Konjunktur: Ampel in der Pflicht
"Es wird nicht von alleine besser": DIHK-Chef schlägt Alarm - mehr Insolvenzen in der Region
29.10.2023, 05:00 UhrDie deutschen Unternehmen blicken düster in die Zukunft – und erwarten endlich „Vollgas“ von der Politik. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Konjunkturumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Eine Eintrübung zeigt auch das regionale Konjunkturbarometer „Frankenbarometer“, das unsere Redaktion vier Mal im Jahr in Zusammenarbeit mit der Auskunftei Creditreform Nürnberg erhebt. Demnach ist die Zahl der Firmeninsolvenzen im dritten Quartal 2023 massiv gestiegen: Zwischen Juli und September mussten 220 Unternehmen den Gang zum Amtsgericht antreten – im zweiten Quartal waren es 131 gewesen. Die Zahl liegt damit auch klar über dem Wert des Vorjahres (128).
Auch der Bonitätsindex als Maßstab für die wirtschaftliche Stabilität und Zahlungsfähigkeit der Unternehmen hat sich mit 288,2 (zweites Quartal: 287,7) verschlechtert. Der Index ist nach dem Schulnotenprinzip aufgebaut: je kleiner die Zahl, desto solider die Betriebe.
„Das Frankenbarometer für das dritte Quartal hat sich insgesamt deutlich negativ entwickelt, speziell im Hinblick auf die gewerblichen Insolvenzen. Damit überträgt sich eine seit längerem überwiegend pessimistische Stimmung in Zahlen“, so Michael Aumüller, persönlich haftender Gesellschafter von Creditreform Nürnberg. Inzwischen müsse davon ausgegangen werden, dass die Datenbasis belastbar sei „und einen negativen Trend begründet, der anhalten wird“. Einen Lichtblick gibt es aber: Es wurden wieder mehr Firmen gegründet. Die Zahl der Handelsregister-Neueintragungen stieg auf 609 (Vorquartal: 473).
„Ein klarer Auftrag für die Regierung“
Aktuell gebe es keine Anzeichen für einen echten, sich selbst tragenden Aufschwung, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. „Das ist ein klarer Auftrag für die Regierung, schnell zu handeln.“
Für die kommenden zwölf Monate erwartet der DIHK-Umfrage zufolge mehr als jedes dritte Unternehmen ein schlechteres Geschäft. Die Gründe: geopolitische Risiken, der Mangel an Arbeitskräften, Technologieumbrüche, Klimawandel und Energiepolitik. Die Umfrage basiert laut DIHK auf Rückmeldungen von 24.000 Unternehmen aus nahezu allen Branchen und Regionen.
Sorge bereitet der Kammer vor allem, dass viele Unternehmen ihre Investitionspläne und auch die Beschäftigungsabsichten nach unten korrigiert haben. Bislang hätten sie wegen des Fachkräftemangels auch dann eingestellt, wenn es mal nicht gut lief. Das scheine sich jetzt zu ändern.
Kritisch bewerten die Unternehmen unter anderem die Wirtschafts- und Standortpolitik der Bundesregierung: Mehr als die Hälfte sieht in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Geschäftsrisiko. „Besonders alarmierend ist, dass wir diesen Wert erstmals auch in der Industrie gemessen haben“, so Wansleben. Schnelles politisches Handeln sei gefragt: „Es wird nicht von alleine besser.“
Frust über Bürokratie
Hinter den schlechten Noten für die Politik verbirgt sich laut Wansleben vor allem viel Frust über Bürokratie – und darüber, dass Besserung politisch angekündigt sei, aber nichts passiere. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe eine sorgfältig formulierte Industriestrategie vorgelegt. Darin fehle aber, was die Regierung konkret und jetzt direkt machen wolle. „Wir sind in Handlungsnot“, mahnte Wansleben.
Konkret forderte er eine Entlastung bei den Energiepreisen über eine Absenkung von Stromsteuer und Netzentgelten.
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