Wirkstoff fehlt, Wertschätzung auch

Medikamente werden knapp: Apotheken vor großem Problem - "Ein Schlag ins Gesicht"

Alexander Aulila

Online-Redaktion

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7.7.2022, 09:32 Uhr
Ibuprofen und andere Wirkstoffe werden knapp - und die Apothekerinnen und Apotheker blicken besorgt in die Zukunft.

© colourbox.de, NN Ibuprofen und andere Wirkstoffe werden knapp - und die Apothekerinnen und Apotheker blicken besorgt in die Zukunft.

Wer derzeit in einer Apotheke in der Region nach Medikamenten sucht, steht immer wieder vor Problemen: Seit Wochen kämpfen Apotheken mit Lieferschwierigkeiten bei einigen Arzneimitteln und Wirkstoffen. Insbesondere Schmerzmittel sind davon betroffen, doch auch bei anderen Produkten droht ein Engpass. So sind beispielsweise Fieber-Säfte für Kinder, die auf die selben Wirkstoffe zurückgreifen, aktuell nur schwer verfügbar.

In Nürnberger Apotheken ist das Problem hinreichend bekannt. Mehrere Pharmazien bestätigen uns gegenüber die Lieferschwierigkeiten, insbesondere bei flüssigen Formen von Ibuprofen gebe es für Kundinnen und Kunden derzeit kaum Medikamente. "Es nimmt dramatische Züge an", mahnt auch Margit Schlenk, Inhaberin der Nürnberger Moritz-Apotheke und Pressesprecherin der Nürnberger Apotheker und glaubt: "Es wird noch schlimmer". Der Engpass betreffe derzeit nicht nur Ibuprofen, sondern auch Paracetamol. Und zum Herbst hin werde es dann wohl auch Nasenspray in der Kinderdosierung betreffen, denn der Wirkstoff Xylometazolin ist knapp. Pharma-Riese Teva, zu dem auch Ratiopharm gehört, kündigte dem Portal Apotheke adhoc zufolge bereits an, die von Apotheken getätigten Bestellungen für die anstehende Erkältungssaison nicht bedienen zu können.

Eine "fragile Versorgung"

Der Grund für die Knappheit ist denkbar simpel: Die Rohstoffe dafür kommen meist aus Ländern wie China oder Indien. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten dieser Wirkstoffe können Pharmakonzerne nicht produzieren - und am Ende können die Apotheken nicht bedient werden. Fast zwei Drittel der auf dem Weltmarkt angebotenen Arzneimittelwirkstoffe werden laut der Fachzeitschrift HNO Nachrichten in Asien, ganz überwiegend in China und Indien, produziert. Eine "fragile Versorgung mit essenziellen Arzneimitteln", warnte das Fachblatt bereits 2021.

Betroffenen Patientinnen und Patienten, die auf möglicherweise nicht lieferbare Medikamente angewiesen sind, empfiehlt Schlenk den Besuch bei der Apotheke. Die Apotheke werde Lösungen finden, sei es über die eigene Herstellung von Medizin oder über den Austausch der Medikamente in Absprache mit den Ärzten. Außerdem tauschen sich Apothekerinnen und Apotheker intensiv untereinander aus - all das ist aber nur dann möglich, wenn das Personal dafür da ist. Die Vergütung für verschreibungspflichtige Arzneimittel sei allerdings seit 2004 nahezu unverändert, erklärt Schlenk. Weitere Kürzungen sind angedacht, während Betriebs- und Personalkosten steigen. Die Folge: Es fehlt den Apotheken an finanziellen Ressourcen.

"Ein Schlag ins Gesicht"

"Man kann nicht erwarten, dass ein System mit engagierten Menschen weiterläuft, wenn man ihnen die Grundlage wegnimmt", betont Schlenk die schwierige Lage. Für sie sei das Verhalten der Politik "ein Schlag ins Gesicht" nach zwei Jahren Pandemie: "Wie sollen wir die Welt retten, wenn wir die wirtschaftlichen und emotionalen Ressourcen wie Wertschätzung nicht bekommen?"

Trotz der schwierigen Situation betont Schlenk aber: "Wir lassen unsere Patienten nicht alleine". Und sie hofft, dass die Politik in Zukunft "nicht am Apotheker, sondern mit dem Apotheker spart". Denn lange ist der Zustand für die Apothekerinnen und Apotheker nicht mehr tragbar. "Wenn man uns unsere Grundlagen wegnimmt, wird das auch nicht mehr funktionieren", glaubt die Fachapothekerin. Und Leidtragende sind spätestens dann auch die Patientinnen und Patienten.

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