Messeauftakt in München

IAA: Deutschlands Autobauern fehlt der erschwingliche VW Käfer fürs elektrische Zeitalter

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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5.9.2023, 17:30 Uhr
Mit dabei: Auch BMW setzt bei der IAA voll auf E-Mobilität.

© Felix Hörhager, dpa Mit dabei: Auch BMW setzt bei der IAA voll auf E-Mobilität.

Die Deutschen und ihr Auto - das ist eine lange und intensive Beziehung. Als Statussymbol hochgehalten, politisch unterstützt durch eine Absage an ein Tempolimit auf Autobahnen gehört der Pkw mancherorts zur Familie. Umso erstaunlicher, dass die Bindung zu den heimischen Herstellern auf eine harte Bewährungsprobe gestellt wurde.

Den Einstieg schlicht verschlafen

Denn die deutschen Autobauer haben den Einstieg in die E-Mobilität schlicht verschlafen. Während Tesla und etliche chinesische Hersteller mit voller Kraft auf batteriebetriebene Fahrzeuge gesetzt haben, feierten in Stuttgart, Wolfsburg und München Benziner und Diesel bis vor kurzem fröhliche Urständ. Als ob die Branche einen Trend aussitzen wollte.

Ein BMW iX5 Hydrogen steht am Stand von BMW auf der Auto- und Verkehrsmesse IAA. Die Internationale Automobil-Ausstellung IAA Mobility 2023 findet vom 05. bis 10. September in München statt. 

Ein BMW iX5 Hydrogen steht am Stand von BMW auf der Auto- und Verkehrsmesse IAA. Die Internationale Automobil-Ausstellung IAA Mobility 2023 findet vom 05. bis 10. September in München statt.  © Felix Hörhager, dpa

Heute wissen wir, dass E-Mobilität nicht mehr vom Markt verschwinden wird. Die Konzernlenker der deutschen Autobauer haben dies inzwischen erkannt. Die Bilanz zum Auftakt der IAA fällt deshalb teilweise positiv aus: Im Spitzensegment ist der Anschluss geschafft. Mercedes und BMW haben Modelle in der Planung, die ihnen wenigstens da wieder Marktführerpositionen wie in alten Verbrennerzeiten einbringen könnten.

Anders präsentiert sich der Massenmarkt. Ein einigermaßen günstiges E-Auto, sozusagen der zeitgemäße Nachfolger des VW Käfer, ist nicht in Sicht. Tatsächlich würde ein solches Modell am ehesten dem Volkswagen-Konzern zugetraut werden, doch die Wolfsburger ließen es bislang (zu) langsam angehen.

Immer mehr Teslas auf den Straßen

Die Verkaufszahlen im weltstärksten Absatzmarkt China spiegeln diesen Rückstand wider. Kein Wunder, dass reflexartig der Ruf nach Hilfe aus der Politik laut wird. Doch die deutsche Industrie muss den Anschluss schon selbst herstellen, zumal der Einfluss der Bundesregierung auf die Weltmärkte ohnehin äußerst begrenzt ist.

Deutsche Konzerne mussten viel Lehrgeld zahlen, ein Blick auf die Straßen genügt: Die Zahl der Teslas explodiert geradezu. Bis vor kurzem versuchten deutsche Anbieter noch mit Hybridmodellen zu punkten, einer Technik, die bestenfalls für den Einstieg in die Wendezeit getaugt hat.

Längst haben sich die Kunden entschieden: Sie wollen E-Autos, gerne auch preisgünstig. In China steigt der Marktanteil in einzelnen Region bereits auf 50 Prozent. Wenn die Jobmaschine Autoindustrie in Deutschland ihre Bedeutung nicht einbüßen möchte, muss die Transformation weiterhin energisch voranschreiten.

Die Politik, das weiß Kanzler Olaf Scholz sehr genau, hat für den Rahmen zu sorgen. Bei Förderinstrumenten wie der staatlichen Prämie für eigene Ladestationen in Verbindung mit Photovoltaikanlagen sowie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur dürfen die Autobauer auf Berlin verweisen. Wettbewerbsfähige Fahrzeuge müssen sie schon selbst bauen. Ansonsten droht die Affinität der Deutschen zu einheimischen Fabrikaten dauerhaft Schaden zu nehmen. Alte Liebe rostet nicht - diese Liedzeile könnte sich dann als Trugschluss erweisen.

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