Vielfach unterschätztes Risiko

13.07.2012, 05:00 Uhr
Vielfach unterschätztes Risiko

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Es gibt sie also doch, die Optimisten unter den Deutschen — zumindest wenn sie nach den Gründen gefragt werden, warum sie keine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben: In einer Erhebung, die die Versicherungskammer Bayern in Nürnberg vorgestellt hat, antworteten sieben Prozent der Nürnberger, sie vertrauten darauf, dass es sie schon nicht treffen werde. Versicherungsexpertin Dragica Csader, die bei dem Unternehmen arbeitet, hält diesen Optimismus für fatal.

Angesichts der Tatsache, dass jeder vierte Arbeitnehmer in Deutschland in seinem Leben zumindest zeitweise einmal berufsunfähig werde – die durchschnittliche Ausfallzeit liege bei acht bis zehn Jahren —, solle jeder für diesen Fall vorsorgen, empfiehlt die Abteilungsleiterin. Wichtiger sei eigentlich nur noch eine Haftpflichtversicherung; auf Hausrats-, Unfall- und Vollkasko-Schutz lasse sich eher verzichten als auf die Absicherung der eigenen Arbeitskraft. Schließlich verdiene ein heute 40-Jähriger in seinem Arbeitsleben durchschnittlich 1,4 Mio. €.

„Bei vielen Menschen hat das zu einem Aha-Erlebnis geführt, wenn sie sich zum ersten Mal bewusst machen, was ihre Arbeit wert ist“, sagt Csader. Deshalb und auch, weil Auszubildende heute schon zum „Pizzapreis“ von 14 € monatlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen könnten, will die Expertin das von 27 Prozent der Befragten genannte Argument, eine derartige Police sei ihnen zu teuer, nicht gelten lassen.

Jonathan Daniel, Mitglied im Vorstand der Nürnberger Sparkasse, sieht darin sogar schizophrene Züge. Denn Immobilienbesitzer überlegten ja auch nicht, ob sie sich die gesetzlich vorgeschriebene Brandschutzversicherung leisten könnten, argumentiert er.

Und noch eine weit verbreitete Fehleinschätzung hat die von der Versicherungskammer in Auftrag gegebene Befragung zutage gefördert: 69 Prozent der interviewten Nürnberger rechnen deshalb nicht mit ihrer Berufsunfähigkeit, weil sie keinen körperlichen oder gefährlichen Beruf ausüben. Dabei bilden psychische Erkrankungen mittlerweile mit 39 Prozent den Hauptgrund, warum Menschen heute eine Erwerbsminderungsrente erhalten. Vor zehn Jahren lag der Anteil bei 24 Prozent.

Die Studie „Irrtümer zur Berufsunfähigkeit“ mit insgesamt 500 Teilnehmern wurde in neun bayerischen, pfälzischen und brandenburgischen Städten durchgeführt. Die im Wesentlichen identischen Ergebnisse sollen über ein oft unterschätztes Risiko informieren und so auch der Versicherungskammer, die nach eigenen Angaben Marktführer bei Berufsunfähigkeitsversicherungen ist, weitere Kunden bescheren. Deutschlandweit gibt es derzeit 350 derartige Angebote, die Interessenten Verbraucherschützern zufolge genau vergleichen und von ihrer Altersvorsorge entkoppeln sollten.
 

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