Trotz Milliardengewinn
Siemens streicht Tausende Stellen: Wie sehr trifft es die Standorte in Nürnberg und Franken?
26.03.2025, 16:15 Uhr
Erst vergangene Woche hat Siemens einen geplanten Stellenabbau im großen Stil angekündigt: Der Konzern will weltweit rund 6.000 Jobs abbauen, 2.850 davon in Deutschland. Betroffen ist vor allem die zuletzt schwächelnde Sparte Digital Industries (DI), wie das Unternehmen mitteilte.
Insgesamt 5.600 Stellen - 2.600 davon in Deutschland - sollen bis Ende September 2027 im zur Sparte Digital Industries gehörenden Automatisierungsgeschäft wegfallen. Problem seien hier seit längerer Zeit unter anderem hohe Lagerbestände bei Kunden und Händlern, was zu schwacher Nachfrage und schlechter Auslastung der Kapazitäten führt.
Im Automatisierungsgeschäft war der Umsatz deutlich abgesackt. Dabei laufen die Geschäfte insgesamt bei Siemens gut: Im ersten Quartal machte der Konzern einen Gewinn von 2,1 Milliarden Euro.
Stellenabbau bei Siemens: So sehr trifft es die Standorte in Franken
Schnell war klar, dass Bayern und vor allem der Großraum Nürnberg stark von dem Stellenabbau betroffen sein wird. Bayernweit ist von 1.500 Jobs die Rede.
Da Siemens in Nordbayern eine starke Präsenz der Automatisierungstechnik hat, unter anderem auch an den Standorten Amberg, Bad Neustadt, Erlangen, Fürth und Nürnberg, „werden diese Standorte auch betroffen sein“, erklärt Bernhard Lott, Pressesprecher für Siemens in Bayern am Mittwoch auf Nachfrage unserer Redaktion. Doch viele Stellen konkret an welchen Standorten wegfallen – dazu hält sich das Unternehmen weiter bedeckt.
„Da die vorgelegten Zahlen reine Planzahlen sind, und die Gespräche mit der Arbeitnehmervertreterseite beginnen, die bis zum Ergebnis (Interessenausgleich) vertraulich geführt werden, möchten wir vorab keine Standort-spezifischen Zahlen kommunizieren“, erklärt dazu der Sprecher weiter.
Der „Bayerische Rundfunk“ hat nun aber aus laut eigenen Angaben gut informierten Kreisen konkretere Zahlen zum geplanten Jobabbau in der Region erfahren: So sollen in absoluten Zahlen bei Siemens in Erlangen die meisten Jobs wegfallen, hier trifft es rund 370 Stellen. In Nürnberg dagegen sollen laut dem „BR“ 300 Stellen weichen.
In Amberg, dem mit 4.500 Beschäftigten größten betroffenen Einzelstandort, soll um 270 Arbeitsplätze gehen. Die gleiche Zahl trifft das Siemens-Elektronikwerk in Fürth, obwohl der Standort im Vergleich zu Amberg nur ein Drittel der Beschäftigten zählt. In Bad Neustadt an der Saale im Landkreis Rhön-Grabfeld will Siemens laut den Angaben etwa 140 Arbeitsplätze eindampfen. Offiziell bestätigen wollte Siemens die Zahlen aber nicht. Die geplante Stellenanpassung soll jedoch ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen, heißt es.
„Seit zwei Jahren rückläufig“: Was führte zum Stellenabbau?
Zu den Gründen erklärt Unternehmens-Sprecher Lott weiter, dass die langfristige globale Nachfrage nach Automatisierung zwar intakt sei, die Kernmärkte hätten sich insbesondere in Deutschland in den vergangenen Jahren aber deutlich schlechter entwickelt als erwartet. „Das betraf auch unsere Kunden, die ihre Kapazitäten anpassen müssten“, so Lott. „Auch wir bei der DI-Automation haben mit höheren Volumina geplant, die Kostenstruktur passt nicht mehr“.
Veränderte Bedingungen in zentralen Märkten machten Anpassungen notwendig, hieß es bereits vergangene Woche von Siemens. „Insbesondere der deutsche Markt ist seit zwei Jahren rückläufig“, zitiert die „Deutsche Presse-Agentur“ das Unternehmen. Insgesamt werde der Personalbestand in Deutschland aber „in der Tendenz konstant“ bleiben, da das Unternehmen in anderen, wachsenden Bereichen rekrutiere.
Diese Stellenanpassungen hat das globale Unternehmen bereits im November 2024 bei der Jahrespressekonferenz angekündigt.
Massive Kritik von der Arbeitnehmerseite
Direkt nach dem Bekanntwerden der Job-Abbau-Pläne kam von der Arbeitnehmerseite kam starke Kritik. „Wir haben kein Verständnis für die geplanten Maßnahmen bei der DI und sind angesichts der massiven geplanten Abbauzahl überrascht und verärgert“, sagte die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates, Birgit Steinborn, gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“.
„Wenn die One Tech Company ein Wachstumsprogramm sein soll, dann fordern wir, dass Arbeitsplätze nachhaltig geschaffen statt zugunsten der Profitmarge abgebaut werden“, sagte sie.
Auch der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, der ebenfalls im Siemens-Aufsichtsrat sitzt, kritisierte die Pläne laut dpa. „Auf der einen Seite das zukunftsorientierte Zielbild einer One Tech Company zu entwerfen, und auf der anderen Tausende Stellen abzubauen, ist den Beschäftigten nicht vermittelbar“, sagte er.
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