Training an Geräten
Allein im Fitnessstudio: „Smart Gyms“ sind im Trend
09.04.2025, 05:03 Uhr
Betreiber von Fitnessstudios verzichten immer häufiger auf Personal vor Ort und überlassen es ihren Kunden, sich selbst zurechtzufinden. Zum Jahresbeginn gab es in Deutschland 398 „Smart Gyms“ und damit etwa 100 mehr als Anfang 2024 und 200 mehr als 2023, wie das Vorstandsmitglied des Branchenverbandes DSSV, Ralf Capelan, berichtet. Ende 2025 rechne er mit 550 bis 600 solcher Angebote. Zum Vergleich: Deutschland hatte zu Jahresbeginn 9127 Fitness- und Gesundheitsanlagen. Bei der Fitnessmesse Fibo, die am Donnerstag in Köln beginnt, sind diese Art von Anlagen eins der Trendthemen.

Öffnungszeiten als Pluspunkt, Fläche als Minuspunkt
Smart Gyms sind Studios, die entweder kein oder nur wenig Personal vor Ort haben, mancherorts ist nur einige Stunden zu Kernzeiten jemand da. Die Kundinnen und Kunden kommen mit Smartphone-Apps oder Karten in die Studios, die kameraüberwacht sind. Sie müssen sich allein zurechtfinden, freiberufliche Personal Trainer können sie aber extra dazubuchen.
Die Öffnungszeiten sind umfassend, der Zugang ist etwa von 6 bis 24 Uhr möglich oder sogar rund um die Uhr. Die Studios sind mit grob gesagt 300 Quadratmetern Fläche relativ klein, herkömmliche Studios haben im Schnitt etwa 1500 Quadratmeter Fläche. Die Smart Gyms setzen stark auf den Nachbarschafts-Faktor: Die Menschen, die um die Ecke wohnen, sollen unkompliziert vorbeikommen können. Für die Betreiber ist das Konzept hilfreich, da sie sich nicht auf die schwierige Suche nach Fachpersonal begeben müssen.
„Für Trainierende mit Erfahrung sind die Smart Gyms gut geeignet“, sagt DSSV-Vorstand Capelan. „Bei Einsteigern kann es hingegen problematischer werden, wenn sie ihre Übungen falsch machen und keinem Trainer vor Ort das auffällt.“ Er wertet Smart Gyms als eine sinnvolle Ergänzung, aber nicht als Ersatz für normale große Studios mit Personal. „Das ist wie beim Supermarkt: Für die kleinen Einkäufe geht man in den nahegelegenen kleinen Markt, aber für den großen Wocheneinkauf fährt man in den großen Markt, wo die Auswahl größer ist.“

Smart-Gym-Ketten bauen massiv aus
Eine treibende Kraft bei dem Trend ist Just Fit aus Köln, das Unternehmen eröffnete 2023 unter der Marke Next Door ein erstes Studio, in dem sich kein fester Mitarbeiter befindet. Inzwischen sind es neun Studios, Ende 2026 sollen es 20 sein. Am Eingang ist auf einem Display ein Mitarbeiter zu sehen, der woanders ist. Er überwacht zeitgleich mehrere Studios und hat dabei 48 Monitore im Blick. Mit ihm können die Kunden per Knopfdruck reden. Sollte ein Unfall passieren, soll der Mitarbeiter das sehen und reagieren.
„Das sind Badelatschen-Clubs: Sie sind bei Dir um die Ecke und damit so nah, dass Du hin schlappen kannst“, sagt Firmenchef Frank Böhme. Durch die Nähe brauche der Nutzer weniger Fahrtzeit in weiter entfernte Studios. Auch psychologisch habe eine Trainingsanlage um die Ecke einen Vorteil: „Deinen inneren Schweinehund kannst Du leichter überwinden, Du gehst los und bleibst nicht daheim auf dem Sofa sitzen.“
Just Fit hat im Raum Köln 21 Studios mit Personal, die eine Fläche von 1000 bis 6000 Quadratmetern haben. Die Next-Door-Anlagen sind hingegen nur etwa 300 Quadratmeter groß, es gibt keine Duschen. Das Angebot an Geräten begrenzt, eine Freifläche für Turnübungen ist nicht vorhanden. Je nach Vertragslänge kostet Next Door zwischen etwa 30 und 60 Euro im Monat.
Durch Corona hat sich die Fitnessstudio-Nutzung verändert. Nach der Pandemie habe er in seinen Just-Fit-Studios, die Personal haben, ein Fünftel weniger Mitglieder, aber die gleiche Anzahl an Besuchen gehabt, erinnert sich Böhme. „Die Kunden kamen häufiger, aber kürzer - die Zeiten waren vorbei, in denen sie das Fitnessstudio als gesündere Version einer Kölsch-Kneipe begriffen und sich da mit ihren Freunden trafen, um gemeinsam zu trainieren und noch ein Shake zu trinken.“ Die Leute wollten schnell rein und schnell raus.

Automatencharakter im Firmennamen
Die Fitnessstudio-Kette Fitomat geht anders vor: Sie setzt nicht auf Großstädte, sondern auf den ländlichen Raum. „Wir gehen in die „White Spots“ - also dahin, wo noch kein Fitnessangebot ist“, sagt Markenchef Rami Marouf. Die Kette hat aktuell 96 Studios, Ende Mai sollen es 128 sein und in einem Jahr 200.
Die Fitomat-Studios haben ebenfalls kein Personal, abgesehen von einer Servicekraft, die zwischendurch zum Saubermachen vorbeikommt, und einem Franchise-Partner, der ab und zu für Checks da ist. Zu den Standorten von Fitomat gehört Stommeln westlich von Köln, einer Ortschaft mit 8400-Einwohnern. Andere Standorte sind in Hammertal (NRW), Trossingen (Baden-Württemberg), Altomünster (Bayern) und Bad Bevensen (Niedersachsen).
„Da wir praktisch keine Personalkosten in den Studios erzeugen, brauchen wir deutlich weniger Mitglieder für einen rentablen Betrieb, ab etwa 200 lohnt sich das“, sagt Firmenchef Björn Schultheiss, früher Marketingchef bei McFit. Kleiner Haken: Manche Kunden nutzen die fehlende Aufsicht aus und nehmen Freunde mit. „Nach unserer Kenntnis sind das Einzelfälle, die zum Hausverbot und zur Vertragsauflösung führen.“
Das Unternehmen Get Fit hat 30 Smart Gyms, in einem Jahr sollen es 40 sein. Die Betreuungszeiten liegen bei null bis 12 Stunden pro Woche. „Die digitalen Systeme ermöglichen eine personalisierte und effiziente Betreuung, auch ohne ständige Präsenz des Personals“, sagt Geschäftsführer Eugen Leibman.
Es geht aber auch anders, wie das Beispiel der Kette FitX zeigt. Mit 29 Euro im Monat bei einer Mindestlaufzeit des Vertrags von einem Jahr ist der Anbieter recht günstig. Die deutschlandweit 109 Studios, die zwischen 1800 und 1900 Quadratmeter haben, sind rund um die Uhr offen. Standorte ohne Personal peilt die Firma nicht an. Man setze auf den Faktor Mensch und wolle die Mitglieder in ihrem Trainingsprozess begleiten, sagt eine FitX-Sprecherin. „Es ist immer jemand da, auch nachts um drei Uhr.“