Preise

Verbraucher trotz sinkender Inflation noch stark belastet

13.6.2023, 10:53 Uhr
Vor allem auch für Lebensmittel mussten Verbraucherinnen und Verbraucher bislang tief in die Tasche greifen.

© Sven Hoppe/dpa Vor allem auch für Lebensmittel mussten Verbraucherinnen und Verbraucher bislang tief in die Tasche greifen.

Die hohe Teuerung bleibt trotz eines erneuten Rückgangs im Mai eine Belastung für die Menschen in Deutschland. "Die Verbraucherkrise ist noch lange nicht vorbei", sagte die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur. "Finanzielle Sorgen zwingen die Menschen in allen Bereichen des Alltags zu sparen: vom Energieverbrauch bis zum Reisen."

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbandes zufolge schränken sich aktuell 44 Prozent der Bundesbürger nach eigenen Angaben auch beim Kauf von Lebensmitteln ein. In der Umfrage im vergangenen Jahr waren es 35 Prozent.

Immerhin hat der Preisauftrieb auf Verbraucherebene im dritten Monat in Folge an Tempo verloren. Im Mai ließ die Teuerung in Deutschland deutlich auf 6,1 Prozent nach, die jährliche Inflationsrate sank auf den niedrigsten Stand seit März 2022 mit damals 5,9 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag seine vorläufigen Zahlen von Ende Mai. "Die Inflationsrate hat sich damit weiter abgeschwächt, bleibt jedoch trotzdem auf einem hohen Niveau", ordnete Behördenchefin Ruth Brand ein.

Lebensmittel stärkster Preistreiber

Sowohl die Preise für Nahrungsmittel als auch für Energie stiegen nach Berechnungen der Wiesbadener Statistiker weitaus weniger stark als noch im April des laufenden Jahres. Nahrungsmittel als weiterhin stärkster Preistreiber waren im Mai 2023 um 14,9 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Im April hatten die Nahrungsmittelpreise noch um 17,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats gelegen.

Teurer als vor Jahresfrist waren im Mai Molkereiprodukte (plus 28,2 Prozent), Brot und Getreideerzeugnisse (plus 19,3 Prozent) sowie Fisch (plus 19,0 Prozent). Günstiger waren Speisefette, insbesondere infolge des Preisrückgangs bei Butter (minus 23,3 Prozent).

Der Preisauftrieb bei Energie schwächte sich deutlich ab: Die Energiepreise lagen im Mai 2023 verglichen mit dem Vorjahresmonat um 2,6 Prozent höher. Im April waren es 6,8 Prozent. Die Bundesregierung bemüht sich um Entlastung: Die rückwirkend zum 1. Januar geltenden Preisbremsen sollen Erdgas, Strom und Fernwärme erschwinglicher machen. Allerdings waren Erdgas (plus 25,6 Prozent), Strom (plus 12,7 Prozent) und Fernwärme (plus 11,4 Prozent) weiterhin deutlich teurer als ein Jahr zuvor. Dagegen sanken die Preise für Kraftstoffe (minus 14,2 Prozent) und Heizöl (minus 30,5 Prozent).

Preisdämpfend wirkte die Einführung des Deutschlandtickets zum 1. Mai. So mussten viele Menschen für das Pendeln zur Arbeit und andere Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr weniger Geld ausgeben. Die kombinierten Tickets für Bahn und Bus verbilligten sich um 22,9 Prozent.

Viele Menschen schränken sich ein

Seit Monaten belastet die hohe Teuerung Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie zehrt an der Kaufkraft, die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten. Viele Menschen schränken sich wegen hoher Preise ein, wie die Umfrage für die Verbraucherzentralen bestätigte. Beim Energieverbrauch sparen demnach 76 Prozent nach 78 Prozent bei der Erhebung vor einem Jahr. Mit Besuchen in Bars und Restaurants halten sich aktuell 61 Prozent zurück nach zuvor 53 Prozent. Bei Urlaub und Reisen sparen demnach 56 Prozent nach zuvor 50 Prozent.

Der Höhepunkt der Inflation in Deutschland scheint zumindest überschritten. Im März des laufenden Jahres lag die Inflationsrate mit 7,4 Prozent erstmals seit August 2022 wieder unter der 8-Prozent-Marke. Für April hatte das Bundesamt eine Teuerungsrate von 7,2 Prozent errechnet. Von April auf Mai des laufenden Jahres sanken die Verbraucherpreise den Berechnungen zufolge um 0,1 Prozent.

"Bis zum Jahresende dürfte sich nun der Trend fallender Inflationsraten fortsetzen", prognostizierte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien. "Allerdings dürfte insbesondere aufgrund der hohen Inflation zum Jahresbeginn die Teuerung im Gesamtjahr 2023 noch bei mehr als 5 Prozent liegen."

Menschen mit geringem Einkommen benötigen Hilfe

Vor allem Nahrungsmittel und auch Energie sind nach wie vor Preistreiber. Rechnet man diese beiden Posten heraus, lag die Inflationsrate im Mai bei 5,4 Prozent. "Gerade Menschen mit geringem Einkommen benötigen Hilfe. Die Preisbremsen für Energie waren ein erster Schritt. Die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel muss der nächste sein", forderte vzbv-Vorständin Pop.

Dullien analysierte: "Die Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel ist zwar weiter noch unangenehm hoch, allerdings ist auch hier in den kommenden Monaten mit Entspannung zu rechnen." Die Energiepreise im Großhandel sänken derzeit, "was sich demnächst auch bei Preisen der anderen Güter und Dienstleistungen bemerkbar machen dürfte".

Andere Ökonomen mahnten jüngst, nicht zu früh Entwarnung zu geben. Die durch steigende Lohnkosten getriebene Inflation bei vielen Dienstleistungen komme jetzt erst richtig in Gang. "In den Sommermonaten werden Verbraucherinnen und Verbraucher dies bei den Preisen für Tourismus-Dienstleistungen stark spüren", prognostizierte Ende Mai Friedrich Heinemann vom ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim die - nun bestätigten - vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes.