Leerstand macht Nürnberg zu schaffen

06.09.2012, 05:00 Uhr
Leerstand macht Nürnberg zu schaffen

Eigentlich halten Fachleute leer stehende Büros für unentbehrlich. Sie dienen dem „kurzfristigen Ausgleich des Marktes“ betont Michael Voigtländer vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Denn bei anziehender Nachfrage können kurzfristig ja keine neuen Gebäude gebaut werden. Aber deutsche Immobilienunternehmen haben es in den vergangenen Jahren wohl übertrieben – allein in größeren Städten wurden seit 1990 mehr als 52 Quadratkilometer neue Büroflächen fertig gestellt. Doch die Nachfrage blieb aus.

„Auch in Nürnberg gibt es leerstehende Büroimmobilien, die Leerstandsquote liegt aber unter zehn Prozent“, sagt Philipp Müller, Leiter Büroimmobilien und Büroflächenvermietung bei der Nürnberger Ecco Real Estate Management. Damit sei diese Quote, so Müller, „viel niedriger als in den großen Büro-Städten wie Frankfurt, oder München“. In der hessischen Bankenmetropole zum Beispiel stehen 18 Prozent aller Büros leer. Während in den Jahren 2000 bis 2010 die Zahl der Büroangestellten dort leicht zurückging, wuchs die Bürofläche um 23 Prozent.

Standard wird nicht gehalten

Experten machen für die hohe Zahl leerstehender Büros vor allem eine Tatsache verantwortlich: Die Nachfrage nach Büroflächen hat sich seit dem Platzen der Dot-Com-Blase Anfang des Jahrtausends nicht mehr vollständig erholt. Damals wurden in Erwartung des großen Technologie-Booms tausende neue Büroeinheiten errichtet, von denen viele jedoch niemals bezogen wurden. Viele der Büroimmobilien entsprechen daher nicht mehr dem Standard, der mittlerweile erwartet wird. Bestandsgebäude müssten kostenintensiv saniert werden, um den Ansprüchen neuer Mieter zu entsprechen.

Leerstand macht Nürnberg zu schaffen

© dpa



Gleichzeitig steigen diese Anforderungen der Büromieter – sie haben sich in den vergangenen Jahren, so Maklerin Ulrike Temme, „deutlich verändert“.

Nach Einschätzung der Nürnberger Immobilienexpertin sind Themen wie „Drittvermietungfähigkeit, Grundrisseffizienz, Medientechnik und Energiekosten in den Mittelpunkt gerückt. Darüber hinaus wird eine ausreichende Zahl von Stellplätzen und eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel immer wichtiger. Dazu sollte sich die Immobilie natürlich in einer anerkannten Bürolage befinden.“ Nach Einschätzung Müllers werden sich in Nürnberg flexible Bürogebäude weiterhin marktgerecht vermieten lassen, aber bei den „50er Jahre-Kästen“, die in den hiesigen Straßen in großer Zahl herumstehen, stünden viele Eigentümer vor gewaltigen Herausforderungen.

„50er Jahre-Kästen“

„Wenn es ganz schlecht läuft, werden solche Gebäude einfach abgewirtschaftet, stehen eine Weile leer und werden dann endgültig abgerissen.“ Aber lohnt es sich für Investoren überhaupt noch, in Nürnberg Bürogebäude zu errichten? Immobilienmaklerin Temme ist pessimistisch: „Das Leerstandsrisiko kombiniert mit der niedrigen Ertragserwartung macht es meiner Meinung nach unmöglich, in Nürnberg die Büros zu bauen, die sich der Marktteilnehmer wünscht und auch langfristig benötigt.

Positiver Effekt?

Sollte es in Nürnberg in absehbarer Zeit nicht möglich sein, eine nachhaltig erzielbare Spitzenmiete von 14 bis 17 € netto pro Quadratmeter zu erzielen, wird der Büromarkt langfristig stagnieren – und somit die wirtschaftliche Entwicklung unserer Metropolregion negativ beeinflussen.“

Zumindest auf die private Wohnraumsituation in Nürnberg könnte sich die aktuelle Leerstandsquote bei Büroimmobilien allerdings positiv auswirken. IW-Wissenschaftler Voigtländer meint: „Mithilfe einer Umnutzung langfristig leerstehender Büroflächen könnte die Situation auf den Wohn- und Büroimmobilienmärkten entspannt werden.“

Immobilienmanager Müller hält diese Umnutzung in bestimmten Fällen für eine „gute Lösung“, denn vor allem innerstädtische Büroetagen verfügen nach seiner Meinung über beste Voraussetzungen für eine wohnwirtschaftliche Verwendung: „Viele Büros in der Innenstadt wurden ursprünglich als Wohnungen genutzt, ein Rückbau ist demnach oft möglich.“ Maklerin Temme stimmt ihm zu, sie hält es für „sicher sinnvoll, das ein oder andere ‚Büroauslaufmodell’ entweder abzureißen oder in Wohnraum umzubauen.“

 

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