler Supermarkt in Franken nachts halbiert werden muss

Alina Boger

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31.01.2025, 16:21 Uhr
In kleinen Gemeinden kommt es immer öfter zur Schließung von Supermärkten, die nächste Einkaufsmöglichkeit ist dann oft mehrere Kilometer weit entfernt.

© Tante Enso In kleinen Gemeinden kommt es immer öfter zur Schließung von Supermärkten, die nächste Einkaufsmöglichkeit ist dann oft mehrere Kilometer weit entfernt.

Auf dem ländlichen Raum muss man auf einige städtische Bequemlichkeiten verzichten, immer öfter aber auf einen Supermarkt. Oft schließen große Supermarktketten ihre Standorte in kleinen Gemeinden, möglicherweise, weil diese sich nicht rentieren. Für die Anwohner bedeutet das: mehrere Kilometer bis zum nächsten Supermarkt fahren.

Um gegen dieses Problem anzukämpfen, wurde die sogenannte "Tante Enso"-Kette in Leben gerufen. Auch in der mittelfränkischen Gemeinde Bruckberg gibt es den Laden. Die große Besonderheit: "Tante Enso"-Läden sind 24/7 geöffnet, auch an Wochenenden und Feiertagen. Personal ist nur werktags stundenweise da. Außerhalb der besetzten Zeiten können Kunden digital bezahlen. Das Konzept scheint gleich mehrere Vorteile zu haben. Zum einen bekommen Anwohner kleinerer Gemeinden einen Supermarkt in unmittelbarer Nähe und müssen nicht für Kleinigkeiten in einen mehrere Kilometer entfernten Laden fahren. Zum anderen haben Menschen im Schichtdienst nun mehr Möglichkeiten beim Einkaufen, da sie nicht an Öffnungszeiten gebunden sind.

Doch ganz so einfach ist das nicht, seitens der Politik gibt es Druck, zunächst hatte der "BR" über das Thema berichtet.

Ladenschlussgesetz grenzt Dorfläden ein - Petition gestartet

Das Konzept klingt eigentlich vorteilhaft. In Bayern und im Saarland gelten aber im Vergleich zur restlichen Bundesrepublik, die strengsten Vorschriften bezüglich der Öffnungszeiten. Die CSU-geführte Staatsregierung hält weiterhin an dem 1956 erlassenen Bundesladenschlussgesetz. Demnach ist der Verkauf in sogenannten digitale oder Automaten-Supermärkte an Sonntagen und in den Nächten eigentlich durch eine Sonderregelung auf Verkaufsflächen von 100 Quadratmetern eingeschränkt.

Nun hat die bayerische Staatsregierung das neue Ladenschlussgesetz geplant, doch auch hier ist keine Erleichterung für die Dorfläden in Sicht. Die Größe der erlaubten Verkaufsfläche wurde lediglich auf 150 Quadratmeter angehoben.

Konkret bedeutet das für Läden wie "Tante Enso", dass sie über Nacht und an Sonn- und Feiertagen irgendwie schrumpfen müssen. Denn der Großteil der mittlerweile 62 "Tante Enso"-Läden in Deutschland ist zwischen 200 und 300 Quadratmeter groß. Kleiner werden können sie über Nacht zwar nicht, dafür soll es aber eine andere Lösung geben. In der 330 Quadratmeter großen Filiale im niederbayerischen Frauenau werden jeden Abend ab 20 Uhr Stofftrennwände gespannt. So wird der Laden bis 6 Uhr früh und an Sonn- und Feiertagen ganztags "halbiert".

Kunden können diese Forderung nicht nachvollziehen. "Das ist doch Unsinn, wenn ich den Artikel kaufen kann und den anderen nicht", wird eine Kundin vom "BR" zitiert. "Wie soll man sich das vorstellen: Die Würstchen kann ich kaufen, aber der Kartoffelsalat ist abgesperrt, wenn ich nachts nach der Schicht einkaufen möchte? Das Getränkeregal ist zugänglich, die Putzmittel aber nicht? Wo sollen wir hier eine räumliche Grenze ziehen?", fragt sich Enso-Gründer und Geschäftsführer Norbert Hegmann in einer Pressemeldung des Unternehmens. Dabei sei die Filiale in Frauenau barrierefrei eingerichtet, was die Größe des Ladens erklärt. Die Eingrenzung von 175 Quadratmetern vergleicht das Enso Unternehmen in seiner Pressemeldung mit einer Einkaufsbevormundung der Bürger und Bürgerinnen.

Petition gestartet

Eigentlich soll das Ladenschlussgesetz unter anderem die Arbeitnehmer schützen, da der Sonntag als Ruhetag bewahrt werden soll. Da in den "Tante Enso"-Läden aber am Sonntag und über Nacht kein Personal vor Ort vorhanden ist, scheint dieser Schutz hier überflüssig. Die Katholische Kirche kritisiert aber selbst die eingeschränkte Variante des Betriebes, wie der "BR" unter Berufung auf die Deutsche Presseagentur (dpa) im Juli vergangenen Jahres berichtet hatte. Damals ging es allerdings nicht explizit um die "Tante Enso"-Filialen, sondern generell um die Diskussion des Ladenschlussgesetzes.

Mehrere bayerische Gemeinden haben gemeinsam mit dem Unternehmen hinter den "Tante Enso"-Läden das sogenannte Bündnis für die ländliche Versorgung Bayerns gegründet. Gemeinsam haben sie nun eine Petition gestartet. Sie fordern eine Privilegierungsregelung im neuen Gesetz, konkret soll die Flächenbegrenzung von 150 auf 399 Quadratmeter erweitert werden, zumindest in ländlichen Ortschaften sowie Ortschaften, in denen eine Unterversorgung herrscht. Darunter fallen Orte, in denen es keinen klassischen Supermarkt im direkten Umfeld von bis zu fünf Kilometern gibt. Dabei beziehen sie sich darauf, dass eine Vollversorgung im Ort notwendig sei und die Barrierefreiheit gewährleistet sein soll, dabei verweisen sie auf die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen gemäß dem Artikel 72 Abs. 2 GG. Auch strukturelle Themen und Wettbewerbsbetrachtung soll berücksichtigt werden.

Angestrebt werden bei der Petition 15.000 Unterschriften, gesammelt wurden bereits 14.000.

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