Viele Kosmetikprodukte betroffen

Nun auch noch leere Drogeriemarkt-Regale: Corona und Ukraine-Krieg sind nicht die Ursache

msö

10.3.2022, 07:22 Uhr

Als im Frühjahr 2020 die Corona-Pandemie ihren Lauf nahm, entwickelte sich Klopapier plötzlich zur heiß begehrten Mangelware - eine Erlanger Soziologin sprach damals von einer Art "des ästhetischen Widerstands". Es folgten Fahrräder, Elektroartikel, Baumaterialien und viele weitere Produkte: In den letzten zwei Jahren ist das Warten auf bestimmte Produkte Teil unseres Alltags geworden. Für zusätzliche Engpässe zum Beispiel bei bei Speiseölen sorgt seit Kurzem die russische Invasion in die Ukraine.

Wie die Berliner Morgenpost berichtet, bleiben aktuell auch Drogeriemarkt-Regale leer. Dies aber habe weder mit Corona noch mit dem Ukraine-Krieg zu tun. Der Grund heißt Lilial, ein im Kosmetikbereich vielfach eingesetzter synthetischer Duftstoff. Auf Verpackungen wird er häufig als Butylphenyl Methylpropional bezeichnet. Laut Morgenpost kam Lilial bislang in Deos, Parfüms, Seifen, Haarsprays, Duschgels, Shampoos und Reinigungsmitteln zum Einsatz, um ihnen eine "blumige Note" ähnlich dem Geruch von Maiglöckchen zu verleihen.

Ein Hochregallager der Drogeriekette Rossmann.

Ein Hochregallager der Drogeriekette Rossmann. © Joachim Sielski, imago/Joachim Sielski

Lilial: Fortpflanzungs- und erbgutschädigend

Weitaus weniger dufte ist, dass Lilial seit längerer Zeit wegen möglicherweise negativer Gesundheitsfolgen in der Kritik steht. Dem Portal Utopia.de zufolge berichtete Öko-Test bereits 2016, dass in Tierversuchen eine fortpflanzungsgefährdende Wirkung festgestellt worden sei. Zudem habe das wissenschaftliche Beratergremium der EU-Kommission mehrfach angemerkt, dass der Duftstoff potentiell das Erbgut schädige. Aus Deo- oder Haarsprays könne Lilial leicht in die Lunge gelangen, warnten die Berater vor drei Jahren.

"Lilial ist ein sehr umstrittener Zusatzstoff", schrieb Anfang Februar auch der deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) auf seiner Website. "Lilial kann allergische Reaktionen mit Entzündung, Juckreiz, Bläschen nach einem direkten Kontakt auf der Haut auslösen" - der Duftstoff sei daher bedenklich für Kontaktallergiker und "duftstoffsensible Personen".

Grund genug für die Europäische Union, der Verbreitung von Lilial einen Riegel vorzuschieben. Im August 2020 wurde der Duftstoff offiziell als "reproduktionstoxisch" eingestuft, schreibt die Berliner Morgenpost. Ein knappes Jahr später habe er es auf die "Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe" geschafft. Vor wenigen Tagen dann das EU-weite Komplettverbot: Seit dem 1. März 2022 dürfen lilialhaltige Kosmetikprodukte nicht mehr verkauft werden.

Leere Drogeriemarkt-Regale

Eine Filialleiterin eines Müller-Drogeriemarktes berichtet der Berliner Morgenpost von den damit verbundenen Schwierigkeiten. Zwar informieren Hersteller die Drogeriemärkte, welche ihrer Artikel aufgrund des Verbots aus den Regalen verschwinden müssen. Das Aussortieren an sich obliegt aber den einzelnen Filialen - ein großer Aufwand. Bereits im Januar sei damit begonnen worden.

Weil das Anpassen der Kosmetik-Inhaltsstoffe seine Zeit braucht, kommt es laut Morgenpost derzeit zu leeren Regalen. Wollen Drogerien alternative Produkte einkaufen, gehe das ebenfalls nicht von heute auf morgen, da neue Vertragsabschlüsse notwendig sind. Wegen der andauernden pandemiebedingten Lieferschwierigkeiten könnten in vielen Fällen auch keine größeren Stückzahlen bereits angebotener Produkte eingekauft werden, um die Lücken temporär zu schließen.

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