Stellenabbau bei Schaeffler: Versäumnisse der Autobauer rächen sich

Alexander Jungkunz

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11.9.2020, 11:18 Uhr
Der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler will bis Ende 2022 insgesamt 4400 weitere Stellen in Deutschland und Europa abbauen. Betroffen seien im wesentlichen zwölf Standorte in Deutschland, zwei weitere im europäischen Ausland - und der Stammsitz in Herzogenaurach.

© Nordbayerische Nachrichten Der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler will bis Ende 2022 insgesamt 4400 weitere Stellen in Deutschland und Europa abbauen. Betroffen seien im wesentlichen zwölf Standorte in Deutschland, zwei weitere im europäischen Ausland - und der Stammsitz in Herzogenaurach.

Überraschend war die Meldung nicht, die für viele in der Region Nürnberg und vor allem in Herzogenaurach und Höchstadt ein Schock ist: Schaeffler baut Stellen ab. In welchem Umfang es den Ballungsraum trifft, muss sich noch zeigen.

Der Traditionskonzern ist ein wichtiger Zulieferer für Automobilhersteller. Deren Krise trifft etliche, zum Teil stark von ihnen abhängige Firmen, auch und gerade in unserer Region. Die (noch) wichtigste deutsche Branche geriet durch Corona noch mehr ins Schlingern als zuvor. Und sie ist an ihrer Krise zu einem Gutteil selbst schuld.


Stellenabbau bei Schaeffler: Schock oder Chance?


Zu spät und zu wenig entschieden leiten die Konzernchefs die Wende zu einer anderen, besseren, flexibleren Mobilität ein. Zu lange sahen (und sehen) sie zu, wie sie überholt werden können von neuen Konkurrenten. Von Tesla vor allem, aber auch von den digitalen Mega-Konzernen, die alles tun, um auch mit modernen Mobilitätskonzepten zu punkten. Den "Vorsprung durch Technik", mit dem Audi für sich wirbt, haben deutsche Hersteller so oft verspielt.

Und gerade im Auto-Land Bundesrepublik wurden die Zeichen der Zeit zu spät erkannt: Bei jungen Menschen ist der eigene Pkw alles andere als selbstverständlich und oft auch kein Statussymbol mehr. Lieber mal ein Auto mieten oder teilen – diese Konzepte erreichten die Hersteller spät.

Die Politik trägt erhebliche Mitverantwortung für diese Versäumnisse, weil sie zu lange eine Verkehrspolitik betrieb und betreibt, die eher die Dinosaurier unter den Autos überleben lässt als andere, umweltfreundlichere Modelle. Dafür sorg(t)en auch ehemalige Politiker, die als Automobil-Lobbyisten ihre guten Drähte spielen lassen.

Sehr spät wurden Spritfresser stärker belastet und Umweltaspekte in die Besteuerung eingepreist. Zu einem Tempolimit – inzwischen sogar vom ADAC nicht mehr in Bausch und Bogen abgelehnt – kann sich die Große Koalition bis heute nicht durchringen; vor allem CDU und CSU blocken das bisher ab. Logisch, dass unter solchen Bedingungen PS-starke, große Autos den Markt beherrschen – sie bringen den Herstellern deutlich mehr Gewinn als Kleinwagen.

Chance Wasserstoff?

Soll die Branche staatliche Hilfen bekommen, wie sie nach wie vor zur Debatte stehen? Wenn, dann bitte nur für wirklich zukunftsfähige Technik. Da gibt es trotz des Stellenabbaus bei Schaeffler kleine Lichtblicke – das Kompetenzzentrum Wasserstoff in Herzogenaurach gehört dazu.


Stellenabbau bei Schaeffler: Söder fordert Kaufprämie


Sehr spät hat die Politik diese mögliche Alternative zur E-Mobilität samt ihrer Tücken entdeckt. Dabei könnte hier eine echte Marktchance liegen. Allerdings müssten da viele den (umweltfreundlichen) Turbo einlegen: die Politik mit möglicher Förderung und die Auto-Konzerne mit klaren Signalen – auf die warten viele Zulieferer, die nun zu viele Krisen auf einmal ausbaden müssen.

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