Standort fällt weg

Traditionsunternehmen in Franken kämpft ums Überleben: Angestellte verzichten sogar auf Geld

Verena Gerbeth

nordbayern.de

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27.01.2025, 12:05 Uhr
Das Rosenthal-Logo ist auf einer Porzellan-Scherbe im Porzellanikon im oberfränkischen Selb auf Günther Ueckers Kunstwerk "Nagelobjekt" zu sehen.

© David-Wolfgang Ebener/dpa Das Rosenthal-Logo ist auf einer Porzellan-Scherbe im Porzellanikon im oberfränkischen Selb auf Günther Ueckers Kunstwerk "Nagelobjekt" zu sehen.

Der traditionsreiche Porzellanhersteller Rosenthal wolle weiterhin am Produktionsstandort Deutschland festhalten, hieß im Dezember 2024 von Seiten des Unternehmens. Doch das funktioniert nicht ohne harte Einschnitte. Bereits 2023 kündigte Rosenthal einen Stellenabbau an. Die Anzahl der Beschäftigten sank von 700 auf 600. Seit dem vergangenen Monat ist zu dem klar: Einer der beiden fränkischen Standorte wird nicht mehr zu halten sein, eine Neuausrichtung ist unausweichlich - samt erneutem Stellenabbau. Noch produziert das Unternehmen in Selb (Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge) und Speichersdorf (Landkreis Bayreuth).

Das Management versicherte kurz vor Weihnachten: "Auch wenn die Situation keine einfache ist und strukturelle und personelle Einsparungen nötig sein werden, so ist Rosenthal zuversichtlich, so die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen zu können und nachhaltig wettbewerbsfähig zu sein."

Dennoch hieß es: "Die Marktdynamik ist zunehmend anspruchsvoller geworden und stellt Unternehmen in dieser Branche vor zahlreiche Hürden." Das Konsumverhalten bei Porzellanprodukten habe sich verändert, zusätzlich belasteten hohe Lohnkosten in Deutschland produzierende Unternehmen - und das bei rückläufigen Verkaufszahlen.

Im Januar kam nun Bewegung in die Zukunftspläne des Selber Traditionsunternehmens. Bei einem Treffen in Wunsiedel hätten die Beschäftigten einem Standortsicherungs-Tarifvertrag zugestimmt. Gerd Hammerl, Verhandlungsführer der IG BCE erklärte gegenüber dem "BR", dass die Mitarbeitenden in den nächsten drei Jahren sowie rückwirkend für 2024 auf ihr Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten. Daneben werden nur die Hälfte der Tariferhöhungen, die Ende 2025 in der Fläche verhandelt werden, an die Mitarbeiter weitergegeben. Ab 2028 sollen die Mitarbeitenden wieder den vollen Tarif erhalten, so Hammerl laut "BR". Allerdings gebe es eine jährliche Prämie von 500 Euro.

Auch klar ist: Wenn der Standortsicherungsvertrag 2028 ausgelaufen ist, wird es wohl nur noch eine Produktionsstätte mit 330 Beschäftigten in Oberfranken geben. Schon bis Ende 2026 will Rosenthal nach eigenen Angaben die Anzahl der Mitarbeitenden auf 490 reduziert haben. Welcher von beiden Standorten schließlich bleiben wird, soll in den nächsten Tagen öffentlich bekannt gegeben werden. Nur mit diesen Maßnahmen sei das Ziel erfüllbar, am fränkischen Produktionsstandort überhaupt festzuhalten.

Philipp Rosenthal gründete 1879 das Unternehmen in Selb, es stand für künstlerischen Anspruch, für klassisches oder auch aufsehenerregendes Design und hochwertiges Porzellan. Rosenthal arbeitete mit namhaften Künstlern zusammen. Doch die goldene Zeit der Porzellanhersteller in Deutschland ist längst vorbei, günstige Konkurrenzprodukte aus dem Ausland stehen in den Schränken und Vitrinen der Deutschen. Geschirr gibt es als Massenware im Möbelhaus zu kaufen. Rosenthal wurde 1997 Teil des britisch-irischen Waterford-Wedgwood-Konzerns. 2009 jedoch musste Rosenthal Insolvenz anmelden, die Arcturus Gruppe übernahm schließlich.