Trauriger Spitzenreiter: Viele Flugausfälle am Airport Nürnberg

Gregor le Claire

Redaktion Wirtschaft

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28.8.2018, 15:51 Uhr
Mit gepacktem Koffer am Airport - und dann ist der Flug annulliert? In Nürnberg ist das Risiko dafür dieses Jahr relativ hoch.

© Michael Matejka Mit gepacktem Koffer am Airport - und dann ist der Flug annulliert? In Nürnberg ist das Risiko dafür dieses Jahr relativ hoch.

Zwar wurden in Deutschland im ersten Halbjahr nach Zahlen des Fluggastrechteportals EUclaim 18.749 Flüge annulliert und damit zwei Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum. Gemessen an der Gesamtzahl der Flüge ist das aber immer noch ein relativ geringer Anteil. Die Chance, dass die eigene Maschine auf die Startbahn rollt, liegt trotz allem an jedem der 22 großen deutschen Airports bei mindestens 95 Prozent. Dieses Mal nach Zahlen von Flightright, einem Konkurrenzportal von EUclaim.

Was allen Pechvögeln natürlich nur ein schwacher Trost ist, die es dennoch trifft. Und ausgerechnet am Airport Nürnberg ist der Flightright-Auswertung zufolge das Risiko besonders hoch. Bei 2,99 Prozent lag die Ausfallquote im 1. Halbjahr. Vom 1. Juli bis 10. August stieg der Wert dann sogar auf 3,49 Prozent, wie das Portal exklusiv für die Nürnberger Nachrichten berechnet hat. An keinem anderen der zehn größten deutschen Flughäfen gab es in diesen Zeiträumen mehr Annullierungen und auch unter allen 22 großen Airports hatten nur Leipzig und Dresden - im 1. Halbjahr außerdem noch Paderborn - höhere Quoten zu beklagen.

Nicht nur im Sommer fallen etliche Flüge aus

Eigene Zahlen des Flughafen Nürnbergs bestätigen das in der Tendenz. Zwischen 1. Januar und 31. Juli seien 686 von 23.599 Flügen ausgefallen, teilt Sprecher Jan Beinßen auf Nachfrage mit, entsprechend einer Quote von 2,9 Prozent. Ein Nürnberg-spezifisches Problem will Flughafen-Chef Michael Hupe aber nicht erkennen. Vielmehr sei "das Gesamtsystem im Sommer aufgrund des saisonalen Bedarfs ausgereizt, so dass Störungen nur noch bedingt durch Reserven beseitigt werden können". Ähnliches gelte zum Beispiel auch für die Bahn im Fernverkehr.


+++ Streiks am Airport: Diese Rechte haben Fluggäste +++


Was jedoch keine Erklärung dafür ist, warum es in Nürnberg schon das ganze Jahr über zu relativ vielen Annullierungen kommt, nicht nur im Sommer. Erschwert noch dadurch, dass das auch im 1. Halbjahr 2017 schon so gewesen ist. Hupe ergänzt denn auch: "Bei kurzen Strecken, hohen Frequenzen und kleineren Flugzeugen hat die Airline die größten Chancen, die Auswirkungen von Unregelmäßigkeiten durch Zusammenlegung von Flügen oder Ersatztransport gering zu halten." Mit der Lage genau zwischen den Drehkreuzen München und Frankfurt griffen diese Kriterien in Nürnberg schnell.

Im Klartext: Keine Fluggesellschaft streicht gerne einen Flug. Aber wenn sie es doch muss, dann noch am liebsten dort, wo die Störungen für das übrige Netz - etwa, weil plötzlich Piloten oder Maschine in den verzwickten Umlaufplänen für Personal und Gerät nicht mehr am vorgesehenen Platz sind - am geringsten ausfallen. Das trifft dann häufig Nürnberg. Dazu passt, dass hier Lufthansa und ihre Billigflugtochter Eurowings "mit Abstand" die meisten Streichungen verbucht hätten, so Airport-Sprecher Beinßen, erst weit dahinter gefolgt von Air France/Hop.
Lufthansa/Eurowings fliegt unter der Woche ab Nürnberg mehrmals täglich nach Frankfurt, München, Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Wien und Palma de Mallorca. Nur eine der Palma-Maschinen ist in Franken stationiert. Bis auf die Mallorca-Metropole gibt es zudem zu allen Zielen auch solide bis sehr gute ICE-Verbindungen oder weitere Flüge am gleichen Tag, auf die die Airline ihre Passagiere zur Not umbuchen kann. Eine Annullierung in Nürnberg tut dem Unternehmen also verhältnismäßig wenig weh. 

Ausfallquote von Eurowings-Flügen ist hoch 

Eine Eurowings-Sprecherin verwahrt sich zwar gegen den Eindruck, speziell ihre Airline sei für die relativ hohe Ausfallquote in Nürnberg verantwortlich. Aber auch nach den Statistiken des Lufthansa-Billigfliegers wurden zwischen dem 1. Januar und 10. August 2018 in Franken vier Prozent der insgesamt 5252 Flüge gestrichen. Also deutlich mehr als die Nürnberger Gesamtquote, was erst recht ins Gewicht fällt, da Lufthansa/Eurowings hier zu den drei größten Anbietern zählen. Bei einer Annullierung buche man die Passagiere "schnellstmöglich auf weitere Flüge oder auf die Bahn" um, versichert die Eurowings-Sprecherin.

Einigkeit herrscht bei allen Beteiligten, dass sich die Situation erst bessern dürfte, wenn sich auch die Gesamtlage in Deutschland entspannt. Die diversen Streiks bei Airlines quer durch Europa, Engpässe bei der Flugsicherung, dazu gerade hierzulande die von Lufthansa/Eurowings unterschätzte Integration ehemaliger Airberlin-Strecken: Der Strauß an Ursachen, den Experten binden, ist so breit wie bunt.

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