Es ist keine Überraschung, dass Adidas die Corona-Gesetze ausnutzt

29.3.2020, 16:15 Uhr
Es ist keine Überraschung, dass Adidas die Corona-Gesetze ausnutzt

© Daniel Karmann, dpa

Dem Sportartikelhersteller Adidas geht es wirtschaftlich blendend. Der Umsatz kletterte im abgelaufenen Jahr auf 23,6 Milliarden Euro, zwei Milliarden konnten als Gewinn verbucht werden. Die Aktionäre kassieren feine Dividenden, die Kasse ist prall gefüllt. So gut, dass der Konzern erwägt, eigene Aktien in großem Umfang zurückzukaufen. Und nun das: Die Herzogenauracher stellen weltweit die Mietzahlungen in ihren Läden ein, die wegen der Coronakrise geschlossen sind.

Das war sicher nicht im Sinne des Erfinders, als die Bundesregierung das ambitionierte „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ ersann. Dieses erlaubt (Miet-)Vertragsbrüche, wie Adidas sie nun betreibt, zumindest für gewisse Zeit, mit Verweis auf die besonderen Umstände.

Was den fränkischen Sportschuh-Gurus nutzt, könnte vielen Vermietern wirtschaftlich das Genick brechen. Denn diese Idee macht bereits Schule, nachdem die Herzogenauracher den Anfang gemacht haben. Erste global player wie H&M ziehen nach. Die Kosten der Pandemie, sie werden nach unten durchgereicht, zu den Schwächeren.


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Jetzt ist die Empörung groß in den Reihen der Politik, sogar Rufe nach einem Boykott werden laut. Das ist auf einer emotionalen Ebene verständlich. Schließlich war das Gesetz dazu aus der Taufe gehoben worden, um jenen unter die Arme zu greifen, die gefährlich straucheln – und nicht dazu, den anderen, die vor Kraft kaum laufen können, noch etwas mehr Geld hinterherzuwerfen.

Doch für Emotionen ist kein Platz, wenn man einen Konzern lenkt, der auf internationaler Ebene eine Rolle spielen will. Das haben die Macher der Paragrafen nicht bedacht und es somit versäumt, entsprechende Schlupflöcher im Gesetz zu schließen, bevor sie entdeckt werden. Dass Adidas diese nun schamlos nutzt, um seine Kosten zu drücken, ist moralisch angreifbar – aber aus wirtschaftlicher Sicht nur konsequent. Ein Unternehmen ist nicht dem Allgemeinwohl, sondern lediglich seinen Aktionären gegenüber zu Solidarität verpflichtet.


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Ob der damit einhergehende Imageverlust sich später als Schuss ins eigene Knie erweist, wird erst die Bilanz für 2020 offenbaren. Vorstellbar ist es. Dann wird Adidas-Vorstandschef Kasper Rorsted, bis dato einer der Lieblinge der Börsianer, seinen Kopf dafür hinhalten müssen.

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