Nürnberg: Rahmenhandlung Bingold wird fortgeführt

24.06.2009, 00:00 Uhr
Nürnberg: Rahmenhandlung Bingold wird fortgeführt

© Antje Seilkopf

Nach dem Tod von Werner Neumann im vergangenen Jahr sah das allerdings noch ganz anders aus. Da waren sie anfangs schweren Herzens davon ausgegangen, das traditionsreiche Geschäft in der Färberstraße 21 schließen zu müssen.

Blüte in der Nachkriegszeit

Der Zuspruch war in den letzten Jahren so sehr zurückgegangen, dass an manchen Tagen kaum noch eine Handvoll Kunden das Geschäft aufsuchte, geschweige denn Bilder kaufte oder welche rahmen ließ. Das Ende des traditionsreichen Unternehmens, das mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg seine Blütezeit erlebt hatte, schien logisch und unabwendbar.

Doch Bewohner der Stadt erinnerten sich an Rahmen-Bingold. Als in den Nürnberger Nachrichten ein Bericht über die absehbare Schließung des Geschäftes erschien, standen bei Familie Neumann die Telefone nicht mehr still. Es meldeten sich Leute, die schon als Kinder ihre Eltern zu Rahmen-Bingold begleitet hatten.

Interesse beim Ausverkauf

«Gott sei Dank gibt es sie noch« und «Wir wussten gar nicht mehr, wohin wir unsere Bilder zum Rahmen bringen sollten«, habe es immer wieder geheißen, erzählt Ralph Neumann. Einstige Kunden machten der Familie Mut, es weiter zu versuchen. Auch beim Ausverkauf von Werken aus dem übervollen Fundus zeigte sich, dass das Interesse an Stichen, Radierungen und Zeichnungen von Nürnberger und anderen Motiven durchaus da und offensichtlich neu erwacht ist. Die steigende Zahl derer, die ihr Geld lieber in Kunst anlegen als es Banken anzuvertrauen, wirkte sich ebenfalls positiv auf den Verkauf aus.

Die Neumanns haben sich schon als Kinder mit Kunst und dem Rahmenbau beschäftigt, sie sind quasi natürlich ins Unternehmen hineingewachsen. Und da schon ihr Vater sehr gut mit Rahmenbauer Peter Scheicher zusammengearbeitet hatte, werden auch sie das tun. Die neuen Inhaber wollen das Geschäft auf neuen Wegen zum Erfolg führen - ohne dabei die alte Kundschaft zu vernachlässigen.

«Wir wollen wieder die Nummer eins in der Kunstszene werden«, erklärte Jörg Neumann selbstbewusst und zielstrebig. Namhafte Kunst zu fairen Preisen bei bestmöglichem Service solle geboten werden, das Holen, Bringen, Anbringen und auch Probehängen eines Bildes gehöre dazu.

Junge Künstler

Neben Werken der klassischen Moderne, Radierungen und «Ölschinken« finden sich jetzt auch neue Bilder weltweit anerkannter sowie junger Künstler aus Nürnberg und Fürth. Rahmen-Bingold hatte in seinen besten Zeiten rund 600 Künstler in der Kartei.

Erstmals auch Pop-Art

Die Neumanns sind gespannt, wie zum Beispiel auf die Werke der Pop-Art reagiert wird, die sie erstmals zeigen. Sie planen bereits thematische Verkaufsausstellungen und zugkräftige Events und haben mit «Horch a mal!« ein hauseigenes Infoblatt kreiert. Um die neuen Ideen im dazu passenden Rahmen präsentieren zu können, hat die Familie die ehemalige Werkstatt zum Verkaufsraum ausgebaut und so die Ausstellungsfläche verdoppelt. Auch ein kleiner Tresen für Gespräche und einen Kaffee mit Künstlern und Kunden hat seinen Platz gefunden.

Professor Reiner Anselstetter von der Hochschule Amberg-Weiden war einer der ersten Besucher bei der Wiedereröffnungsfeier. «Anbieter kann man heute oft kaum noch voneinander unterscheiden. Hier können Kunden auf fachliche Beratung setzen, deshalb fühle ich mich hier gut aufgehoben«, lobt der Dozent. Tradition habe Zukunft, er wünsche dem Unternehmen neben den Stamm- auch viele neue Kunden.