Mitarbeiter in Nürnberg ausspioniert: H&M zahlt 35 Millionen Euro Strafe
1.10.2020, 11:56 UhrÜber exakt 35.258.707,95 Euro - sprich: rund 35,26 Millionen - beläuft sich der Bußgeldbescheid des Hamburgischen Beauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit gegen H&M. Die Behörde war für die Vorfälle in dem Nürnberger Call-Center in der Beuthener Straße zuständig, weil das Unternehmen seinen Deutschlandsitz in der Hansestadt hat. Zunächst hatten Medien darüber berichtet, darunter auch die Nürnberger Nachrichten und die Nürnberger Zeitung.
"Umfangreiche Erfassung privater Lebensumstände"
"Mindestens seit dem Jahr 2014 kam es bei einem Teil der Beschäftigten zu umfangreichen Erfassungen privater Lebensumstände", schreibt die Datenschutzbehörde. Entsprechende Notizen wurden auf einem Netzlaufwerk dauerhaft gespeichert. Gesammelt worden seien dabei beispielsweise konkrete Urlaubserlebnisse der Beschäftigten, Krankheitssymptome und Diagnosen. "Zusätzlich eigneten sich einige Vorgesetzte über Einzel- und Flurgespräche ein breites Wissen über das Privatleben ihrer Mitarbeitenden an, das von eher harmlosen Details bis zu familiären Problemen sowie religiösen Bekenntnissen reichte."
Die Erkenntnisse seien teilweise aufgezeichnet und digital gespeichert worden und waren mitunter für bis zu 50 weitere Führungskräfte im ganzen Haus lesbar. "Die Aufzeichnungen wurden bisweilen mit einem hohen Detailgrad vorgenommen und im zeitlichen Verlauf fortgeschrieben", so die Behörde.
Nach Bespitzelung bei H&M: Jetzt sprechen die Mitarbeiter
Die so erhobenen Daten wurden neben einer akribischen Auswertung der individuellen Arbeitsleistung unter anderem genutzt, um ein Profil der Beschäftigten für Maßnahmen und Entscheidungen im Arbeitsverhältnis zu erhalten. "Die Kombination aus der Ausforschung des Privatlebens und der laufenden Erfassung, welcher Tätigkeit sie jeweils nachgingen, führte zu einem besonders intensiven Eingriff in die Rechte der Betroffenen."
"Bemühen der Konzernleitung"
Zugleich gab es für H&M aber auch ein großes Lob. "Ausdrücklich positiv ist das Bemühen der Konzernleitung zu bewerten, die Betroffenen vor Ort zu entschädigen und das Vertrauen in das Unternehmen als Arbeitgeber wiederherzustellen", erklärte der Hamburgische Datenschutzbeauftrage Johannes Caspar.
Und weiter: "Die transparente Aufklärung seitens der Verantwortlichen und die Gewährleistung einer finanziellen Kompensation zeigen durchaus den Willen, den Betroffenen den Respekt und die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie als abhängig Beschäftigte in ihrem täglichen Einsatz für ihr Unternehmen verdienen.“
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen