Stellenvermittlung ohne Druck

25.06.2007, 00:00 Uhr
Stellenvermittlung ohne Druck

© Deutsche Bahn

Es gibt viele Gründe, warum ein Erwerbsloser kein Arbeitslosengeld I bekommt: Eine Berufsrückkehrerin etwa, ein Stellensuchender nach der Ausbildung oder nach einer Phase der Selbstständigkeit. Wer bedürftig ist, erhält dann das Alg II statt der früheren Sozial- oder Arbeitslosenhilfe.

Über die Qualifikation sagen solche Biografien mit Brüchen noch gar nichts aus, sagt Claus-Dieter Rückel, Geschäftsführer der Arge. Doch die Vorurteile sitzen fest. «Wir haben gegen das Hartz-IV-Image anzukämpfen. Dabei haben wir nicht die schlechtesten Bewerber zu bieten.»

Der neue Arbeitgeber-Service konzentriert sich auf Stellensuchende, die direkt - also ohne vorherige Schulung - in den Betrieben einsetzbar sind. Und aus dieser Gruppe würden auch nur jene vorgeschlagen, denen das konkrete Angebot gefällt und zum Qualifikationsprofil passt. «Wir vermitteln bewerberorientiert und passgenau», verspricht Rückel.

Der zentrale Punkt dabei sei die Motivation des Langzeitarbeitslosen. Die Vermittler kennen ihre «Kunden» genau aus vielen Gesprächen. Wenn es um die «Direktvermittlung» gehe, werde keinerlei Druck ausgeübt auf den Bewerber oder gar mit Sanktionen gedroht. «Wenn der Kunde sagt, die Tätigkeit könne er sich nicht vorstellen, bleibt das ohne Rechtsfolgen für ihn», sagt auch Maritta Hein-Kremer, Teamleiterin des Arge-Vermittlunsservices. Rückel fügt an: «Wir wollen ja dem Personaler nicht mit unerquicklichen Vorstellungsgesprächen die Zeit stehlen.»

Nicht auf der Schauspielschule

Natürlich kennt Rückel auch solche Hartz-IV-Kunden, die «eine Vorstellung wie auf der Schauspielschule bieten und die im Grunde nichts weiter interessiert als der gestempelte Schein, dass sie da waren». Ebenso aber gebe es ernsthafte Bewerber, die ausdauernd motiviert werden müssten. «Viele haben schlechte Erfahrungen gemacht. Ihre Arbeit wurde nicht gewürdigt, sie wurden weggemobbt.»

Ein Beispiel für Firmen, die an motivierten Arge-Kunden interessiert sind, ist die Deutsche Bahn. Sie hat gegenwärtig heftige Probleme, in zwei Mangelberufen Azubis zu finden: Gleis- und Tiefbauer werden händeringend gesucht. «Wir kriegen immer weniger Bewerber», klagt Johann Steinlein, Betriebsleiter und Personalchef der DB Netz AG in Nürnberg.

Um die Azubi-Knappheit zu beheben, hat die Bahn die Initiative «Chance plus» gestartet, ein Programm für Interessierte unter 25 Jahren. Seit letztem Herbst läuft das Programm bundesweit. In Nürnberg sollen in diesem Sommer 16 junge Leute für ein Jahr eingestellt werden. Es handelt um eine Art Berufsvorbereitungsjahr, organisiert und mitfinanziert durch die Bahn, bei dem die Teilnehmer in verschiedenen Abschnitten die Theorie lernen und in der Praxis arbeiten: Etwa indem sie in Trupps losziehen und die Gleise von Gestrüpp befreien. «Chance plus will keine Schüler ansprechen, sondern Altbewerber», die am Lehrstellenmarkt bisher nicht zum Zuge kamen, ergänzt Steinlein.

Solider Arbeitsplatz

Um die passenden Kandidaten für diesen Berufseinstieg zu finden, hat die Bahn die Arge eingeschaltet. Und die ist sich sicher, genug vielversprechende Bewerber vorschlagen zu können. Schließlich lockt später ein solider Arbeitsplatz. Steinlein: «Wenn die Leistung stimmt, ist die Übernahme nach der Ausbildung sicher.» Über Bedarf bilde die Bahn schon lange nicht mehr aus.

Im vergangenen Jahr hatte die Arge Nürnberg 8600 Menschen «zumindest vorübergehend» in sozialversicherungspflichtige Arbeit vermittelt. In der Behördenstatistik entspricht dies einer Integrationsquote von 19,4, was laut Geschäftsführung eine Steigerung um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr bedeutet.