Fliegen und fliegen lassen

06.02.2012, 16:00 Uhr
Fliegen und fliegen lassen

Gleich passiert etwas Schlimmes. Der Flieger überschlägt sich, trudelt, hüpft. Doch statt das Weite zu suchen, jauchzen die Umherstehenden und zeigen begeistert auf den Modellhubschrauber, der — wie um den Triumph auszukosten — jetzt wiegend Schlaufen fliegt. „Toll, was die Technik heute kann“, sagt Daniele Ruini und senkt das Smartphone, mit dem er das Manöver eines Kollegen gefilmt hat. Der Italiener, der für die Firma „Radio Kontrol“ auf der Spielwarenmesse vertreten ist, schwärmt für die Modelle. Vom zwölf Zentimeter kleinen Heli, der sich mit leisem Surren über die Köpfe der Händler schraubt, bis hin zum Kraftprotz, der an einem Unterbau Kameras etwa fürs italienische Fernsehen über Großereignisse fliegt — das Unternehmen aus der Nähe von Bologna versorgt die überwiegend großen Spielkinder mit allem. Sofern sie dafür zahlen: Bis zu 9000 € kostet der Align Trex 600 mit seinem Propellerdurchmesser von 1,45 Metern.

Fliegen und fliegen lassen

© Stefan Hippel

Was die Modellflugfans, die den Stand passieren, Staunen lässt, verursacht ein paar Gänge weiter spöttisches Schmunzeln. Hier lässt man nicht fliegen, hier fliegt man selbst. Und das mit über 15 Quadratmetern reißfestem Nylon überm Kopf. Die Rede ist vom Kiten. Nie gehört? Besonders sportlichen, zumeist jungen Leuten gilt der rasante Ritt unter dem Schirm eines Lenkdrachen als neuer Trendsport. Das Gute ist, dass er zu Land und zu Wasser ausgeführt werden kann.

Hinaus aufs Meer

„Momentan braucht man nicht nach Norwegen zu fahren, um optimale Bedingungen fürs Kiten zu finden“, sagt Jan Hendrik Junker, Produktmanager von HQ powerkites.de. Die verschneiten Ebenen, die auch in Franken teils bis an den Horizont unbebaut sind, sind optimal, um sich mit einer Art Snowboard unter den Drachen zu spannen und sich dank der Kraft des Windes mit bis zu 80 Kilometern pro Stunde über Äcker und Wiesen tragen zu lassen. Sprünge, Flugeinlagen, bloßes Tempo — mit Helm, Rücken- und Knieschützern ein Spaß für Trainierte. Gut 500 € kostet die Grundausrüstung.

Langweilig? Es geht noch schneller — und gefährlicher. Mit einem kleinen Wagen, einem sogenannten Dreirad-Buggy, können Fans die steife Seebrise nutzen und sich über den Strand ziehen lassen. Oder per Surfboard gleich zum Herren der Wellen werden. Aber Vorsicht: Hier sollte vorher unbedingt ein Kurs absolviert werden. Wenn man als Untrainierter von Leinen eingewickelt im Wasser landet oder mit rasender Geschwindigkeit aufs offene Meer hinausrast, hört der Spaß auf.

Wer lieber fliegen lässt, als selbst abzuheben, kann eine Halle weiter auf eine jahrtausendealte Tradition zurückgreifen. Denn auch Bumerangs, mit denen die Aborigines früher angeblich Kängurus gejagt haben und deren ältestes Exemplar 23000 Jahre alt sein soll, werden präsentiert. „Dieser Sport ist zeitlos schön“, sagt Joachim Pott vom Karlsruher Jonglierbedarf Henrys. Und: sollte doch einmal Langeweile aufkommen, rät er, sich selbst einmal am Bau eines Wurfgeräts zu versuchen. Denn einem Stück Holz das Fliegen beizubringen, sei die ultimative Herausforderung.

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