Fleischmann will Volldampf geben
30.1.2010, 00:00 UhrKlack, klack, klack, klack: Stefanie Thomala legt ein beeindruckendes Tempo vor. Mit flinken Fingern legt die 53-Jährige Fleischmann-Arbeiterin immer vier Metallstäbchen in die Maschinen - zack, pfff, schon schließt sich die Öffnung und heißer Kunststoff schießt in die Form. Keine Minute ist vergangen, schon ist wieder ein Stück neue Schiene gegossen, exakt im Maßstab 1:87, komplett fertig mit Schotterbett zum Einsatz auf der Modelleisenbahn.
Leopold Heher guckt zufrieden. Er sieht, der Alltag ist ein Stück weit zurück, hier im letzten verbliebenen deutschen Werk des fränkischen Traditionsunternehmens. «Das Sanierungsprogramm bei Fleischmann ist jetzt abgeschlossen», erklärt der Chef der Modelleisenbahn-Holding, die im Frühjahr 2008 die kurz vor der Pleite stehende Firma gekauft hatte.
Umsatz gefallen
Und ja, saniert haben sie seitdem kräftig: Zwei Standorte wurden geschlossen, darunter sogar das Stammwerk Nürnberg. Die Mitarbeiterzahl sank von 340 auf 180, davon 130 in Heilsbronn, der Rest im rumänischen Arad. Dorthin wanderte inzwischen die Montage. In Franken kümmern sie sich jetzt noch um Konstruktion und Entwicklung, Bedrucken und eben das Kunststoffspritzen.
Doch wie gesagt, die Zeit des Kürzens und Streichens soll nun vorbei sein. 2009 sei noch einmal ein schwieriges Jahr gewesen, sagt Heher, der Umsatz der gesamten Holding fiel auf 50.5 Mio. €. Auf Roco entfielen dabei 32,3, auf Fleischmann 18,2 Mio. €. Unter dem Strich habe «ein leichter Verlust» gestanden, so der 60-jährige Geschäftsführer. Immerhin aber sei Roco 2009 mit 0,7 Mio. € zumindest operativ in die Gewinnzone zurückgekehrt, während bei Fleischmann auch hier ein Minus von drei Mio. € stand.
Dieses Jahr aber soll die ganze Gruppe auch nach Steuern wieder schwarze Zahlen schreiben. «Wir wollen den Umsatz um fünf Prozent auf 53 Mio. € steigern, davon soll Fleischmann zirka 19 Mio. € beitragen.« Damit das gelingt, positionieren die Österreicher ihre beiden Marken künftig neu: Roco wird Universalanbieter in der Nenngröße H0 (1:87), Fleischmann spezialisiert sich in diesem Segment auf historische Vorbilder bis zirka 1950 und präsentiert sich ansonsten als Vollsortimentler für die Nenngröße N (1:160).
Eine Neuausrichtung, die in der Branche für Aufsehen sorgt. Den Anfang vom Ende für Fleischmann, befürchten nicht wenige Experten. Denn: Rund 80 Prozent aller Modellbahner bauen in der Größe H0, auf N entfallen nur geschätzte 15 Prozent. Beschränkt auf ein kleineres Marktsegment sollen die Franken trotzdem ihren Umsatz sogar noch steigern?
Doch das sind Zweifel, die Heher nicht nachvollziehen kann. «Wir sind keine Träumer», verteidigt er sich. Seine Strategie: Wachstum. «Der Gesamtmarkt wird sicher nicht größer. Aber wir sind so frech zu behaupten, dass wir der Konkurrenz Anteile abjagen können», gibt sich der Manager offensiv. Schon heute sei Fleischmann in der Größe N Marktführer, erwirtschafte hier rund die Hälfte seines Umsatzes. Ab sofort profitierten die Franken zudem von den vereinten Vertriebsstrukturen der Holding-Marken, mit der vor allem die Auslandsmärkte stärker als bisher aufgerollt werden sollen.
«Wir sehen uns als Angreifer, haben unsere Hausaufgaben gemacht», sagt Heher. «Auch für das Werk Heilsbronn sehen wir eine Perspektive von mindestens drei bis fünf Jahren.» Die von zwei Sozialplänen allein seit der Übernahme gebeutelte Belegschaft hört es gern. «Zuletzt herrschten schon viel Unruhe und auch Ängste», so Schienen-Fertigerin Thomala. «Aber jetzt haben wir das Gefühl, es geht wieder aufwärts. Zumindest hoffen wir das.»